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       # taz.de -- Neue Details zum Abgasskandal: Erwartungen nicht zu hoch schrauben
       
       > Die Umwelthilfe hat Unterlagen veröffentlicht, wonach der Abgasskandal
       > größer sein könnte als gedacht. Dennoch sollte man sich vor voreiligen
       > Schlüssen hüten.
       
   IMG Bild: Vermutlich fahren Millionen Fahrzeuge herum, die mit Betrugssoftware ausgestattet sind
       
       Der 2015 aufgeflogene Abgasskandal wird möglicherweise größer als bisher
       angenommen. Unterlagen, die [1][die Deutsche Umwelthilfe] am Donnerstag
       präsentierte, kann man als Belege für vorsätzlichen Betrug interpretieren.
       Damit würde noch deutlicher, dass die bisherigen Reaktionen von
       Bundesregierung, Verkehrsministerium, Kraftfahrtbundesamt und Justiz
       erstaunlich milde ausgefallen sind.
       
       Die von der DUH vorgelegten Bosch-Papiere aus den Jahren 2006 bis 2015
       lassen dies vermuten: [2][VW], Audi, Daimler und BMW beauftragten Bosch mit
       Verfahren zur Abgasreinigung in Dieselmotoren, von denen sie wussten, dass
       sie teilweise illegal waren. Um das Abgasreinigungsmittel AdBlue zu sparen,
       verursachen solche Fahrzeuge im Normalbetrieb auf der Straße mehr
       Schadstoffe als auf den Prüfständen. Es ging den beteiligten Beschäftigten
       der Firmen nicht nur, wie oft behauptet, um die Vermeidung von
       Motorschäden, sondern sie wollten darüber hinaus Schadstoffvorschriften
       umgehen.
       
       Die Belege deuten auf die bewusste Absicht der Unternehmen hin. Darin
       könnte auch der Bosch-Vorstand verwickelt gewesen sein. Insofern mag die
       Affäre nun nochmals weitere Kreise ziehen – auch über das bereits gegen
       Bosch verhängte Bußgeld von 90 Millionen Euro und frühere Bußgelder gegen
       die Autokonzerne hinaus. Relevant sein könnten die Informationen
       beispielsweise für das laufende Verfahren gegen den früheren [3][Audi-Chef
       Rupert Stadler].
       
       Andererseits freilich muss man die Möglichkeit einkalkulieren, dass die
       Umwelthilfe ihren Fall aufbauscht, die Unterlagen irrtümlich interpretiert
       und juristisch nichts daraus folgt. Unter der Voraussetzung jedoch, dass
       die Annahmen zutreffen, ließe sich sagen: Die Autokonzerne haben
       Autokäufer, Politik und Öffentlichkeit bewusst getäuscht. Gemessen daran
       kann man die bisherigen politischen Reaktionen auf den Skandal, die
       Anordnungen des Kraftfahrtbundesamtes sowie die verhängten Strafen und
       Bußgelder als zu schonend betrachten. Nicht ausgeschlossen scheint, dass
       immer noch Millionen Fahrzeuge herumfahren, die mit Betrugssoftware
       ausgestattet sind.
       
       Wird Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nun mit dem Erbe seines
       Vorgängers Andreas Scheuer (CSU) aufräumen? Sieht das Bundeskartellamt, das
       Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) untersteht, neuen Anlass, wegen
       gesetzeswidriger Absprachen zwischen den Firmen aktiv zu werden? Man sollte
       die Erwartungen nicht allzu hoch schrauben. Die jetzt aufgetauchten
       Unterlagen deuten darauf hin, dass sich die Autokonzerne hierzulande
       deutlich mehr leisten – und auch leisten dürfen – als gedacht.
       
       18 Nov 2022
       
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