URI: 
       # taz.de -- „Rheingold“ im Kino und auf TikTok: Wie ein Siegtor in der 95. Minute
       
       > Das Xatar-Biopic „Rheingold“ von Regisseur Fatih Akın begeistert vor
       > allem auch migrantische Jugendliche. Sie definieren das Kinoerlebnis neu.
       
   IMG Bild: Emilio Sakraya (links) spielt Xatar / Giwar Hajabi (rechts) in Fatih Akıns (Mitte) Film „Rheingold“
       
       Nur eine Tür mit der Aufschrift Kino 2 trennt zwei Gruppen voneinander, die
       heiß aufeinander sind.
       
       Auf der einen Seite wuseln junge Menschen durch den Kinosaal, viele von
       ihnen unter 18, die meisten mit Eltern oder Großeltern, die nicht in
       Deutschland geboren sind. Sie sind unruhig, aufgekratzt, nervös, aber
       positiv. Gleich werden ihre Helden vor die Leinwand treten.
       
       Auf der anderen Seite der Tür, in einem ungemütlichen Treppenhaus
       Parkhaus-Style steht der Regisseur Fatih Akın an einem Stehtisch mit Nachos
       und Softdrinkbechern. Auch dabei: Xatar und seine Freunde. [1][Zum Mythos
       des Rappers gehören ein Goldraub] und ein in Haft aufgenommenes Album. Akın
       hat Xatars Leben verfilmt: Das Biopic „Rheingold“ steht in der zweiten
       Woche [2][auf Platz 1 der deutschen Kinocharts].
       
       Seit der Film läuft, verbreiten junge Menschen Clips auf Tiktok und
       Instagram, in denen sie den Titelsong „Mama war der Mann im Haus“ singen
       oder auf der Saz spielen, andere dokumentieren den Kinobesuch. Schon
       vergangene Woche hat sich der Besuch im Cineplex Alhambra im Berliner
       Wedding angefühlt wie eine Party: laute Gespräche, so dass mancher
       filmische Dialog unterging, laufend Kommende und Gehende, Sprüche und
       Applaus.
       
       An diesem Abend telefoniert Xatar hinter der Tür, geht die Treppen hoch und
       kommt dann wieder runter, er grüßt, dann filmt er Akın, während der
       Regisseur wild gestikulierend vom kollektiven Kinoerlebnis schwärmt. Auch
       hier ist die Stimmung: unruhig, aufgekratzt, nervös, aber positiv.
       
       Die Stimmung, die man sonst aus Stadien oder Rapkonzerten kennt, erklärt
       sich Akın damit, [3][dass der Film wohl einen Nerv getroffen habe]. Aber
       was ist dieser Nerv? „Ich weiß nicht genau, irgendwie fühlen die sich alle
       angesprochen, weißt du, vielleicht sind das so Flüchtlingsgeschichten,
       vielleicht sind deren Eltern aus ähnlichen Gründen nach Deutschland
       gekommen wie die im Film, weißt du, und selbst wenn sie als Gastarbeiter
       oder Wirtschaftsleute gekommen sind, sie waren, als sie herkamen, bei zero,
       haben bei null angefangen, sich neu orientiert. Ich glaube, die Kids sehen
       die Geschichten ihrer Eltern und teilweise ihre eigene Geschichte.“
       
       Die Tür mit der Aufschrift Kino 2 geht auf. Eine Frau ruft erst Akın rein,
       dann Xatar. Jubel wie bei einem Siegtor in der 95. Minute oder dem
       signature track des Lieblingsrappers. Auf der Bühne fragt Xatar, wer sich
       den Film schon zum zweiten Mal anschaue.
       
       Viele Hände.
       
       Er fragt, wer gar nicht so oft ins Kino gehe.
       
       Wieder viele Hände.
       
       Die beiden Gruppen, die heiß aufeinander sind, sind jetzt vereint.
       
       11 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Gangsta-Rap-aus-Bonn/!5010479
   DIR [2] https://www.filmstarts.de/nachrichten/1000001883.html
   DIR [3] /Fatih-Akins-Rheingold/!5887554
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Volkan Ağar
       
       ## TAGS
       
   DIR Rap
   DIR Kinofilm
   DIR TikTok
   DIR Album
   DIR Rapper
   DIR Spielfilm
   DIR Film
   DIR Schwerpunkt Berlinale
   DIR Neues Album
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Xatar Album „Nr. 415“: Über die Gefängnismauern
       
       Der kürzlich verstorbene Xatar hat mit „Nr. 415“ ein legendäres
       Deutschrap-Album produziert. Jetzt lohnt es sich, noch mal reinzuhören.
       
   DIR Deutsche Rap-Szene: Rapper Xatar mit 43 Jahren gestorben
       
       Er war einer der markantesten Köpfe des Deutsch-Rap: Jetzt wurde Xatar
       leblos in einer Kölner Wohnung gefunden. Die Todesumstände werden
       untersucht.
       
   DIR Film „The Magic Flute“: Mozart meets Mystery
       
       In der „Zauberflöte“ steckt ein Coming-of-Age-Abenteuer. Der Fantasy-Film
       „The Magic Flute“ kitzelt das jetzt mit vielen Effekten heraus.
       
   DIR Fatih Akins „Rheingold“: Durch die Wand, Bruder
       
       Fatih Akin hat einen mitreißenden Film über den Gangsta-Rapper Xatar
       gemacht. „Rheingold“ macht sich dabei nicht mit seinem Protagonisten
       gemein.
       
   DIR Berlinale „Der goldene Handschuh“: Kaputte unter Kaputten
       
       Fatih Akins Wettbewerbsbeitrag „Der goldene Handschuh“ ist ein Horrorfilm
       nach realen Ereignissen. Und ein ambivalentes Kinoerlebnis.
       
   DIR Gangsta-Rap aus Bonn: Der Xatar-Baba
       
       Goldraub, Street Credibility und Hochschulabschluss: Giwar Hajabi alias
       Xatar neues Album „Baba aller Babas“ erscheint am 1. Mai.