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       # taz.de -- HSV-Fans machen WM-Alternativprogramm: Etwas Besseres als Katar
       
       > Die Supporters-Abteilung des HSV hat sich ein Gegenprogramm zur Wüsten-WM
       > ausgedacht. Beim Hamburger Futsal-Derby kamen die Fans auf ihre Kosten.
       
   IMG Bild: Normalfall beim Futsal: Leere Ränge beim Halbfinale der HSV Panthers um die Meisterschaft im Mai
       
       Hamburg taz | 4.600 Kilometer und mehrere Welten liegen zwischen der
       Sporthalle Wandsbek und dem Al-Bayt-Stadion in Katar. Während am Sonntag
       auf der arabischen Halbinsel die umstrittene
       Herrenfußball-Weltmeisterschaft begann, trafen im Hamburger Osten die HSV
       Panthers und der FC St. Pauli in der [1][Futsal-Bundesliga] aufeinander.
       
       Hier das große Geld und Millionenpublikum, dort der Nischensport in einer
       Mehrzweckhalle aus den 1980er-Jahren: Kunststoffboden, viele bunte Linien
       für viele unterschiedliche Sportarten. Und doch sind an diesem Sonntag mehr
       Zuschauer:innen als gewöhnlich nach Wandsbek gekommen.
       
       Schon vor dem Eingang der Sporthalle hatte es sich aufgestaut. Drinnen, am
       Getränkestand und auf der Tribüne, drängen sich wenig später die Fans. Die
       1.300 Plätze sind ausverkauft. Die Fans der HSV Panthers haben große Banner
       mitgebracht, Fahnen, Trommeln. Ohne Pause stimmen sie Lieder an, die Fans
       von St. Pauli halten mit Vuvuzelas dagegen.
       
       ## Alternative für WM-Boykotteure
       
       Futsal ist eine südamerikanische [2][Spielart des Hallenfußballs]. Der Ball
       ist ein wenig kleiner, die Regeln ein wenig anders, mediale
       Berichterstattung kaum vorhanden. Dass das Futsal-Derby an diesem Sonntag
       dennoch viel Aufmerksamkeit bekommt, liegt auch an der Arbeit des [3][HSV
       Supporters Club]. Dieser hatte zusammen mit dem Förderkreis Nordtribüne zum
       WM-Boykott aufgerufen und ein Alternativprogramm für Fans zusammengestellt.
       
       „Sich gegen die WM in Katar zu positionieren, ist richtig, aber das kann
       jeder“, sagt Simon Philipps von den Supporters. Das habe der Fanabteilung
       nicht gereicht. Sie wollte darüber hinaus „den Amateursport unterstützen,
       der in dieser Zeit weiter läuft“. Der Supporters Club möchte zeigen, „wie
       Sport auch sein kann: solidarisch, ehrlich und unkommerziell“. Dadurch soll
       auch Interesse für weniger bekannte Abteilungen des HSV geweckt werden.
       
       Teil des HSV-Winterprogramms waren bisher ein Spiel der Fußball-Frauen in
       der Regionalliga Nord und, am vergangenen Mittwoch, das Heimspiel der
       Rollstuhlbasketballer der BG Baskets. Dort, wo gewöhnlich rund 100
       Zuschauer:innen sind, kamen laut Philipps fast 500. Die Atmosphäre sei
       natürlich etwas anders als beim Profifußball: „Den Leuten ist bewusst, dass
       sie beim Amateursport sind.“
       
       Im Dezember folgen noch die Spiele der dritten Herren-Fußballmannschaft
       gegen den FC Süderelbe und – fünf Tage nach dem Finale in Katar – das
       Eishockeymatch des HSV gegen den ESC Wunstorf.
       
       ## Dauerkarten fast ausverkauft
       
       Für das Winterprogramm haben die Supporters auch eine Dauerkarte angeboten.
       Im Preis von 18,87 Euro sind alle fünf Spiele inbegriffen. Die Überschüsse
       kommen den Abteilungen zugute. Und das Interesse am Winterprogramm ist
       groß. Laut Philipps wurden fast alle 250 Dauerkarten verkauft.
       
       Er hofft aber, dass es nicht bei einzelnen Besuchen bleibt: „Die Idee war
       auch, eine dauerhafte Bindung zu den anderen Sportarten aufzubauen.“
       Vielleicht schafft die globalisierte Weltmeisterschaft im Emirat also
       ungewollt genau das, was vielen Sportverbänden seit Jahren schwer fällt:
       das Interesse am Amateursport wieder zu steigern.
       
       Als um 17 Uhr im Al-Bayt-Stadion das Eröffnungsspiel beginnt, läuft in
       Wandsbek gerade die zweite Halbzeit. Katar liegt gegen Ecuador schon mit
       0:1 hinten, als Futsal-Rekordmeister HSV Panthers den Lokalrivalen FC St.
       Pauli mit 3:1 geschlagen hat.
       
       20 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.dfb.de/futsal/start/
   DIR [2] /Petition-an-die-Fifa/!5890284
   DIR [3] https://www.hsv-ev.de/supporters-club/uebersicht
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Wasiliu
       
       ## TAGS
       
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