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       # taz.de -- Die Wahrheit: Klimarettung auf BER-Art
       
       > Der Berliner Flughafen hält einige Tücken für Fluggäste bereit. Aber
       > alles Unbill dient einer höheren guten Sache.
       
       Leb wohl, Berlin. Es war schön mit dir bei meinen Besuchen. Aber nun
       überwiegt die Angst, dass ich nicht mehr wegkomme. Vorigen Donnerstag, als
       ich nach einer Woche in der Hauptstadt zurück nach Dublin fliegen wollte,
       haben angeblich Klima-Aktivisten den Flughafenbetrieb gestört. Ein
       Flughafenangestellter, der anonym bleiben will, erzählt mir jedoch, dass an
       dem Tag das interne Skat-Turnier stattgefunden hat.
       
       „Da zwei Fluglotsen es ins Finale geschafft hatten, mussten wir den
       Flughafen für zwei Stunden lahmlegen“, sagt er. So schickten seine Kollegen
       ihre Kinder auf die Landebahn. „Die Teenager durften sich danach im Duty
       Free Shop eine Tafel Schokolade aussuchen.“
       
       Der BER sei der erste Flughafen weltweit, der sich der Klimarettung
       verschrieben habe, behauptet Juvil Fleino-Wehr. Er hatte im nordfinnischen
       Saariselkä einen Sado-Maso-Club betrieben, als er im November 2011 vom BER
       kurz vor der geplanten Eröffnung angeheuert wurde. „Der Flughafen war
       perfekt“, sagt Fleino-Wehr, „aber mein Auftrag war, den Passagieren das
       Fliegen zu verleiden.“
       
       Unter dem Vorwand des mangelhaften Brandschutzes wurde die Eröffnung sieben
       Mal verschoben. „Zunächst mussten die Rollsteige wieder ausgebaut werden,
       weil sie zu komfortabel waren“, sagt Fleino-Wehr. „Der Nebeneffekt ist,
       dass die Angestellten nachts auf den langen Gängen Straßenbowling spielen
       können.“ Außerdem wurden viele Hinweistafeln entfernt und viele Toiletten
       zugemauert.
       
       Der Interessenverband „Passagiere in ständiger Sorge, ob Flugzeuge fliegen“
       (PisSoFf) rät aus diesen Gründen, festes Schuhwerk – am besten
       Wanderstiefel – zu tragen und die Toilette zu benutzen, wenn man eine
       sieht, denn die Gelegenheit käme vielleicht nie wieder. „Wichtig ist auch,
       den Angaben auf dem Buchungsbeleg nicht zu vertrauen“, heißt es in der
       PisSoFf-Broschüre.
       
       Das stimmt. Der Bus hält am Terminal 1, aber wir sollen laut Beleg im
       Terminal 2 einchecken. Nach einem zünftigen Spaziergang durch Wind und
       Regen erklärt man uns, dass die irische Fluglinie Aer Lingus wegen
       „technischer Probleme“ den Schalter ins Terminal 1 verlegt habe. Also
       zurück. Nachdem wir schließlich völlig durchnässt unsere Koffer aufgegeben
       haben, gibt es keine Möglichkeit, den Gepäckwagen abzugeben. Der Pfand-Euro
       ist futsch.
       
       „Mit diesen Euros finanzieren wir unsere Betriebsausflüge“, sagt der
       anonyme Angestellte. „Eine weitere Geldquelle sind die Wasserflaschen des
       Christinenbrunnens für 1,50 Euro. Unsere Toilettenfrau Christine füllt die
       Flaschen während ihrer Arbeitszeit aus dem Wasserhahn ab.“
       
       Aer Lingus hat vor dem Einstieg ins Flugzeug noch eine Hürde aufgebaut: Man
       muss eine halbe Stunde auf einer zugigen Treppe warten, bevor man in die
       Maschine darf. Aer Lingus und der BER – eine Partnerschaft zum Wohle des
       Klimas.
       
       28 Nov 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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