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       # taz.de -- 20.000 Fans beim Frauenfußball: Premiere im Weserstadion
       
       > Werder Bremens Frauen unterliegen dem SC Freiburg knapp mit 1:2. Bei
       > ihrem allerersten Auftritt im Weserstadion schauen mehr als 20.000 zu.
       
   IMG Bild: Aus Traum wird Realität: Werders Frauen-Bundesligateam im Weserstadion
       
       Bremen taz | Als junges Mädchen hatte die Bremerin Nina Lührßen einen
       verwegenen Traum: „Seitdem ich klein bin, habe ich mir immer gewünscht, in
       diesem Stadion zu spielen“, sagte die 23-Jährige am Samstag in den
       Katakomben des Weserstadions nach der 1:2-Niederlage gegen den [1][SC
       Freiburg]. Der Wunsch war damals ungefähr so realistisch wie der,
       Astronautin zu werden. Denn Werder Bremen besaß bis zu Lührßens achtem
       Lebensjahr nicht einmal eine Mädchen- oder Frauenmannschaft.
       
       Seit 16:26 Uhr am Samstagnachmittag weiß Werders linke Außenbahnspielerin,
       dass ihre Wünsche zu bescheiden waren. In der 26. Minute des
       Bundesliga-Spiels gegen Freiburg legte Lührßen sich den Ball an der rechten
       Strafraumecke zum Freistoß zurecht, sah, dass die Torhüterin mittig stand,
       lief unterstützt vom rhythmischen Klatschen der Ostkurve an und zirkelte
       den Ball mit ihrem starken linken Fuß in Richtung des rechten Torwinkels.
       
       „Der Ball wurde immer länger und länger“, beschrieb Mannschaftskapitänin
       Lina Hausicke diesen Moment später. Als er unhaltbar einschlug, versetzte
       dies 20.400 Menschen augenblicklich in Ekstase. „Ich habe noch nie so viele
       Menschen für mich schreien hören“, sagte Lührßen später.
       
       Zwei Gründe gibt es wohl für den enormen Zulauf am Samstag. Zum einen das
       neue Interesse am Frauenfußball, das durch die mitreißenden Spiele der
       Europameisterschaft in England im Juli geweckt worden ist. Seitdem haben
       sich die Zuschauerzahlen in der Bundesliga deutlich erhöht. Zum letzten
       Heimspiel der Werder-Frauen gegen den [2][Spitzenreiter VfL Wolfsburg]
       waren 3.000 Zuschauer:innen auf den angestammten Platz 11 gekommen –
       gegenüber 100 in der Vorsaison.
       
       ## Amateur- und Frauenfußball und statt WM in Katar
       
       Und beim diesjährigen Saisoneröffnungsspiel zwischen Eintracht Frankfurt
       und Bayern München kamen gar 23.200 Zuschauer:innen. Der DFB hat ab der
       kommenden Saison einen neuen Fernsehvertrag ausgehandelt, der die
       TV-Einnahmen auf 5,17 Millionen Euro im Jahr verfünffacht.
       
       Dass die Bremerinnen bei ihrer Premiere im Weserstadion in die Nähe der
       Frankfurter Rekordkulisse kamen, lag auch an der zweiten gerade den Fußball
       verändernden Bewegung: Die zunehmende Abscheu gegen die Auswüchse des
       Männer-Profi-Fußballs, die angesichts der gerade laufenden WM in Katar neue
       Dimensionen erreicht.
       
       Statt die WM-Spiele im Fernsehen zu gucken, zieht es viele
       Fußballinteressierte dahin, wo der normale Spielbetrieb weiterläuft; in die
       Amateurligen oder eben zum Frauenfußball. Beim Spiel VfB Lübeck gegen den
       Hamburger SV II gab es am Freitagabend mit 7.505 Fans an der Lohmühle einen
       neuen Rekord für die Regionalliga-Nord der Männer.
       
       „Auch mit den Frauen wollen wir für besondere Momente sorgen und dauerhaft
       erstklassig Fußball spielen“, hatte Werders Sportvorstand Frank Baumann,
       der seit Kurzem auch für den Frauen-Fußball zuständig ist, vor dem Spiel
       erklärt. Zumindest der erste Teil dieser Absichtserklärung wurde am Samstag
       auf beeindruckende Art eingelöst. Die Stimmung im Stadion stand dem anderen
       besonderen Moment in diesem Jahr, dem Aufstiegsspiel der Männer-Mannschaft
       gegen Regensburg im Mai, kaum nach.
       
       Die Ultras füllten die Ostkurve schon weit vor Spielbeginn, empfingen die
       Spielerinnen mit Luftballons und Konfetti und stellten ihre Gesänge bis
       Spielende nicht ein. Auch die anderen Teile des Stadions waren von dem
       festen Willen beseelt, diesen Nachmittag zu einem Fest zu machen, in dem
       nicht Aufstieg oder Meisterschaft gefeiert wird, sondern der Fußball
       selbst. Das meistgehörte Wort bei Spieler:innen und Publikum war
       „Gänsehaut“. Und nicht nur Werder-Trainer Thomas Horsch bekannte sich dazu,
       Tränen in den Augen gehabt zu haben.
       
       ## Abstiegskampf läuft bereits vor Ende der Hinrunde
       
       Die Spielerinnen dürften bei zahlreichen Kindern auf der Tribüne den Wunsch
       geweckt haben, auch einmal im Weserstadion zu spielen. Mit einer
       kämpferischen und über weite Strecken auch spielerisch überzeugenden
       Leistung zahlte der Tabellenvorletzte die Unterstützung zurück. Im gleichen
       5-3-2-System wie Werders männliche Mannschaften drückten sie den
       Tabellenfünften in den ersten 40 Minuten fast vollständig in dessen Hälfte
       zurück. Das von Hausicke organisierte Mittelfeld eroberte reihenweise Bälle
       und setze die schnellen Spitzen Maja Sternad und Jasmin Serhan in Szene.
       
       Mehr als der Freistoß-Treffer durch Lührßen sprang dabei allerdings nicht
       heraus. Und so wurde das Spiel doch noch zum Spiegelbild der bisherigen
       Saison, aus der bislang nur zwei Punkte herausgesprungen sind: Gut gespielt
       und trotzdem verloren.
       
       Die abgezockteren Freiburgerinnen nutzen zwei von drei Chancen zur Führung.
       In den letzten fünf Minuten versuchte das ganze Stadion den Ball zum
       Ausgleich ins Tor zu jubeln und man mochte sich kaum vorstellen, was
       passiert wäre, wenn der Kopfball von Hausicke kurz vor Schluss nicht an die
       Latte gegangen wäre.
       
       Aber auch so wurden die Spielerinnen noch lange nach dem Spiel vor der
       Ostkurve gefeiert. Für den Abstiegskampf, sagte Lührßen, könne man von dem
       Spiel eine Menge mitnehmen. Am kommenden Sonntag geht es zur direkten
       Konkurrenz nach Essen. Schlechter als bei Werder sieht es derzeit nur bei
       Turbine Potsdam aus.
       
       27 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Lorenzen
       
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