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       # taz.de -- Katar und seine Opfer (5): Mohammeds Gedicht und seine Strafe
       
       > Der Dichter Mohammed Al-Ajami, genannt Mohammed Ibn Al-Dhib, wurde 2011
       > wegen eines Gedichts verhaftet. Nun wurde er erneut verurteilt.
       
       „Wolfssohn“, so lautet der Nachname, den der katarische Dichter Mohammed
       Ibn Al-Dhib für sich gewählt hat. Mit bürgerlichem Namen heißt er Mohammed
       Al-Ajami und ist dem katarischen Regime schon lange ein Dorn im Auge. 2011
       wurde Ibn Al-Dhib erstmals in Doha verhaftet. Der Vorwurf: Er solle in
       einem Gedicht den Emir beleidigt haben und rufe zum Umsturz auf. Zu dieser
       Zeit studierte Ibn Al-Dhib Literaturwissenschaften in Kairo.
       
       Unklar blieb zunächst, auf welches Werk die Justiz sich bei der Anklage
       überhaupt bezog. Vermutungen lauteten etwa, Auslöser sei das Gedicht
       „Tunesischer Jasmin“, in dem er schreibt: „Angesichts der Repression
       [1][sind wir alle Tunesien].“ Amnesty International nannte später ein
       anderes Gedicht, das Ibn Al-Dhib im August 2010 vor einem privaten Publikum
       in seiner Wohnung vortrug und das von einer Person bei Youtube hochgeladen
       wurde. Mohammed Ibn Al-Dhib blieb fünf Monate [2][in Isolationshaft] und
       wurde 2012 in einem geheimen Verfahren zu lebenslanger Haft verurteilt.
       Zuvor wurde er gezwungen, ein Dokument mit falschen Angaben zu
       unterzeichnen.
       
       ## In Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt
       
       Weltweit gab es Proteste gegen das Urteil. 2016 schließlich erhielt der
       Dichter eine königliche Begnadigung. Aus den Augen der Behörden war er
       nicht. 2022 wurde Mohammed Ibn Al-Dhib, der mittlerweile wohl in den
       Vereinigten Arabischen Emiraten lebt, in Abwesenheit erneut zu lebenslanger
       Haft verurteilt. Auslöser diesmal: Der Dichter soll auf Social Media die
       Demonstrationen des Al-Marrah-Stammes unterstützt haben.
       
       Lebenslange Haftstrafen erhielten auch die beiden Anwälte und Brüder Hazza
       und Rashid Ibn Ali Abu Sherida al-Marri. Stammesmitglieder hatten 2021
       friedlich gegen die Wahl des Schura-Rats demonstriert. Die Al Marrahs, eine
       Beduinengruppe mit Wurzeln in Saudi-Arabien, wurden von der Wahl
       ausgeschlossen, da sie als Zugewanderte gelten. Hazza bin Ali Abu Shurayda
       al-Marri hatte auf Twitter gegen das Wahlgesetz protestiert und die
       Freilassung von Kritikern gefordert.
       
       Dichter Mohammed Ibn Al-Dhib hat indes schon im Gefängnis aufgeschrieben,
       was er von diesem System hält: „Ich bin nichts als ein Gefangener /in einer
       Isolationszelle / Hier in meinem Land Unterdrückung / ist das, was uns
       unsere Rechte nimmt“.
       
       27 Nov 2022
       
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