URI: 
       # taz.de -- Russische Truppen bei Cherson: Denkmäler, Frauen und Kinder zuerst
       
       > Viele Ukrainer werten die Evakuierung aus Cherson als Zeichen des
       > russischen Rückzugs. Doch Militärs warnen vor einer Truppenaufstockung.
       
   IMG Bild: Evakuierte Zivilist:innen aus Cherson in einem Bus auf dem Weg zur Krim am 24. Oktober 2022
       
       Minutiös und dabei euphorisch listet das russische Verteidigungsministerium
       die von den russischen Besatzungstruppen getöteten ukrainischen Militärs
       auf seinem Telegram-Kanal auf. 25 Soldaten habe man am Sonntag im Gebiet
       Kupjansk getötet, heißt es am Montag, 20 im Gebiet Liman, 25 im Gebiet
       Donezk und 80 im Gebiet Mykolajew und Kriwij Rih. Am Dienstag meldet das
       russische Verteidigungsministerium dann 30 getötete Ukrainer im Gebiet
       Kupjansk, 120 im Gebiet Liman und 130 im Gebiet Nikolajew und Kriwij Rih.
       
       Noch gnadenloser gibt sich Ramsan Kadyrow in einer Audiobotschaft auf
       seinem Telegram-Kanal. Nun gelte es, zitiert das ukrainische
       Internet-Portal strana.news den Chef der russischen Teilrepublik
       Tschetschenien, als Reaktion auf die Angriffe auf russische Städte
       ukrainische Städte dem Erdboden gleich zu machen.
       
       „Unsere Antwort ist […] nun ja, meiner Meinung nach eine schwache Antwort.
       Wenn eine Granate in unserer Richtung, in unserer Region landet, müssen wir
       die Städte vom Angesicht der Erde tilgen, damit wir den fernen Horizont
       sehen können, damit die verstehen, und sie in Zukunft nicht einmal mehr
       daran denken, in unsere Richtung zu schießen“.
       
       Trotz all dieser siegreichen Töne aus Russland scheint der Kreml derzeit
       keine Gebietsgewinne zu verzeichnen. Vielmehr verkauft es der
       Telegram-Kanal des russischen Verteidigungsministeriums als Erfolg, wenn es
       gelingt, Rückeroberungsversuche der Ukraine zurückzuschlagen.
       
       ## Denkmal „in Sicherheit gebracht“
       
       Es ist wohl Ironie der Geschichte, dass die russischen Besatzer in Cherson
       das Denkmal des Feldherrn und Generalissimus Alexander Suworow, der in der
       Zeit des russisch-türkischen Krieges das Chersoner Korps geführt hatte,
       abgebaut haben. Nicht einmal die Ukrainer hatten sich getraut, das Denkmal
       dieses russischen Feldherrn zu schleifen.
       
       Man habe das Denkmal in Sicherheit gebracht, zitiert die russische
       Nachrichtenagentur Tass den von den Besatzern eingesetzten
       stellvertretenden Gouverneur des Gebietes Cherson, Kirill Stremousow.
       Sobald kein Beschuss der Stadt mehr zu befürchten sei, werde man das
       Denkmal wieder an seinen Platz zurückbringen, so Stremousow.
       
       Während viele den Abbau des Suworow-Denkmals und die anhaltende
       [1][Evakuierung der Bevölkerung von Cherson] in russisches Hinterland als
       Anzeichen eines geplanten russischen Rückzuges aus Cherson werten, warnt
       Kirill Budanow, Chef des Militärgeheimdienstes, vor falschen Hoffnungen.
       Tatsächlich würden die Russen ihre Truppen in Cherson aufstocken, sagte er.
       
       Der Abzug der russischen Promsvyazbank aus Cherson, die Evakuierung
       wichtiger Server, von Behörden, die Verlegung von Verletzten von
       Krankenhäusern von Cherson in andere Städte, erweckten zuletzt die
       Illusion, dass man Cherson schon aufgegeben habe. „Gleichzeitig werden dort
       neue Militäreinheiten stationiert und die Straßen der Stadt für die
       Verteidigung vorbereitet“, zitiert strana.news Budanow.
       
       Sogar Kinder haben die russischen Truppen aus Cherson und aus den von
       Russland kontrollierten Gebieten nahe der Stadt [2][Saporischschja]
       „evakuiert“. 1.939 Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren sind ohne warme
       Kleidung und warme Schuhe auf die besetzte Krim deportiert worden,
       berichtet das „Krimtatarische Ressourcenzentrum“. Nun seien die Kinder dort
       in Yevpatoriya untergebracht. Die Besatzer, so das Ressourcenzentrum,
       hätten die Bevölkerung aufgerufen, Kleider und Schuhe für die Kinder zu
       sammeln.
       
       Unterdessen werden in Kiew die Bestimmungen für Einberufungen in den Krieg
       verschärft. Allen Wehrpflichtigen müssen „Powistkas“ zugestellt werden,
       befahl der obersten Militärkommissar von Kiew, Yuriy Maksymiv. Powistkas –
       das sind entweder Erfassungen bei den Wehrbehörden, Entsendungen zu
       Militärübungen oder Einberufungen direkt an die Front. Man brauche derzeit
       dringend zusätzliches Personal, so Maksymiv gegenüber dem ukrainischen
       Sender TSN. Wer sich vor der Wehrpflicht drückt, muss mit einer
       Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen.
       
       Bei einer Audienz bei Papst Franziskus hatte der französische Präsident
       Emmanuel Macron diesen gebeten, Wladimir Putin, Patriarch Kyrill und Joe
       Biden anzurufen, um eine Beilegung des Krieges herbeizuführen, berichtet
       das Magazin Le Point.
       
       Derweil hat der Netzbetreiber in allen Regionen der Ukraine
       Stromabschaltungen angekündigt. Damit solle das Energiesystem stabilisiert
       und die Belastung der Stromnetze verringert werden.
       
       25 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Evakuierung-von-Cherson/!5889544
   DIR [2] /Russische-Angriffe-in-der-Ukraine/!5887737
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Denkmal
   DIR Kreml
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Ukraine-Konflikt
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Evakuierung von Cherson: Putin verhängt Kriegszustand
       
       Russland will die Bewohner der südukrainischen Stadt evakuieren, Kiew
       appelliert zum Bleiben. Angriffe auf ukranische Städte werden fortgesetzt.
       
   DIR + + Nachrichten im Ukraine-Krieg + +: Erbitterte Kämpfe bei Cherson
       
       Andrij Melnyk hat Deutschland verlassen, russische Reservisten müssen sich
       Schutzwesten selbst kaufen und Anton Hofreiter findet die SPD mal wieder zu
       lahm.
       
   DIR Russlands Armee in der Ukraine: Von Niederlage zu Niederlage
       
       Auf das Debakel in der Ostukraine folgt Moskaus Rückzug im Süden. Ein
       US-General warnt: Bei russischem Atomschlag werde Putins Armee zerstört.