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       # taz.de -- Ceta-Ratifizierung: Zeitenwende im Welthandel
       
       > Die Post-Ukrainekrieg-Weltordnung erfordert eine Abkehr von
       > diktatorischen Handelspartnern. Die inzwischen veränderte Ceta könnte ein
       > Vorbild sein.
       
   IMG Bild: Die Post-Ukrainekrieg-Weltordnung ist auch für den Handel eine Zeitenwende
       
       Was passiert mit BASF, VW oder Mercedes, wenn Peking eines Tages das
       „abtrünnige“ Taiwan angreifen sollte? Können sie ihre milliardenschweren
       Fabriken und Geschäfte in Fernost komplett abschreiben, wenn Sanktionen
       gegen Peking erlassen werden? Und: Kann Deutschland dann noch für die
       hiesige Industrie überlebenswichtige Rohstoffe in China kaufen?
       
       Das ist kein irres Szenario. Laut [1][internen Papieren rechnet das
       Bundeswirtschaftsministerium bis spätestens 2027] damit – und pocht auf
       schnellstmögliche Diversifizierung. Neue Handelspartner müssen her – und
       zwar blitzschnell. Am besten Demokraten.
       
       Die Post-Ukrainekrieg-Weltordnung ist auch für den Handel eine Zeitenwende.
       Da machen Ampel- und Unionsfraktionäre bella figura, wenn sie nach 13
       Jahren zähen Ringens endlich Ceta ratifizieren, den EU-Handelspakt mit
       Kanada, einem Land mit westlichen Werten.
       
       Weil Konzerninteressen die Demokratie auszuhebeln drohten, ging halb Europa
       2015 und 2016 gegen Ceta und [2][TTIP,] das Schwesterabkommen mit den USA,
       auf die Straße. Doch inzwischen geht es nicht mehr um Chlorhühnchen,
       ungekennzeichnetes Genfood, Umwelt- und Sozialstandards oder Konzerne, die
       Gesetze mitschreiben dürfen.
       
       ## Kanada als Partner ist Gold wert
       
       Ceta wurde inzwischen stark verbessert – und entschlackt. In den fünf
       Jahren, seit das Abkommen bereits teilweise in Kraft ist und die Zölle fast
       eliminiert hat, nahm der Handel mit Kanada um 30 Prozent zu. Zwar ist das
       Land mit einem Anteil von 0,6 Prozent am deutschen Handel als
       wirtschaftlicher Partner ein Zwerg, aber als globaler Mitstreiter für
       Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Gold wert.
       
       Ceta gilt inzwischen als Vorbild für ähnliche Handelspakte mit dem
       Mercosur-Staat Chile und mit Mexiko. Es setzt bereits Standards für andere
       Handelsverträge weltweit. Und ja, es gibt weiter den Haken der Extrarechte
       für Konzerne. Die Bundesregierung hofft, dass der Investitionsschutz für
       Unternehmen durch eine sogenannte Interpretationserklärung von Ceta
       gebändigt wird. Aber die Regierung in Ottawa hat diese Extraregel noch gar
       nicht abgenickt. Das ist ein Problem, aber im Vergleich zur Abhängigkeit
       von Autokraten und Kleptoregimen nicht das größte.
       
       Trotzdem nicht zu unterschlagen: Auch der Handel mit Demokratien ist kein
       Honeymoon. Stichwort [3][Protektionismus]. Als „superaggressiv“
       kritisiert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die neuen gigantischen
       US-Subventionen. Zu Recht. Die winken für Windräder oder Solaranlagen aus
       US-Stahl oder für E-Autos „made in USA“. Tesla prüft bereits, Batterien
       nicht in Brandenburg, sondern in den Staaten zu bauen.
       
       1 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/ministerium-legt-strategiepapier-vor-habeck-rechnet-mit-annexion-taiwans-durch-china-bis-2027-8950222.html
   DIR [2] /Oekonom-Gabriel-Felbermayr-ueber-Freihandelsabkommen/!5725395
   DIR [3] https://www.deutschlandfunk.de/bundeswirtschaftsminister-habeck-will-europaeische-robuste-antwort-102.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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