# taz.de -- Gerichtsurteil offenbart Gesetzeslücke: Neonazi-Tagesmutter darf arbeiten
> Aufgrund fehlender Regelung muss der Landkreis Ludwigslust-Parchim eine
> rechtsextreme Tagesmutter zulassen, urteilte das Verwaltungsgericht
> Schwerin.
IMG Bild: Mittlerweile verboten: Die „Heimattreue Deutsche Jugend“, hier bei einem Zeltlager 2006
Tagesmütter sind nicht verpflichtet, die Werte des Grundgesetzes zu
vermitteln. Das ist die Botschaft, die am vergangenen Donnerstag das
Verwaltungsgericht Schwerin vermittelte: Das Gericht urteilte zugunsten der
Rechtsextremen Claudia K. Sie pochte erfolgreich auf ihre angestrebte
Tätigkeit als Tagesmutter. Die Ablehnung des Landkreises
Ludwigslust-Parchim, K. als Tagesmutter zuzulassen, hob das Gericht auf.
Diese gerichtliche Bewertung klingt nach einem Freibrief für die
[1][rechtsextreme Szene]. Auch deshalb will der Landkreis die Entscheidung
nicht ohne Weiteres hinnehmen: Die vollständige schriftlichen
Urteilsbegründung möchte Christopher Pöschke zwar noch abwarten. Der Leiter
des Fachdienstes Recht, Kommunalaufsicht und Ordnung deutete aber schon an,
erneut vor Gericht zu ziehen.
Der Landkreis begründete die Ablehnung sowohl mit den Aktivitäten ihres
Mannes in der NPD als auch ihres Engagement in der rechtsextremen Szene.
Ihrer Tätigkeit als Tagesmutter stünde entgegen, dass eine schädliche
ideologische Einflussnahme auf die zu betreuenden Kinder nicht
ausgeschlossen sei.
Seit Jahren ist die Familie K. in der Region Ludwigslust tief in der Szene
verankert. Im niedersächsischen [2][Eschede] nahm Claudia K. an einem Event
der später verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ teil. Aufnahmen
belegen die Präsenz bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen im
rechtsextremen Geist für den „nationalen Widerstand“. Ihr Mann, Torgai K.,
wollte auch mal für die NPD zur Bürgermeisterwahl antreten.
## Keine gesetzliche Vorschrift für Tagespflegepersonen
Das Verwaltungsgericht sah entgegen der Ansicht des Landkreises keine
Gefährdung des Kindeswohls. In der vorgetragenen Begründung wies die Kammer
auf eine fehlende gesetzliche Vorschrift hin. Denn die bisher vorgetragenen
Argumente des Landkreises würden sich vor allem auf das
Kindertagesförderungsgesetz des Landes beziehen. Darin wird zwar von
Kindertagesstätten gefordert, die Ziele des Grundgesetzes in ihre Arbeit
einzubeziehen. Die Forderung bezieht sich aber nicht auf
Tagespflegepersonen. Das Gericht schlussfolgert so auch, dass für
Tagesmütter keine gesetzliche Vorschrift vorliege, „dem Grundgesetz
förderliche Arbeit“ leisten zu müssen.
In der rechtsextremen Szene soll die Idee der [3][eigenen Kinderbetreuung]
schon weit vor den staatlichen Maßnahmen wegen der Pandemie thematisiert
worden sein. Seit Beginn der Pandemie überlegten aber auch Menschen aus dem
Querdenken-Milieu, ihre Kinder [4][dem staatlichen Zugriff zu entziehen].
Beide Spektren streben auch im Norden teilweise gemeinsame Projekte an.
Zwar dürften in der Region Ludwigslust künftig kaum Kinder aus nicht
rechten Familien in Claudia K.s Obhut kommen – dafür ist ihre Gesinnung vor
Ort zu bekannt. Der Staat würde dann aber eine rechte Kindererziehung in
einer Kleingruppe alimentieren.
Noch ist Pöschke aber zuversichtlich: Die Anforderung der Grundgesetztreue
für Tagespflegepersonen ließe sich auch aus weiteren Vorschriften ableiten.
3 Dec 2022
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## AUTOREN
DIR Andreas Speit
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