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       # taz.de -- IG-Metall Tarifabschluss: Arbeitskampf in schwierigen Zeiten
       
       > Der Konflikt in der Metall- und Elektroindustrie ist beigelegt. IG Metall
       > und Arbeitgeber einigten sich auf prozentuale Lohnerhöhungen und
       > Einmalzahlungen.
       
   IMG Bild: Protestaktion während der Tarifverhandlungen in Ludwigshafen am 16.11.2022
       
       Berlin taz | Es gab schon einmal bessere Zeiten für Gewerkschaften, um gute
       Tarifabschlüsse zu erstreiten. Schon in der Coronapandemie waren ihre
       Arbeitskampfmöglichkeiten stark reduziert, was sich entsprechend negativ
       auf die Tarifabschlüsse ausgewirkt hat.
       
       Nun sind sie auch noch mit den fatalen ökonomischen Auswirkungen des
       Ukrainekriegs auf Deutschland konfrontiert, die sie erneut in eine
       schwierige Lage bringen. Denn nicht nur, dass die Menschen mit stark
       gestiegenen Lebenshaltungskosten zu kämpfen haben, auch die wirtschaftliche
       Situation vieler Unternehmen ist schwieriger geworden. Da überrascht auf
       den ersten Blick der [1][Pilotabschluss in der Metall- und
       Elektroindustrie,] auf den sich die Tarifparteien Ende vergangener Woche in
       Baden-Württemberg verständigt haben.
       
       In einer äußerst herausfordernden Zeit sei es „gelungen, die Beschäftigten
       spürbar zu entlasten, Einkommen nachhaltig zu stabilisieren und die
       Kaufkraft zu stärken“, schwärmte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Möglich
       gemacht hätten das die rund 900.000 Beschäftigten, die sich bundesweit an
       Warnstreiks beteiligt hätten. Der Abschluss sei „absolut an der Grenze
       dessen, was wir für die Mehrzahl unserer Mitglieder gerade noch für tragbar
       halten“, verkündete demgegenüber Harald Marquardt, der Verhandlungsführer
       der Arbeitgeberseite.
       
       ## Inflation lässt Lohnsteigerung gering wirken
       
       Die Gewerkschaft zeigt sich zufrieden, die Arbeitgeber klagen. Das folgt
       der üblichen Rezeption von Tarifabschlüssen. Bei genauerer Betrachtung
       zeigt sich, dass es komplizierter ist. Von einer Lohnsteigerung von
       „insgesamt 8,5 Prozent“ spricht die IG Metall. Das erweckt den Eindruck,
       als hätte sie sogar noch mehr als die von [2][ihr geforderten 8 Prozent]
       herausgeholt. Das stimmt nicht. Denn die IG-Metall-Forderung bezog sich auf
       eine Vertragslaufzeit von 12 Monaten – und zwar rückwirkend vom 1. Oktober
       2022 bis zum 30. September 2023. Vereinbart wurden jedoch eine Laufzeit bis
       zum 30. September 2024, also von 24 Monaten. Die erste Gehaltssteigerung um
       5,2 Prozent erfolgt im Juni, das bedeutet erst mal 8 Monate ohne
       Lohnerhöhung. Eine zweite Stufe von um 3,3 Prozent kommt dann im Mai 2024.
       
       Auf das Jahr 2023 umgerechnet bedeutet das gerade mal eine Lohnsteigerung
       von rund 3 Prozent. Damit bewegt sie sich knapp unter dem Niveau des
       Tarifabschlusses in der Chemieindustrie. Hier handelte die IG BCE Mitte
       Oktober eine Tariferhöhung von 3,25 Prozent ab Januar 2023 aus. Zum 1.
       Januar 2024 kommen noch mal 3,25 Prozent hinzu. Für das Jahr 2024 ist der
       IG-Metall-Abschluss also etwas besser.
       
       Angesichts der hohen Inflationsrate erscheinen die prozentualen
       Lohnsteigerungen sowohl in der Chemie- also auch in der Elektro- und
       Metallindustrie bescheiden. Dass die IG Metall und die IG BCE sie trotzdem
       akzeptiert haben, liegt an der „Inflationsausgleichsprämie“, die im Oktober
       von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde.
       
       Danach ist es möglich, einen Betrag von maximal 3.000 Euro pro
       Arbeitnehmer:in steuer- und sozialversicherungsfrei als
       Inflationsausgleich auszuzahlen. Dieses Instrument kommt nun in beiden
       Branchen zur Anwendung. Die Beschäftigten erhalten in zwei Tranchen im
       nächsten und im übernächsten Jahr jeweils eine Sonderzahlung von 1.500 Euro
       pro Kopf.
       
       Auswirkungen dürften die Abschlüsse der IG Metall und der IG BCE auf die
       nächste große Tarifauseinandersetzung haben: Am 24. Januar starten die
       Verhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und
       Kommunen. Verdi geht mit einer Forderung von 10,5 Prozent an den Start.
       
       21 Nov 2022
       
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