URI: 
       # taz.de -- US-Präsidentschaftswahlen 2024: Trump in neuer Rolle als Langweiler
       
       > Donald Trump erklärt seine Präsidentschaftskandidatur für 2024. Doch
       > seine Rede ist ein Aufguss alter Slogans. Die Kabelsender klinken sich
       > früh aus.
       
   IMG Bild: Trumps Kandidatur-Ankündigung klingt so leidenschaftlos – fast als würde er selbst nicht dran glauben
       
       New York taz | Donald Trump hat seine erneute Kandidatur um die
       US-Präsidentschaft 2024 erklärt. Aber die groß angekündigte Rede von seinem
       Anwesen Mar-a-Lago in Florida war seelenlos und langatmig. Die großen
       Kabelsender – darunter auch sein einstiger Hofsender Fox News – brachen
       ihre Übertragung lange vor dem Ende seiner Rede ab.
       
       In der Rede wiederholt Trump sein Eigenlob über seine „glorreiche“
       Präsidentschaft und seine Lügen über den angeblichen Wahlbetrug 2020. Er
       lehnt jede Verantwortung für die [1][schweren Niederlagen] der von ihm
       protegierten republikanischen Kandidaten bei den Halbzeitwahlen eine Woche
       zuvor ab.
       
       Die Unterlagen, die seine Kandidatur offiziell machen, hat Trump am
       Dienstag bereits eingereicht.
       
       Als Zustandsbeschreibung für sein Land wählt er seine üblichen
       endzeitlichen Beschreibungen. Die USA nach ihm, so Trump, seien „die
       Lachnummer der Welt“. Zu den Worten, die er in seiner mehr als einstündigen
       Rede am häufigsten benutzt, gehören „Verwüstungen“ und „Zerstörungen“, für
       die er die „linken und radikalen Demokraten“ verantwortlich macht.
       
       ## Republikaner halten Abstand zu Trump
       
       Das Publikum besteht aus mehreren Hundert handverlesenen Leuten. Während
       Trump vor einer Batterie von US-Fahnen spricht, hören sie stehend zu. Aber
       ihre Begeisterung hält sich in Grenzen, der Applaus ist tröpfelnd.
       Auffallend ist die komplette Abwesenheit der Führungsriege der
       Republikanischen Partei, inklusive einiger der engsten Trump-Vertrauten.
       Selbst seine älteste Tochter Ivanka und ihr Mann Jared Kushner, einst seine
       engen Mitarbeiter im Weißen Haus, lassen sich nicht blicken.
       
       Zahlreiche andere republikanische Politiker, darunter potenzielle
       Konkurrenten von Trump im Jahr 2024, waren in den Stunden vor der
       Veranstaltung öffentlich auf Distanz gegangen. Sein einstiger Vizepräsident
       Mike Pence erklärte in einem Interview: „Ich glaube, wir werden 2024 eine
       bessere Wahl haben“. Mick Mulvaney, einer von Trumps Stabschefs im Weißen
       Haus, sagt: „Er ist der einzige Republikaner, der verlieren kann“. Und
       Laura Ingraham, rechte Moderatorin und eine von Trumps ideologischen
       Wegbereitern in Radio und Fernsehen, macht deutlich, dass sie 2024 jemand
       anderen unterstützen wird: „Es geht nicht um eine Person, nicht um ein
       Ego“.
       
       Trumps Kandidatur zwei Jahre vor den Präsidentschaftswahlen kommt
       ungewöhnlich früh. Mit ihr hat der 76-Jährige alle anderen potenziellen
       Präsidentschaftsbewerber seiner Partei überrumpelt. Die meisten anderen
       sind zwei bis drei Jahrzehnte jünger und haben in den letzten Jahren als
       seine Alliierten Karriere in der Partei gemacht. Der gegenwärtig
       bestplatzierte von ihnen ist [2][Ron DeSantis]. Bei den Midterms hat er mit
       20 Prozent Vorsprung zum zweiten Mal die Gouverneurswahlen in Florida
       gewonnen.
       
       DeSantis’ Name ist auch in Mar-a-Lago präsent: Wenige Stunden vor Trumps
       Rede zieht ein Flugzeug mit einem Banner Kreise über Trumps Anwesen: „Du
       hast wieder verloren, Donald.#DeSantis2024“. Trump revanchiert sich, indem
       er DeSantis am Abend mit keiner Silbe erwähnt. Stattdessen lobt er Greg
       Abbott. Der Republikaner hat vergangene Woche zwar auch eine neue Amtszeit
       als Gouverneur von Texas gewonnen, ist aber für Trump bislang nicht
       annähernd so gefährlich wie DeSantis.
       
       ## Aufguss alter Slogans
       
       Vieles in der Ankündigung in Mar-a-Lago klingt wie eine Wiederholung von
       Trumps erster Kandidatur im Juni 2015. Damals fuhr er eine Rolltreppe in
       seiner New Yorker Hochhausresidenz an der 5th Avenue hinunter, um seine
       Kandidatur zu verkünden. Wie damals begleitet ihn auch dieses Mal wieder
       seine Gattin Melania. Aber sie lässt sich nur kurz vor und kurz nach seiner
       Rede neben ihm blicken und verschwindet ansonsten in der Menge.
       
       Wie 2015 schießt Trump auch dieses Mal wieder mit Worten scharf gegen
       Immigranten. Er zieht dieselbe direkte Linie von Immigranten zu
       Drogendealern. Verlangt die Abschiebung von Kriminellen und die Todesstrafe
       für Dealer. Und kündigt mehr Mauer an der Südgrenze an.
       
       Wie damals wiederholt er erneut das Versprechen, als Präsident werde er die
       Amtszeiten von Kongressabgeordneten begrenzen und ihnen Lobbyarbeit nach
       dem Ende ihres Wahlamtes verbieten. In seinen vier Jahren im Weißen Haus
       allerdings hat er keine Anstalten gemacht, dieses Versprechen, das den
       Kongress gegen ihn aufgebracht hätte, umzusetzen.
       
       Und selbst die Mauer, die von Anfang an eine zentrale Rolle in seinem
       Programm spielte, ist während seiner Amtszeit nur um 47 zusätzliche Meilen
       länger geworden. Der restliche Mauerbau der Ära Trump bestand aus der
       Verstärkung und Aufstockung bereits existierender Mauerteile.
       
       ## Als würde er selbst nicht an eine Chance glauben
       
       Gegenüber 2015 neu hinzugekommen ist Trumps Reden vom „China-Virus“, womit
       er das Corona-Virus meint. Neu ist auch seine Lobeshymne auf seine
       Bewegung, die er als „die größte der Geschichte“ bezeichnet. Und neu ist
       seine Selbstdarstellung als „Opfer“, womit Trump die Dutzende von
       [3][Ermittlungs- und Gerichtsverfahren] meint, die sich unter anderem mit
       dem Verdacht von Korruption, Druck auf Wahlhelfer und Steuerhinterziehung
       befassen.
       
       In den letzten Jahren ebenfalls hinzugekommen sind Trumps Attacken gegen
       Joe Bidens angebliche Altersschwächen und der Spott über Angela Merkel, die
       er als einzige Politikerin während seiner Rede beim Vornamen nennt: „Wer
       erinnert sich heute noch an Angela?“
       
       Den alten Slogan „Macht Amerika wieder groß“ will Trump auch in seinem
       neuen Wahlkampf benutzen. In Mar-a-Lago taucht der Slogan auf ein paar
       roten Schirmmützchen und als Wanddekoration auf.
       
       Der Trump des Jahres 2022 bringt keine Überraschungen. Alles, was Trump in
       Mar-a-Lago sagt, ist alt und oft gehört. Von den „Fake Media“ bis zu dem
       „feuert Nancy Pelosi“. Selbst die Ankündigung seiner Kandidatur klingt so
       leidenschaftslos, als würde er selbst nicht daran glauben, dass er 2024
       eine Chance hat.
       
       16 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Midterms-in-den-USA/!5894187
   DIR [2] /Midterms-in-Florida/!5894241
   DIR [3] /Verfahren-gegen-Ex-Praesident-Trump/!5883264
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
   DIR USA
   DIR Donald Trump
   DIR Republikaner
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR GNS
   DIR Ron DeSantis
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR USA
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Die Republikaner in den USA: Süchtig nach Trump
       
       Nicht trotz, sondern wegen seiner Gerichtsverfahren führt Trump die
       Beliebtheitsskala seiner Partei an. Sexismus und Rassismus stört seine Fans
       nicht.
       
   DIR Präsidentschaftswahl 2024 in den USA: Nikki Haley will 2024 kandidieren
       
       Jung, weiblich, Migrationshintergrund und rechts: Nikki Haley, die
       Ex-Gouverneurin von South Carolina hat einiges, was die US-Republikaner
       brauchen.
       
   DIR US-Präsidentschaftskandidatur 2024: Musk für DeSantis, Trump gegen Ye
       
       Elon Musk hat vor, Floridas Gouverneur Ron DeSantis im Fall einer
       Kandidatur zu unterstützen. Dagegen holte sich Rapper Kanye West eine
       Abfuhr beim Ex-Präsidenten.
       
   DIR Trump kandidiert wieder fürs Weiße Haus: Politik in der ersten Person
       
       Trumps erneute Kandidatur ist eine Flucht nach vorn. Die daraus folgenden
       Machtkämpfe in seiner Partei sind für die Demokraten ein Geschenk.