# taz.de -- Präventivhaft für Letzte Generation: Eindeutig unverhältnismäßig
> Bei der Präventivhaft für die Letzte Generation wird mit Kanonen auf
> Spatzen geschossen. Durch die Klagen in Bayern wird damit wohl bald
> Schluss sein.
IMG Bild: Eine Aktivistin der letzten Generation auf dem Berliner Flughafen BER
In München wurden 13 Aktivist:innen der Letzten Generation [1][aus dem
Präventivgewahrsam entlassen]. Jedoch leider nicht, weil die bayerische
Polizei die Rechtswidrigkeit der Verhaftungen eingesehen hat, sondern nur
weil die Gruppe ihre Blockaden für eine Woche aussetzte. Das Problem ist
also nicht gelöst, nur verschoben.
Auf den ersten Blick war zwar rechtlich alles in Ordnung. Die Inhaftierten
hatten bisher angekündigt, sie würden sofort neue Straßenblockaden, also
Straftaten, begehen. Und das bayerische Polizeirecht erlaubt, Personen zur
Verhinderung angekündigter Straftaten bis zu 60 Tage in Gewahrsam zu
nehmen. Allerdings ist die Präventivhaft im Fall der Klimakleber
unverhältnismäßig. Hier wird Freiheitsentziehung angeordnet, um Straftaten
zu verhindern, für die bisher ausschließlich Geldstrafen verhängt wurden.
Hier wird also mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Die Justiz ist bisher aber nicht in der Lage, diese Fehleinschätzung der
bayerischen Polizei zu korrigieren. Das Münchener Amtsgericht, das die
Anordnungen laut Gesetz bestätigen muss, nickt sie bisher standardmäßig ab.
Und die Aktivist:innen verzichten aus Prinzip auf Rechtsmittel zum
Landgericht. Sie haben ihren Gefängnisaufenthalt längst zum „Mahnmal“
hochstilisiert.
Zum Glück ist es aber auch in diesem Konflikt möglich, die
Verhältnismäßigkeit durchzusetzen. So sind am Bayerischen
Verfassungsgerichtshof mehrere Klagen gegen die [2][2018 verschärfte
Regelung im Polizeiaufgabengeset]z anhängig. Hier könnte der Gerichtshof
auch klarstellen, dass P[3][räventivhaft nur zur Abwehr von Taten
angeordnet werden darf, die im konkreten Fall wohl mit Freiheitsstrafe]
geahndet werden.
Das Gleiche könnte auch im nächsten Koalitionsvertrag nach den bayerischen
Landtagswahlen im Oktober 2023 stehen. Schließlich wird die CSU auch in der
kommenden Wahlperiode auf einen (mäßigenden) Koalitionspartner angewiesen
sein. Die bayerische Überreaktion auf die Blockaden der Letzten Generation
hat also auch ein Gutes: Sie erleichtert eine Entschärfung des maßlosen
bayerischen Polizeirechts.
27 Nov 2022
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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