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       # taz.de -- Diplomatie mit autokratischen Regimen: Verlogene Menschenrechtsdiskurse
       
       > Die Klimakonferenz in Ägypten ist vor allem gute Polit-PR. Und sie
       > überdeckt etwa die brutale Inhaftierung des Menschenrechtlers Alaa Abdel
       > Fattah.
       
   IMG Bild: Sanaa Seif, die Schwester des Hungerstreikenden Alaa Abdel Fattah, protesiert in Scharm el Scheich
       
       Deutsche Bundesregierungen reden gerne mit autokratischen Regimen über
       Menschenrechte: so ist das lange in Russland geschehen, neulich beim Besuch
       von Bundeskanzler Scholz in China, jetzt gerade in Katar wegen eines
       trivialen Spiels oder im Rahmen der Klimakonferenz in Ägypten.
       
       Komischerweise kommen die [1][Menschenrechte erst dann] auf den Tisch, wenn
       die langjährigen Wirtschaftsverträge unterschrieben sind. So als Fußnote:
       Seht, ich habe Xi Jinping noch schnell gesagt, er soll die Uiguren netter
       behandeln in den brutalen Umerziehungslagern. Westliche
       Menschenrechtsdiskurse sind verlogen.
       
       Schmerzvoll wird dies am Fall des ägyptischen Bloggers [2][Alaa Abdel
       Fattah] deutlich. Mit kurzen Unterbrechungen sitzt der bekannte
       Menschenrechtsaktivist seit fast zehn Jahren im Kerker des Regimes, bis
       Anfang dieser Woche war er mehrere Monate im Hungerstreik gewesen und hatte
       seit Beginn [3][der Weltklimakonferenz] nichts mehr getrunken, um auf die
       Lage von Zehntausenden inhaftierten Oppositionellen im Land aufmerksam zu
       machen.
       
       Das Militärregime verhindert, dass ihn seine Familie oder seine Anwälte
       besuchen. Hauptsache, die Show mit dem Klima wird nicht gestört.
       Mittlerweile konnte er einen Brief an seine Familie schicken. Ein
       Lebenszeichen immerhin.“
       
       ## Klimakatastrophe als Lösung
       
       Die Familie von Alaa ist verzweifelt. Seine Schwester Mona Seif führt auf
       Twitter und Facebook mittlerweile Selbstgespräche, schwangt zwischen
       Zwangsoptimismus und Depressionen. Während sich das Regime im Badeort
       Scharm al-Scheich als Klimaretter inszeniert, kramte Mona Seif diese Woche
       alte Tweets ihres Bruders von 2013 hervor. Damals schrieb er: „Ich bin
       stolz auf dich, meine Schwester!“ Sie antwortete mit „und ich bin noch
       stolzer auf dich, Alaa!“
       
       Es bricht mir das Herz, wie im Namen von Pragmatismus, Stabilität und
       Renditen über fundamentale Menschenrechte hinweggesehen wird. Eine
       Klimakonferenz bei einem Despoten, der Menschen töten, foltern,
       verschwinden und wegsperren lässt, macht keinen Sinn.
       
       Da wird die Klimakatastrophe eher zur Lösung: Wenigstens würden wir dann
       alle sterben, irgendwie wäre das gerechter als die Shitshow am Roten Meer.
       Klimaschutz, Wirtschaftsbeziehungen oder diplomatische Gespräche müssen
       immer menschenrechtsbasiert sein, sonst ergeben sie keinen Sinn. Welche
       Welt wollen wir überhaupt retten?
       
       In meiner Timeline mischen sich derweil die Klima-Tweets von Biden und
       Baerbock. Rishi Sunak schickte ein Bild in die Welt, wie er in Scharm
       al-Scheich aus einem Flugzeug steigt. Emmanuel Macron postete ein kurzes
       Video im TikTok-Style mit Musik und schnellen Schnitten. Der Sonnyboy
       Europas weiß sich zu inszenieren. Dazwischen las ich einen alten Tweet von
       Alaa Abdel Fatah, den seine Schwester Mona Seif zitiert: „Ich hoffe, dass
       wir aus dieser Sache irgendwie menschlich rauskommen.“
       
       17 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Mohamed Amjahid
       
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