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       # taz.de -- Prominente US-Demokratin als Angriffsziel: Pelosis Ehemann bei Überfall verletzt
       
       > Nancy Pelosi gilt als Hassfigur der US-Rechten und Trump-Fans. Ein Mann
       > ist nun in die Privaträume der Sprecherin des Repräsentantenhauses
       > eingedrungen.
       
   IMG Bild: Die Polizei von San Francisco hat den Tatort rund um das Haus der Pelosis für ihre Ermittlungen abgesperrt
       
       WASHINGTON taz | „Wo ist Nancy? Wo ist Nancy?“ soll der Angreifer gerufen
       haben, nachdem er in der Nacht zum Freitag mit einem Hammer in das Wohnhaus
       der Chefin des US-Repräsentantenhauses in San Francisco eingedrungen war.
       [1][Nancy Pelosi] hielt sich gerade in Washington auf. Aber ihr Ehemann war
       zuhause.
       
       In dem Handgemenge mit dem Eindringling erlitt der 82-jährige Paul Pelosi
       einen Schädelbruch und Verletzungen an Arm und Hand. Er konnte nach
       Informationen von Polizeichef Scott noch selbst den polizeilichen Notruf
       verständigen. Die Frau am anderen Ende der Leitung hörte den Angreifer und
       schickte die Polizei zum Tatort.
       
       Dem 42-jährigen Angreifer, der am Freitag ebenfalls im Krankenhaus
       behandelt wurde, steht nun eine Anklage wegen versuchten Mordes bevor. „Die
       Gewalt war absichtlich, nicht zufällig“, sagte Polizeichef William Scott am
       Freitag in einer Pressekonferenz in San Francisco.
       
       In der US-Hauptstadt reagierten Politiker – vor allem Mitglieder der
       regierenden Demokratischen Partei, aber auch einige Republikaner –
       entsetzt. Weniger als [2][zwei Wochen vor den Midterm-Wahlen] sehen sie in
       der Attacke die Bestätigung ihrer schlimmsten Sorgen vor einer weiteren
       Zunahme politisch motivierter Gewalt. Die Worte des Angreifers von San
       Francisco klingen wie ein Echo auf die Slogans vom 6. Januar 2021, als
       Trump-Anhänger in das US-Kapitol eindrangen, um die [3][Zertifizierung der
       Wahl von Joe Biden zum Präsidenten zu verhindern]. Unter anderem
       skandierten die Kapitolsstürmer „Wo bist Du, Nancy?“. Und: „Hängt Mike
       Pence (der damalige Vizepräsident, d. Red.).“
       
       US-Präsident Biden stellte die Tat von San Francisco am Freitagabend bei
       einer Wahlkampfveranstaltung in einen direkten Zusammenhang mit dem Sturm
       auf das Kapitol. „Es gibt zu viel politische Gewalt, zu viel Hass, zu viel
       Hetze“, sagte Biden über die Tat. Dann erinnerte er an Trumps Reden von
       „gestohlenen Wahlen“ sowie an dessen ebenso falsche Behauptung, Covid sei
       erfunden. „Das hat Auswirkungen auf Menschen, die vielleicht nicht so
       ausgeglichen sind“, sagte Biden. Er forderte „alle Menschen, die ein gutes
       Gewissen haben“ auf, sich „klar und deutlich gegen Gewalt in unserer
       Politik aussprechen – ganz gleich, welche Politik sie verfolgen“.
       
       Auf Seiten der Republikanischen Partei verurteilten am Freitag sowohl der
       Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, als auch der
       Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, die Tat. Doch Trump, der Pelosi
       bei jedem seiner Meetings vom Publikum ausbuhen lässt, schwieg. Und mehrere
       rechte Fernsehsender, darunter die nationale Station FoxNews, machten Biden
       und Pelosi selbst für die Tat verantwortlich: Biden, weil er nach der
       Darstellung des Senders ein „Spalter“ sei, der die politischen Gräben im
       Land vertiefe, und Pelosi, weil sie ihr Haus in San Francisco nicht
       genügend vor Eindringlingen gesichert habe.
       
       ## Angreifer verbreitete Pro-Trump-Slogans
       
       Der mutmaßliche Angreifer von San Francisco, David D., soll in den
       zurückliegenden Monaten in Blogeinträgen zahlreiche Slogans von
       Trump-Anhängern reproduziert haben. Er soll über die „gestohlenen Wahlen“
       geschrieben, Klimakrise und Holocaust geleugnet, sich transphobisch und
       rassistisch geäußert und behauptet haben, der Kapitolssturm sei ein
       „Insider-Job“ gewesen.
       
       Dem Angriff von San Francisco sind zahlreiche andere Gewaltdrohungen und
       Einschüchterungen vorausgegangen. Sie richteten sich gegen Mitglieder des
       US-Kongresses, aber auch gegen Wähler und Wahlbeamte. Am Tag der
       Hammerattacke in San Francisco bekannte sich in Pennsylvania ein Mann
       schuldig, dem demokratischen Abgeordneten Eric Swalwell mit Mord gedroht zu
       haben. Wenige Wochen zuvor hatte im Bundesstaat Washington ein Mann mit
       Schusswaffe die demokratische Abgeordnete Pramila Jayapal in ihrem Garten
       bedroht.
       
       Nach den Präsidentschaftswahlen von 2020 – die zu den am sorgfältigsten
       beobachteten Abstimmungen der US-Geschichte gehören, und die nach
       Einschätzung von Wahlbeamten, Wahlbeobachtern und Gerichten korrekt
       verlaufen sind – haben Trump und seine Gefolgsleute in vielen Bundesstaaten
       vor allem Wahlbeamte unter Druck gesetzt. Einige dieser Beamte haben
       seither gekündigt. Andere werden bei den Midterm-Wahlen am 8. November
       unter zusätzlichem Schutz arbeiten.
       
       Dieses Mal haben die Einschüchterungen und die Ankündigungen von
       Anfechtungen der Wahl bereits lange vor dem eigentlichen Wahltag begonnen.
       Vielerorts verbreiten Republikaner schon vorab Zweifel an der Korrektheit
       der Wahl. Und in Georgia, wo die Briefwahl begonnen hat, haben Wähler
       schwerbewaffnete Männer in unmittelbarer Nähe von Urnen für
       Briefwahlscheine beobachtet.
       
       29 Oct 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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