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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Mützenich soll auf Terrorliste stehen
       
       > Der SPD-Fraktionschef zeigt sich irritiert über die Regierung in Kiew. Im
       > Süden und Osten der Ukraine finden derweil massive Artilleriegefechte
       > statt.
       
   IMG Bild: Mützenich bringt die jüngsten anonymen Drohungen gegen sich in Verbindung mit der ukrainischen Terrorliste
       
       ## Schwerster Beschuss seit Tagen in der Region Cherson
       
       Bei neuen Kämpfen im Osten und Süden der Ukraine haben die Truppen Moskaus
       und Kiews sich am Samstag mit schwerer Artillerie beschossen. Das geht aus
       den Militärangaben der ukrainischen und russischen Seite hervor. Die
       ukrainischen Kämpfer hätten in den Gebieten Luhansk und Donezk russische
       Stellungen vernichtet, hieß es in Kiew.
       
       In Moskau teilte das russische Verteidigungsministerium mit, dass
       „ukrainische Angriffe“ in den Gebieten Donezk, Luhansk [1][und Cherson
       zurückgeschlagen worden seien]. Die Ukraine hatte immer wieder angekündigt,
       sich die von russischen Truppen besetzten Gebiete zurückzuholen.
       
       Die Rede war einmal mehr auch von Hunderten Toten je Seite in den nicht
       unabhängig überprüfbaren Militärberichten. Im Gebiet Cherson meldeten die
       Behörden den schwersten Artilleriebeschuss seit Tagen. Die ukrainische
       Führung will die Region im Süden des Landes nach ersten Erfolgen noch
       komplett befreien.
       
       Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Freitag gesagt, dass die
       Region wegen der schweren Kampfhandlungen evakuiert werden müsse.
       Zehntausende Menschen waren nach Angaben der Besatzungsbehörden bereits auf
       von Russland kontrolliertes Gebiet geflohen. Die Ukraine spricht von einer
       Verschleppung ihrer Bürger.
       
       In den umkämpften Teilen der Region Cherson sollen weiter rund 170.000
       Menschen ausharren, die bisher nicht fliehen wollten oder konnten. Nach
       nicht überprüfbaren Angaben des russischen Verteidigungsministeriums werden
       weiter rund 5000 Menschen täglich über den Fluss Dnipro mit Booten und über
       eine Pontonbrücke Sicherheit gebracht.
       
       Cherson ist die bislang einzige Gebietshauptstadt, über die Kiew nach dem
       russischen Einmarsch schon Ende März die Kontrolle verloren hatte. Im
       September wurde das Gebiet nach einem Scheinreferendum von Russland
       annektiert, kein Land erkennt diesen Völkerrechtsbruch an. Die ukrainische
       Armee führt dort seit Wochen eine Offensive zur Befreiung der Region. (dpa)
       
       ## London: Russisches Militär mit Ausbildung überfordert
       
       Das russische Militär ist nach Ansicht britischer Experten durch den
       Angriffskrieg in der Ukraine [2][mit der Ausbildung neuer Rekruten
       überfordert]. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update des
       Verteidigungsministeriums in London am Samstag hervor. Demnach hatte Moskau
       bereits Schwierigkeiten, Training für die etwa 300.000 bei der
       Teilmobilisierung eingezogenen Reservisten zu organisieren. Das Problem
       dürfte sich den Briten zufolge für die regelmäßig im Herbst eingezogenen
       etwa 120.000 Wehrpflichtigen noch verschärfen.
       
       „Neu verpflichtete Rekruten erhalten wahrscheinlich eine minimale
       Ausbildung oder überhaupt keine Ausbildung“, so die Einschätzung der
       britischen Experten. Erfahrene Offiziere und Ausbilder seien in den
       Kriegseinsatz in die Ukraine geschickt und wahrscheinlich zum Teil getötet
       worden. Der Einsatz unausgebildeter Kräfte trage jedoch kaum oder überhaupt
       nicht zur Kampfkraft bei.
       
       Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des
       russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine täglich Informationen zum
       Kriegsverlauf. Damit will die Regierung der russischen Darstellung
       entgegentreten und Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London
       eine Desinformationskampagne vor. (dpa)
       
       ## ISW: Putin will Mobilmachung verdeckt fortsetzen
       
       Unabhängige Experten halten eine [3][verdeckte Fortführung der
       Mobilmachung] für Russlands Krieg in der Ukraine für wahrscheinlich. Jüngst
       von Präsident Wladimir Putin unterzeichnete Dekrete deuteten darauf hin,
       dass die Teilmobilmachung entgegen russischer Behauptungen keine
       ausreichende Truppenstärke erzielt habe, hieß es in einem Bericht der
       Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) mit Sitz in Washington am
       Freitag. Dafür spreche auch, dass Putin bislang kein Dekret unterzeichnet
       hat, das die Ende September ausgerufene Mobilmachung offiziell beendet.
       
       Der Kreml hatte am Dienstag erklärt, dass die Teilmobilmachung von 300.000
       Reservisten für den Kriegsdienst in der Ukraine abgeschlossen sei. Putin
       zufolge sind sogar 318 000 Männer mobilisiert worden. Damit sei eine
       Beendigung der Mobilmachung per Erlass unnötig, sagte Kremlsprecher Dmitri
       Peskow.
       
       Nach ISW-Angaben sind die russischen Angaben nicht stimmig mit Putins
       Erlass von diesem Freitag, das russischen Behörden auch den Einzug von
       Zivilisten erlaubt, bei denen eine Verurteilung für schwere Verbrechen
       aussteht. Weiterhin soll Putin Dekrete unterschrieben haben, die den Kreis
       der Wehrdienstleistenden auf Männer ausweiten, die in
       Freiwilligenformationen dienten, sowie Ausnahmen festlegen für den Einzug
       von Wehr-Ersatzdienstleistenden.
       
       Gerade die Möglichkeit, Häftlinge einzuziehen, deuteten die ISW-Experten
       als Versuch, um weiteren sozialen Spannungen zuvorzukommen. Der Widerstand
       gegen den Einzug von Zivilisten in der russischen Bevölkerung ist groß.
       Geschätzt 400.000 Männer haben das riesige Land mittlerweile verlassen, um
       nicht eingezogen zu werden.
       
       Trotz der Kreml-Behauptungen, dass die Kreiswehrersatzämter nun keine
       Reservisten mehr einziehen dürften, berichteten russische Oppositionelle
       und Online-Medien laut ISW, dass sich Behörden auf eine zweite
       Mobilmachungswelle vorbereiteten, indem etwa die Rekrutierungszentren
       modernisiert und Listen möglicher Rekruten erstellt würden. Auch hätten
       laut dem Bericht einzelne Männer Einberufungsbescheide für das kommende
       Jahr erhalten. (dpa)
       
       ## Iran gibt Lieferung von Drohnen an Russland zu
       
       Der Iran hat erstmals zugegeben, [4][Drohnen an Russland geliefert zu
       haben]. „Wir haben Russland mit einer begrenzten Zahl an Drohnen
       beliefert“, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Irna am Samstag
       Außenminister Hossein Amir-Abdollahian. Die Drohnen seien „Monate vor dem
       Krieg in der Ukraine“ geliefert worden, hieß es. Berichte, wonach Teheran
       Moskau auch mit Raketen versorgt hätte, nannte Abdollahian hingegen „völlig
       falsch“.
       
       Die Ukraine und ihre Verbündeten werfen Russland vor, in den vergangenen
       Wochen Angriffe auf ukrainische Städte mit iranischen Drohnen geflogen zu
       haben. Teheran hat mehrmals abgestritten, Russland Waffen für den Krieg in
       der Ukraine geliefert zu haben.
       
       Laut Irna machte Abdollahian bei einem Telefonat mit seinem ukrainischen
       Amtskollegen Dmytro Kuleba vergangene aus, dass die Ukraine Beweise für die
       russische Nutzung iranischer Drohnen bereitstellen werde, sollte es solche
       geben. „Falls die ukrainische Seite ihr Versprechen hält, können wir das
       Thema in den kommenden Tagen diskutieren“, sagte Teherans Chefdiplomat
       demnach.
       
       Nach Angaben Kiews wurden bereits etwa 400 iranische Drohnen gegen
       Zivilisten in der Ukraine eingesetzt. Russland soll demnach etwa 2000
       Drohnen in Teheran bestellt haben.
       
       Als Reaktion haben die Europäische Union und Großbritannien drei iranische
       Generäle und eine Rüstungsfirma für die Lieferung von Drohnen nach Russland
       mit Sanktionen belegt. (afp)
       
       ## Versorger kündigt Stromausfälle in der Ukraine an
       
       Die Menschen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew und sieben weiteren
       Regionen [5][müssen sich auf regelmäßige Stromausfälle einstellen]. Der
       staatliche Versorger Ukrenergo, der die ukrainischen Hochspannungsleitungen
       betreibt, teilte am Samstag mit, betroffen seien der Großraum Kiew sowie
       die Regionen Tschernihiw, Tscherkassy, Schytomyr, Sumy, Poltawa und
       Charkiw.
       
       Zunächst hieß es, die Abschaltungen erfolgten täglich nach einem
       festgelegten Zeitplan und sollten etwa sechs Stunden dauern. Einige Stunden
       später teilte Ukrenergo mit, geplante Abschaltungen reichten nicht aus.
       Stattdessen werde es Unterbrechungen der Versorgung geben, die auf
       unbestimmte Zeit andauern könnten.
       
       Die Ukraine hat mit Stromausfällen und einer Unterbrechung der
       Wasserversorgung zu kämpfen, seit Russland Ende Oktober mit massiven
       Raketen- und Drohnenangriffen auf die Energieinfrastruktur des Landes
       begann. Die Regierung in Moskau erklärte, sie reagiere damit auf Angriffe
       auf die Halbinsel Krim, die Russland 2014 völkerrechtswidrig annektierte.
       Die Ukraine wies die Vorwürfe zurück. (ap)
       
       ## Ukraines Botschafter fordert deutschen Einreisestopp für Russen
       
       Der neue ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksij Makejew, hat von der
       Bundesregierung einen Einreisestopp für Russen gefordert. „Andere Länder
       verwehren Russen die Einreise. Ich appelliere an die Bundesregierung, das
       auch so zu machen“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom
       Samstag. Er warnte dabei auch vor Anschlägen auf Ukrainer in Deutschland:
       „Wir haben es mit einem ernsten Sicherheitsrisiko zu tun.“
       
       „Die Russen, die nach Deutschland kommen, tun dies nicht aus Protest gegen
       den Krieg. Sie wollen nur nicht im Krieg sterben“, sagte Makejew. „Je mehr
       Leute nach Deutschland kommen und diesen genozidalen Krieg unterstützen,
       desto größer wird das Sicherheitsrisiko.“
       
       Es habe Brandanschläge auf Unterkünfte für geflüchtete Ukrainer gegeben,
       erinnerte der Botschafter. „Wir warten auf die Ergebnisse der Untersuchung.
       Es muss schnell geklärt werden, wer dahintersteckt.“
       
       Außerdem warnte Makejew davor, Russen in denselben Flüchtlingsheimen
       unterzubringen wie Ukrainer. „Die Gefahr, dass Menschen zu Schaden kommen,
       die gerade dem Krieg entkommen sind, wäre einfach zu groß.“
       
       Makejew verwies auch auf Russlanddeutsche, die nach Kriegsbeginn mit
       Autokorsos durch deutsche Städte gefahren seien und den Überfall auf die
       Ukraine bejubelt hätten. „Diese Leute sind sehr stolz auf diesen Krieg, und
       viele von ihnen sind deutsche Staatsbürger“, sagte er. „Das ist ein
       Problem, mit dem sich die Bundesregierung befassen muss.“ (afp)
       
       ## Mützenich: Bin irritiert
       
       SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat der ukrainischen Regierung
       vorgeworfen, ihn auf eine Terrorliste gesetzt zu haben. „Ich bin schon
       irritiert gewesen, dass ich von der ukrainischen Regierung auf eine
       Terrorliste gesetzt wurde mit der Begründung, ich setze mich für einen
       Waffenstillstand ein oder für die Möglichkeit, über lokale Waffenruhen auch
       in weitere diplomatische Schritte zu gehen“, sagte Mützenich am Samstag
       beim SPD-Debattenkonvent in Berlin. Von ukrainischer Seite gab es zunächst
       keine Bestätigung dafür, dass der SPD-Fraktionschef auf eine Terrorliste
       gesetzt worden sei.
       
       Mützenich sagte beim Debattenkonvent auch, dass er Drohungen bekommen habe.
       „Auf dieser Grundlage, dass man auf diese Terrorliste der ukrainischen
       Regierung gekommen ist, hat man ja sozusagen dann auch Sekundärdrohungen
       bekommen. Auch nicht gerade einfach, damit umzugehen.“
       
       Mützenich beklagte eine „Diskriminierung“ derjenigen, die sich wie er
       selbst für Diplomatie einsetzen. „Gegen diesen Rigorismus wende ich mich.“
       Er verteidigte seine Forderung nach diplomatischen Bemühungen, um ein Ende
       des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. „Es bleibt dabei: (…) Die
       meisten Kriege sind am Ende nicht auf dem Schlachtfeld beendet worden“,
       sagte Mützenich. (dpa)
       
       ## Linke-Chef dringt auf Friedensinitiative im Ukraine-Krieg
       
       Angesichts des monatelangen Kriegs in der Ukraine hat Linke-Chef Martin
       Schirdewan von Bund und EU Initiativen zu Friedensgesprächen angemahnt. Er
       warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) außerdem vor, bei seiner jüngsten
       China-Reise die Chance auf eine gemeinsame Friedensinitiative mit China
       vertan zu haben. „Dieser verdammte Krieg muss endlich und so schnell wie
       möglich zu einem Ende kommen“, mahnte Schirdewan am Samstag bei einem
       Landesparteitag der sächsischen Linken in Löbau. Er betonte, Russland unter
       Wladimir Putin sei in diesem Krieg der Aggressor. „Unsere Solidarität gilt
       zuvorderst der Zivilbevölkerung in der Ukraine, die das angegriffene Land
       ist.“ (dpa)
       
       5 Nov 2022
       
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