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       # taz.de -- Die Wahrheit: Meine sieben WM-Spiele
       
       > Das wird eine ganz herrliche Weltmeisterschaft bis Weihnachten. Von den
       > Gruppenspielen bis zum Finale wird nur das Beste des Fußballsports
       > geboten.
       
   IMG Bild: Argentinische Fans beim Public-Viewing in Buenos Aires nach dem Siegtor von Saudi-Arabien
       
       Ach, freu ich mich auf meine persönliche Weltmeisterschaft. In den nächsten
       vier Wochen werde ich sieben Spiele verfolgen: Los geht es mit Deutschland
       gegen Algerien (1982), moderiert von Rudi Michel. Ich denke, die hauen wir
       mit „vier bis acht Toren“ (Toni Schumacher) weg. Vielleicht wird
       Reporterlegende Rudi Michel aber auch ins Dosentelefon „Belloumi, hach!“
       stöhnen und ein bitteres Fazit ziehen müssen: „Meine Damen und Herren, ich
       habe viele deutsche Spiele gesehen. Nie war ich enttäuschter.“
       
       Mein nächstes Spiel in der Vorrunde ist Spanien gegen Holland (2014). Ob
       die „Niederländer“ den Weltmeister 2010 wegfegen und sich die
       Van-Persie-Fans seinen Flugkopfball auf den Arsch tätowieren lassen? Mehr
       erfahren wir sicherlich im dritten Gruppenspiel BRD gegen DDR (1974). Wo
       warst du als das Sparwasser-Tor fiel? Das wichtigste deutsche Spiel bis zur
       Schande von Gijón (1982), nicht zu verwechseln mit der Schmach von Cordoba
       (1978)!
       
       Kommen wir zum vierten Spiel (1974): Bin mal gespannt, wie Holland mit den
       Generälen Rinus Michels und Johan Cruyff Argentinien an die Wand spielen
       wird, im strömenden Regen, im Gelsenkirchener Parkstadion bei zwölf Grad,
       als es noch „richtige Sommer“ (Rudi Carrell) gab.
       
       Mein fünftes Spiel ist dann das Viertelfinale von Brasilien gegen
       Frankreich in Mexiko (1986). Könnte ja sein, dass der angeschlagene
       Zauberer Zico doch noch eingewechselt wird und den Zuckerpass des
       Jahrhunderts spielt, aber am Ende gewinnt trotzdem Frankreich und muss
       wieder ins Halbfinale gegen Deutschland. Wer weiß, wie das endet,
       vielleicht mit einem Heber von Rudi Völler?
       
       Ziehen wir das Endspiel 1970 als Spiel Nümmero 6 vor. Wir sind schon wieder
       in Mexiko. Ob Pele und Brasilien genüsslich „für uns“ Rache nehmen werden,
       gegen den alten Waffenbruder Italien für dessen 4:3 nach Verlängerung gegen
       uns und Onkel Heinz-Günthers Automobil-Expertise („die Italiener rosten ja
       schon im Katalog“) und den nicht gegebenen Elfer für Uwe „Hinterkopf“
       Seeler, auch in der Höhe „absolut“ (Steffen Simon, 2002) verdient?!
       
       Das Halbfinale von 1982 ist mein siebtes Spiel. Es könnte sein, dass in
       Spanien die wohl unsympathischste deutsche Mannschaft aller Zeiten sich bis
       ins Endspiel durchgekämpft haben wird. Trainingslager am „Schlucksee“,
       Schnauzbärte und Goldkettchen Uwe Reinders, Lothar Matthäus, die erwähnte
       Schande von Gijón, das glücklich freche 2:1 gegen Spanien.
       
       Und dann das Jahrhunderthalbfinale gegen Frankreich. Ich könnte mir
       vorstellen, dass Toni Schumacher Battiston mit Vollarsch ins Gesicht
       springt. Aber auf gar keinen Fall wird Klaus Fischer in der Verlängerung
       einen Fallrückzieher zum 3:3 verwandeln, nach 1:3 Rückstand, das wäre zu
       irre.
       
       Ich bin gespannt, ob dieses Spiel möglicherweise die Mutter aller
       Fußballschlachten für mich sein wird, bei dem ich zum ersten Mal „länger
       aufbleiben“ darf und verrückt werde. Mann, was ick mir darauf freue!
       
       22 Nov 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gerald Fricke
       
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