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       # taz.de -- Öffentlich Rechtliche und Kinder: Ein Medienhaus als Villa Kunterbunt
       
       > Der MDR bepreist jetzt Schlaflieder vom Kinderchor – das ist gut. Der ÖRR
       > braucht mehr rote Zora und Pipi Langstrumpf.
       
   IMG Bild: Würde das Programm mal etwas bunter machen: Pipi Langstrumpf
       
       Die letzten Wochen ist ja manchmal der Eindruck entstanden, die
       öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten glichen einem Bewegungsraum in der
       Kita am Nachmittag. Alle sind ganz aufgeregt und brüllen durcheinander.
       Dass der MDR parallel [1][„Schlaflieder mit dem MDR-Kinderchor“] anpreist,
       ließe sich jetzt prächtig verhohnepipeln.
       
       „Wenn irgendwer aus der Medienblase das für ’n Sockenschuss hält, haben sie
       leider nichts begriffen“, sagt die Mitbewohnerin. Schließlich geht es um
       Lieder für Kinder von Kindern, begleitet vom MDR-Sinfonieorchester. Die 20
       Titel gibt’s jetzt zum Streamen und Mitsingen in der ARD Audiothek und ARD
       Mediathek.
       
       Noch mal, das ist [2][öffentlich-rechtlicher Kernauftrag]. Wenn sich die
       ganzen Großstrateg*innen aus der Politik mit ihren Forderungen, ARD und
       ZDF zu verschlanken, durchsetzen, wäre es dagegen um deren Chöre und
       Orchester traurig bestellt. Dabei läuft gerade da der direkte
       Kulturaustausch mit der Gesellschaft, den angeblich alle wollen. Hat schon
       mal jemand etwas von einem Kinderchor bei den Privaten gehört? Und auch die
       sattsam bekannten Exemplare wie die Thomaner oder Regensburgs Domspatzen
       und so weiter kommen nicht ohne satte Zuschüsse aus öffentlichen Kassen
       aus.
       
       Kinder zahlen zwar keinen Rundfunkbeitrag, aber ihre Eltern. Und der
       öffentlich-rechtliche Rundfunk ist [3][gerade auch für sie da], selbst wenn
       Kinderprogramm heute hauptsächlich im KiKA stattfindet. Dafür sind die
       Nachrichten bei „logo“ ja im Allgemeinen verständlicher als bei der
       „Tagesschau“. Vielleicht gehört, um es mal mit Herbert Grönemeyer zu sagen,
       der öffentlich-rechtliche Rundfunk eh in Kinderhände. Da wäre er besser
       aufgehoben als bei so manchen Kindsköpfen, die da gerade in der
       Medienpolitik und den Anstalten rumeiern.
       
       ## Wir sind noch nicht soweit
       
       Viel geiler wäre doch ein bisschen vom anarchisch-diversen Geist der frühen
       „Sesamstraße“ und von alten antiautoritären West-Legenden wie der
       „Rappelkiste“ oder „Krempoli“! Die „Rappelkiste“ kam vom ZDF, sendete
       68er-mäßig klar gegen den Muff der Bewahrpädagogik und war mit Ratz und
       Rübe schon schwer Gender-okay. „Krempoli“ (ARD) spielte bei Opa Krempel auf
       dem Sperrmüllsammelplatz und hieß im Untertitel „Ein Platz für wilde
       Kinder“. Einfach mal machen!
       
       So weit sind wir leider noch nicht. Aber immerhin kriegen ARD und ZDF jetzt
       von der Gesellschaft ein „Wieso, weshalb, warum?“ in den Bauch gefragt.
       Damit daraus eine öffentlich-rechtliche Villa Kunterbunt wird, brauchen wir
       aber auch die rote Zora mit ihrer Bande oder Pipi Langstrumpf, die den
       Laden weiter aufmischen. Und wenn wir uns ein Lied wünschen, dann
       [4][„Zähneputzen, pullern und ab ins Bett!“ von Knorkator].
       
       18 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.mdr.de/klassik/mdr-kinderchor/schlaflieder-kinderchor-produktion-100.html
   DIR [2] /Oeffentlich-rechtlicher-Rundfunk/!5886905
   DIR [3] /Sendung-mit-der-Maus/!5877930
   DIR [4] https://www.youtube.com/watch?v=G_qdVnZlqj8
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
       ## TAGS
       
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