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       # taz.de -- Vor der Westbalkan-Konferenz in Berlin: Kleiner Durchbruch im Wartezimmer
       
       > Beim Westbalkan-Gipfel am Donnerstag sollen drei Abkommen eine
       > Zusammenarbeit der Balkanstaaten stärken. Politische Differenzen
       > blockieren die Vereinbarungen.
       
   IMG Bild: Willkommenszeremonie für Ursula von der Leyen in Tirana, Albanien, 27.10.2022
       
       Aus Belgrad taz | Dass die Treffen im Rahmen des Berliner Prozesses zuletzt
       vor allem Fototermine für Politiker:innen waren, soll sich am
       Donnerstag ändern: Mehrere konkrete Kooperationsabkommen wollen sechs
       Staaten aus dem Westbalkan beim Gipfel in Berlin beschließen, zu dem
       Bundeskanzler Olaf Scholz geladen hat. Neben Spitzenpolitiker:innen
       aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro
       und Serbien nehmen auch Vertreter:innen der EU teil.
       
       Der „Berliner Prozess“ wurde 2014 unter der damaligen Bundeskanzlerin
       Angela Merkel angestoßen, um die [1][Westbalkanstaaten näher an die EU
       heranführen], und findet seitdem jährlich statt. Durch die jetzigen
       Abkommen soll die Region noch enger zusammenwachsen. Es gehe um die
       gegenseitige Anerkennung von Personalausweisen sowie von Universitäts- und
       Berufsabschlüssen, erklärte der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für
       den Westbalkan, Manuel Sarrazin, dem bosnischen Medium [2][istraga.ba].
       „Wir freuen wir uns, dass bei den drei Mobilitätsabkommen ein Durchbruch
       erzielt wurde, der die Grundlage für einen gemeinsamen regionalen Markt
       bilden wird.“
       
       Zwei Jahre lang blockierten politische Differenzen die Vereinbarungen.
       Serbien erkennt zum Beispiel die Unabhängigkeit seiner ehemaligen Provinz
       Kosovo nicht an. Dem Bundesaußenministerium gelang es trotzdem, vorab eine
       Einigung auf die Texte der Abkommen zu erzielen.
       
       Neben den Abkommen wollen die Gipfelteilnehmer:innen über eine engere
       Zusammenarbeit bei der Energie und Energiesicherheit verhandeln sowie über
       „verstärkte Solidarität zwischen der EU und den Ländern des Westbalkans“,
       sagte Sarrazin. Ebenso stehen Korruption und Kriminalität auf der
       Tagesordnung. Ein drängendes Thema für Montenegro und Albanien sind
       Cyberangriffe, unter denen sie in letzter Zeit besonders litten – etwa von
       russischer oder iranischer Seite.
       
       ## Die Beitrittsprozesse laufen schleppend
       
       Die sechs Länder eint, dass sie der EU beitreten wollen. Aber während
       Serbien und Montenegro seit Jahren Kandidaten dafür sind, haben Albanien
       und [3][Nordmazedonien den Status erst kürzlich erhalten]. Mitte Oktober
       empfahl die EU-Kommission zudem, Bosnien und Herzegowina den
       Beitrittskandidatenstatus zu verleihen. Kosovo gilt als potenzieller
       Kandidat.
       
       Aber die Beitrittsprozesse verlaufen insgesamt schleppend. Serbien bekam
       2012 den Beitrittskandidatenstatus. Doch zuletzt übten EU-Vertreter:innen
       wieder Druck auf das Land aus, seine Außenpolitik an die der EU anzupassen.
       Die Regierung in Belgrad trägt die EU-Sanktionen gegen Russland nicht mit,
       und vor wenigen Tagen verstärkte sie mit einem Abkommen die Zusammenarbeit
       mit Moskau.
       
       Nicht offiziell Teil der Tagesordnung, laut Sarrazin aber ebenfalls Thema
       des Gipfels, ist die Migration über die Balkanroute. Zuletzt stiegen die
       Grenzübertritte an: Laut EU erreichten bis Ende August mehr als 86.000
       Menschen über die Balkanroute die Union – eine Verdreifachung gegenüber
       2021.
       
       2 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Politologe-ueber-EU-und-Balkanstaaten/!5859726
   DIR [2] https://istraga.ba/https://istraga.ba/specijalni-izaslanik-vlade-njemacke-za-zapadni-balkan-manuel-sarrazin-u-intevjuu-za-istragu-schmidt-svoje-cesto-teske-odluke-donosi-nezavisno/
   DIR [3] /EU-Beitritt-von-Nordmazedonien/!5865720
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jana Lapper
       
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