# taz.de -- Berichterstattung zu getöteter Radlerin: Ein Tempolimit für News
> Während Klimaaktivist*innen demonstrieren, wird eine Radfahrerin
> von einem Lkw überrollt. Die bundesweite Aufregung zeigt, wie wichtig
> Hinterfragen ist.
IMG Bild: Grabkerze als Mahnung: Die Radfahrerin wurde in Berlin-Wilmersdorf von einem Lkw tödlich verletzt
Die Nachricht war krass. Nicht die, dass ein Lkw am Montag vor einer Woche
in Berlin eine Radfahrerin überrollte. Das war, so zynisch das auch wirkt,
im Nachrichtengeschäft fast noch Alltag. Leider. Krass wurde das Thema
erst, als gut zwei Stunden später ein Sprecher der Feuerwehr beklagte, dass
Einsatzfahrzeuge im Stau stecken blieben, weil Klimaschützer:innen
eine Stadtautobahn blockiert hätten. Da war es plötzlich eine Geschichte,
zu der man was machen muss.
Dass sie zum bundesweiten Aufreger wurde, lag auch an der
Medienberichterstattung. „Wegen Klima-Klebern! Retter verspätet bei
Betonmischer-Unfall“, [1][titelte das Boulevardblatt BZ] in seiner
Online-Ausgabe. Seriösere Medien waren kaum besser. „Feuerwehr steht wegen
Klima-Blockaden im Stau fest“, [2][hieß es beim Tagesspiegel]. Und [3][die
taz titelte]: „Blockade hält Feuerwehr auf.“
All das entsprach der Nachrichtenlage. Auch dass sich die üblichen
Verdächtigen aus CDU und FDP, die Gewerkschaft der Polizei, die Regierende
Bürgermeisterin und selbst der Bundeskanzler meldeten, um auf diese
Klimademonstrant:innen einzudreschen, wurde selbstverständlich
schnell gemeldet. Dennoch wünscht man sich manchmal ein Tempolimit – gerade
im Nachrichtengeschäft. Und etwas mehr Distanz.
Natürlich darf die Feuerwehr sich darüber echauffieren, wenn sie mal wieder
im Stau stecken bleibt. Das Problem ist, dass Aussagen von
Feuerwehrsprechern genau wie Meldungen der Polizei von vielen
Journalist:innen unhinterfragt als Fakt übernommen werden. Die sind
doch schließlich seriös, oder?
Dass sich Hinterfragen gerade hier lohnt, zeigte zwei Tage nach dem Unfall
der Tagesspiegel. Er [4][rekonstruierte jede Minute der Fahrt der
Feuerwehr] und zeigte, dass die Klimablockade keine Auswirkung auf die
Rettungsaktion hatte. [5][Dann schrieb die Süddeutsche], dass das die den
Einsatz leitende Rettungsärztin bestätige.
Für die längst bundesweit erregte Debatte spielt das kaum noch eine Rolle.
Die Klimaaktivist:innen gelten im besten Fall als Störenfriede, im
schlimmsten als Terrorist:innen. Der Fall zeigt, dass die Medienlandschaft
bei politischem Framing nur bedingt abwehrbereit ist. Für eine
demokratische Gesellschaft, die verstärkt von rechts attackiert wird, heißt
das nichts Gutes.
7 Nov 2022
## LINKS
DIR [1] https://www.bz-berlin.de/berlin/charlottenburg-wilmersdorf/wegen-klima-klebern-retter-verspaetet-bei-betonmischer-unfall
DIR [2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/unter-lkw-eingeklemmt-radlerin-bei-unfall-in-berlin-lebensgefahrlich-verletzt--feuerwehr-steht-wegen-blockaden-im-stau-8816137.html
DIR [3] /Blockaden-der-Letzten-Generation/!5888674
DIR [4] https://twitter.com/JuliusBetschka/status/1587881447464976385
DIR [5] https://www.sueddeutsche.de/politik/letzte-generation-unfall-berlin-radfahrerin-1.5686980?reduced=true
## AUTOREN
DIR Gereon Asmuth
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