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       # taz.de -- Mobilität im WM-Land: Ein Fahrrad, das wär’s jetzt
       
       > Es gibt ein paar Radwege in Doha, doch niemand ist darauf unterwegs. Die
       > Stadt steckt in der Idee von Mobilität aus dem 20. Jahrhundert fest.
       
   IMG Bild: Nicht wirklich fahrradfreundlich: die katarische Haupstadt Doha
       
       Sam sammelt mich vor dem [1][Islamischen Museum] auf, wo ich unter anderem
       katarische „Raubkunst“, ein arabisiertes Kreuzritterschwert der Malteser,
       begutachtet und den Blick auf die West Bay mit ihren Hochhaustürmen vom
       Lounge-Leder-Sofa aus genossen habe. Sam fährt ein Golfcar, sechs Leute
       kann er mitnehmen. Ob er mich rüber zum Nationalmuseum bringen kann, frage
       ich den jungen Mann aus Kenia. Klar, das ginge schon. Er kurvt durch den
       schönen und erstaunlich grünen MIA-Park, aber statt zum Museum bringt er
       mich zum beIN-Fernsehstudio und der „The 7 Sculpture“ des Künstlers Richard
       Serra. Auch nett. Ich danke Sam trotz des kleinen Missverständnisses.
       
       Es weht ein kühler Wind, und ich denke, ein Fahrrad, das wär’s jetzt. Ich
       könnte am Meer entlangcruisen, die Wege sind fast leer. Die Massen schieben
       sich durch den Souk Waqif, hier ist es angenehm relaxed. Aber mit dem
       Radfahren haben es die Einheimischen nicht so. Ab und zu sieht man ein paar
       alte Mühlen herumstehen, reif für den Schrotthandel. Vielleicht ein Dutzend
       Radfahrer habe ich in fünf Tagen gesehen, meist Wanderarbeiter, die zum
       Teil auf Kinderrädern unterwegs sind oder auf Gefährten, die eine Karikatur
       eines Zweirades sind. Schade eigentlich, dass diese Stadt so in der Idee
       von Mobilität aus dem 20. Jahrhundert stecken geblieben ist.
       
       Vor meiner Reise nach Katar hatte ich überlegt, mir ein englisches Klapprad
       nach Doha mitzunehmen und dort ein bisschen herumzuradeln, denn ohne meine
       täglichen Ausfahrten auf dem Rad bin ich nur ein halber Mensch. Mach das
       bloß nicht, zu gefährlich, sagten Kenner der Lage, und ich habe auf sie
       gehört. Jetzt, da ich mir die Stadt näher angeschaut habe, muss ich ihnen
       recht geben. Ich hätte das Schicksal herausgefordert. Wobei: Ein paar
       Radwege gibt es schon. Die Straße am Hauptpressezentrum hat einen, und wenn
       man mit dem Bus die Schnellstraße in den Norden nach Al Chaur fährt, dann
       sieht man einen fein ausgebauten Radweg, kilometerlang.
       
       Nur: Kein Mensch fährt darauf, obwohl die Temperaturen mittlerweile okay
       sind. Außerdem kühlt der Fahrtwind beim Radeln eh, und wer nicht schwitzen
       will, könnte im Wüstenstaat E-Bike fahren. Das sind bestimmt lächerliche
       europäische Ideen für einen Katarer, der [2][im dicken, klimatisierten SUV]
       sitzt und Fußgängerübergänge nicht sonderlich ernst nimmt. Was hätte
       [3][mit all den Petro-Milliarden] nicht alles aus dieser Stadt werden
       können. Das haben sie wirklich in den Sand gesetzt.
       
       22 Nov 2022
       
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