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       # taz.de -- Jüdische Touristen bei der WM: Koscher in Katar
       
       > Erstmals dürfen israelische Fußballfans in das Emirat reisen. Doch so
       > richtig willkommen sind Juden im WM-Gastgeberland nicht.
       
   IMG Bild: Fußballnation Israel: Fans bei einem Qualifikationsspiel in Ramat Gan
       
       Es war ein Airbus A320 der zyprischen Fluggesellschaft TUS Air, der
       Passagiere und eine symbolische Fracht unter der Flugnummer CYF11162 am
       Sonntag von Tel Aviv nach Doha brachte. An Bord der Chartermaschine waren
       Palästinenser und Israelis, wobei Letztere eigentlich nicht erwünscht sind
       im Emirat des Tamim Al-Thani. Es gibt keine Direktflüge zwischen [1][Israel
       und Katar], auch werden keine diplomatischen Beziehungen gepflegt. Aber
       jetzt bringt TUS Hunderte Israelis an den Persischen Golf, und die haben
       wohl nicht nur ein mulmiges Gefühl in dieser für sie feindseligen Umgebung,
       sondern manche wollen auch koscher essen.
       
       Zur Betreuung der angereisten Touristen und Fußballfans gibt es nun sogar
       eine vorübergehende konsularische Vertretung, von der aber nur in
       israelischen Zeitungen zu lesen ist, nicht etwa in der Agentur Doha News,
       die das Interview eines israelischen Reporters zeigte, der die
       antisemitischen Vorbehalte eines Katarers aufzeichnete. Die Israelis, sagte
       das Außenministerium in Jerusalem, seien dazu angehalten, mit ihrer
       Herkunft vorsichtig umzugehen. Es werde davon abgeraten, die Flagge Israels
       in der Öffentlichkeit zu zeigen. In den Stadien wäre sie ohnehin nicht
       erlaubt, weil dort nur Fahnen der auf dem Feld agierenden Mannschaften
       zugelassen sind. Israel hat sich nicht für die Weltmeisterschaft
       qualifiziert, doch trägt das Championat unter Geleitschutz der Fifa (ja,
       doch) zu einer Verbesserung der Beziehungen bei.
       
       Katar unterstützt die Hamas im Gazastreifen massiv. Allein über den
       katarischen Entwicklungsfonds fließen über 25 Millionen Dollar an die
       UN-Flüchtlingshilfe UNRWA. Überdies soll es weitere, undurchsichtigere
       Geldflüsse geben. Die allgemeine Annäherung der arabischen Welt an Israel,
       zuletzt vor allem von Saudi-Arabien und Bahrain betrieben, wollen die
       Katarer so nicht mitmachen. Sie sehen sich in einer „Vermittlerrolle“, die
       sie durch eine allzu starke Annäherung an Israel gefährdet sehen. Im Grunde
       sind ihnen solche symbolischen Akte, und dazu gehört auch der Flug von
       US-Präsident Joe Biden vor einigen Wochen von Tel Aviv ins saudische
       Dschidda, zuwider. Sie wollen auf Äquidistanz zu Israel bleiben, dem
       Erzfeind.
       
       Die Katarer sind zwar Teil des [2][Golf-Kooperationsrates] verschiedener
       arabischer Nationen, da aber eher marginalisiert, weil sie die hegemonialen
       Bestrebungen der Saudis in der Region mit notgedrungen guten Beziehungen zu
       Iran – beide Länder teilen sich die riesigen unterseeischen Erdgasvorkommen
       im North Field – unterlaufen, jedenfalls nach dem Geschmack von Mohammed
       Bin Salman, dem saudischen Kronprinzen. Der Ansturm von jüdischen Fans muss
       in dieser Atmosphäre zu Friktionen führen, und es ist ausgerechnet das
       Essen, an dem nun offensichtlich ein Konflikt entbrannt ist. Der New Yorker
       Rabbi Marc Schneider hatte die Eröffnung der ersten jüdischen Küche in
       Katar bereits vor Wochen angekündigt. Schneider ist Vorsitzender der
       Foundation for Ethnic Understanding, einem internationalen Zentrum für
       muslimisch-jüdische Beziehungen, er glaubt an die Kraft der
       Völkerverbindung durch den Sport und ist seit fünf Jahren mit den Katarern
       in Kontakt.
       
       Eine Vereinbarung mit dem Caterer der Fluggesellschaft Qatar Airways wurde
       getroffen, die Küche untersteht der Aufsicht des Istanbuler Rabbiners Mendy
       Chitrik, Vorsitzender der Vereinigung der Rabbiner in der islamischen Welt,
       und seines Sohnes, Rabbiner Eliyahu Chitrik. Sie überwachen die Zubereitung
       von Bagels, aber auch von anspruchsvolleren Gerichten für orthodoxe
       jüdische Besucher mit dem Wunsch, nach den Regeln zu leben. Der Jüdische
       Weltkongress hat nun davon berichtet, dass die Zubereitung von koscherem
       Essen nicht zugelassen worden sei, genauso wie öffentliche Andachten mit
       einem Rabbiner. Ronald Lauder, Präsident des WJC, zeigte sich „empört über
       Berichte, dass die katarischen Behörden den Verkauf von gekochtem koscherem
       Essen verboten und Juden außerdem untersagt haben, sich im Zusammenhang mit
       ihrer Anwesenheit bei der WM zum öffentlichen Gebet zu versammeln“.
       
       Die Katarer führen an, sie könnten die Sicherheit der Betenden nicht
       garantieren. Verhungern muss freilich kein Fan aus Jerusalem oder
       Aschkelon. Obst und Gemüse gelten als koscher, und die Bagels werden
       hoffentlich doch noch im Beisein von Rabbi Chitrik gebacken.
       
       24 Nov 2022
       
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