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       # taz.de -- Chinareise von Olaf Scholz: Scholzomat und Menschenrechte
       
       > Wie spricht man mit Diktatoren? Das ist gar nicht so schwer. Man greift
       > tief in die Phrasenkiste und lässt bei der „Pressekonferenz“ einfach
       > keine Fragen zu.
       
   IMG Bild: Interaktive Überwachungskameras gehören selbstverständlich zur Grundausstattung einer ordentlichen Diktatur
       
       Die Minderjährige, die zu meiner Infektionsgemeinschaft gehört, hält mich
       für einen Diktator. Ich stelle hierzu fest: Es stimmt nicht, denn wenn
       schon, dann bitte Diktatorin. Ob es denn schon mal eine Diktatorin gegeben
       hat, will die Minderjährige wissen. Verdammt, immer diese Fragerei. Die
       verbiete ich ab sofort.
       
       Bei Nichtbeachten werde ich im Wohnzimmer ein Umerziehungslager einrichten.
       Dann wird nur noch Hochsilkisch gesprochen, sich um Sauberkeit in der
       Welpen-Wurfkiste gekümmert und jeden morgen die taz gelesen. Komplett,
       inklusive der Anzeigen. Natürlich wird dort auch zu lesen sein, dass ich
       eine lupenreine Demokratin bin und Einmischung in innere Angelegenheiten
       einer Familie zu unterlassen sind. Frauen können so viel von Männern
       lernen.
       
       Grundsätzlich wissen wir dank der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands,
       dass es zwei Möglichkeiten gibt, einem Diktator zu huldigen. Der eine
       Kanzler, [1][Gerhard Schröder], hat es damit versucht, freundschaftliche
       Bande zu knüpfen und lukrative Jobs in aller Freundschaft anzunehmen.
       
       Der andere Kanzler, Olaf Scholz, macht es ohne Freundschaft und ohne Geld.
       Er ist subtiler, raffinierter. Scholz ist einfach mal der Erste, der Xi
       Jinping nach seiner [2][Inthronisierung als Diktator] auf Lebenszeit
       besucht. Er fliegt über 20 Stunden, um 2 Stunden mit Xi dem Großen
       persönlich zu sprechen. Er bringt ihm eine hungrige Wirtschaftsdelegation
       mit.
       
       ## Ein Griff in die Phrasenkiste
       
       Der Deutschlandfunkmoderator Christoph Heinemann fragte noch am
       Freitagmorgen den [3][SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich] (den Mann
       also, den Annalena Baerbock „Mützefasst“ nennt): „Wie spricht ein
       Scholzomat denn Menschenrechte an?“ Nun, ganz einfach, Herr Heinemann:
       
       1. Man greift routiniert in die Phrasenkiste und spricht sehr lange über
       „enge Zusammenarbeit“, „globale Herausforderungen“ und dass es „gut und
       richtig“ ist, was man gerade selbst tut.
       
       2. Man wirft ein, dass man sich mit dem Diktator nicht in allem einig sei
       und man über diese Differenzen „von Angesicht zu Angesicht“ gesprochen
       habe.
       
       3. Man vermeidet die ganz bösen Worte, wie beispielsweise „Uiguren“,
       „Umerziehungslager“ oder auch „Unterdrückung“ oder „Folter“. Denn, mal
       ehrlich: haben wir nicht alle unsere Em-pfindlichkeiten?
       
       4. Man nimmt eine Bastelschere und schneidet noch im Flugzeug die Passage
       aus dem [4][Koalitionsvertrag], in der es um eine neue China-Politik geht.
       Ruft Baerbock an, um an die Ampel-Vereinbarungen zu erinnern, dann kann man
       ganz ehrlich antworten: „In meinem Koalitionsvertrag existiert ein solcher
       Abschnitt nicht.“
       
       5. Man beruft sich darauf, dass es immer besser ist, mit jemanden zu reden
       als über ihn.
       
       6. Man lässt bei der „Pressekonferenz“ im Anschluss an das
       Diktatoren-Meeting einfach keine Journalistenfragen zu. Frei nach dem
       Motto: andere Länder, andere Sitten.
       
       ## Achtung Überwachungskameras!
       
       Ich persönlich als Diktatorin unserer Infektionsgemeinschaft werde nun auch
       mehr Respekt und weniger Einmischung in meine häuslichen Angelegenheiten
       einfordern. Den sieben Welpen etwa wird die Milchquelle nur noch zur
       Verfügung gestellt, wenn sie alle ordentlich nebeneinander liegen und zuvor
       ein lobqpreisendes Liedchen gebellt haben. Fragen von Tierschützer*innen
       dazu sind nicht zugelassen.
       
       Im Zimmer der Minderjährigen werde ich eine Kamera installieren – so eine,
       wie sie an der Wurfkiste natürlich längst angebracht wurde. Mit Nachtmodus
       und bei Bedarf auch Bewegungsmelder. Man kann sie vom Handy aus in alle
       Richtungen drehen und auch sprechen. Zum Beispiel: „Bring deine benutzten
       Taschentücher auf dem Wohnzimmertisch in den Müll!“ Oder „Jetzt mal ganz
       schnell die Schuhe ausziehen!“
       
       Interaktive Überwachungskameras gehören selbstverständlich zur
       Grundausstattung einer ordentlichen Diktatur. Das Schöne dabei ist: Kann
       man überall für kleines Geld kaufen. Meine hat bei Amazon nur 29,90 Euro
       gekostet. Made in China.
       
       5 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Altkanzler-Schroeder-haelt-zu-Putin/!5852637
   DIR [2] /Chinas-Machthaber-Xi-Jinping/!5885241
   DIR [3] https://www.deutschlandfunk.de/zum-scholz-besuch-in-china-interview-rolf-muetzenich-spd-fraktionsvorsitzender-dlf-d95ac494-100.html
   DIR [4] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Silke Mertins
       
       ## TAGS
       
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