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       # taz.de -- Umbau der Charlottenstraße: Strichweise grün
       
       > Die Friedrichstraße muss sich wieder für Autos öffnen, dafür kann man
       > jetzt auf der Charlottenstraße besser Radfahren. Das ist die Zukunft.
       
   IMG Bild: Geht doch: Vorfahrt für die Verkehrswende in der Charlottenstraße in Mitte
       
       Es sind nur ein paar Linien. [1][In sanftem Grün ziehen sie sich am
       Dienstagmorgen auf dem gut 100 Meter langem Abschnitt der Charlottenstraße]
       von Unter den Linden bis zur Behrenstraße. Sie schlängeln sich vorbei an
       Parkbuchten, die versetzt zueinander mal auf der einen, mal auf der anderen
       Straßenseite weiß auf dem Asphalt markiert wurden. Diese jüngste
       Straßenmalerei ist nichts anderes als die Zukunft. Die Zukunft der heiß
       diskutierten Radverkehrsführung in Berlin-Mitte.
       
       Offensichtlich wird hier wert auf Tempo gelegt. Nicht unbedingt für die
       Radler:innen, die hier mal vorbeistrampeln sollen. Dafür sind die für sie
       eingezeichneten Spuren viel zu schmal, weniger als zwei Meter je Richtung.
       Überholen wird auf der neuesten Fahrradstraße kaum möglich sein. Dafür geht
       es mit dem Umbau ruckzuck.
       
       Erst am Montag hatte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) verkündet,
       [2][dass die parallel verlaufende Friedrichstraße ab 22. November wieder
       für Autos freigegeben wird]. Auf einen Widerspruch gegen das Urteil des
       Landgerichts will sie verzichten.
       
       Verkehrspolitisch ist das Aus für Berlins einzige Fahrradstraße, die
       tatsächlich Autos radikal ausschloss, der größte Rückschritt seit vielen
       Jahren. Die CDU feiert sich, weil die „Fahrradautobahn“ zurückgebaut wird.
       Der Kampagnenbegriff allein zeigt, dass die Union Straßen nur in
       Autodimensionen denken kann. Ein paar Gewerbetreibende werden einen Sekt
       perlen lassen, in dem irrigen Glauben, dass nun alles gut werde. Dabei weiß
       doch jedes Kind, dass Autos für Innenstädte nicht die Rettung, sondern der
       Tod sind: Weil sie sei entweder zuparken und -lärmen. Oder ihre Besitzer
       gleich auf die grüne Einkaufswiese vor der Stadt bringen.
       
       ## Ein kleiner Trost
       
       Und Radfahrer:innen? Ihnen bleibt die Charlottenstraße als kleiner Trost.
       Sie hätte ein großer Wurf sein können, wenn sie gleich als Teil einer
       Trasse vom Tempelhofer Feld bis hoch zum Nordbahnhof gedacht wäre, wo in
       vielleicht sieben Jahren der seit sieben Jahren [3][geplante Radschnellweg
       gen Norden] gebaut werden soll. Aber es bleibt erstmal [4][bei 500
       Meterchen], die wie in Berlin üblich als Anwohnerparkraum gestaltet werden,
       auf dem man auch radeln darf. Das ist besser als nichts. Aber von einer
       visionären Verkehrswende unendlich weit entfernt.
       
       Als erstes biegt am Dienstag ein PKW in die Fahrradstraße ein. Vorbei an
       dem neuen Einbahnstraßenschild, das ihn eigentlich draußen halten sollte.
       
       8 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/gereonas/status/1589877075262861312
   DIR [2] /Verkehrswende-in-Berlin/!5893129
   DIR [3] https://www.infravelo.de/projekt/panke-trail/
   DIR [4] https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/planung-entwurf-neubau/fahrradstrasse-charlottenstrasse-1248593.php
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gereon Asmuth
       
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