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       # taz.de -- Russlands Krieg gegen die Ukraine: Einigung hier, Beschuss dort
       
       > Moskau stimmt der Verlängerung des Getreideabkommens mit der Ukraine zu.
       > Gleichzeitig greift Russland abermals ukrainische Städte an.
       
   IMG Bild: Mais für die Welt: Lieferungen über das Schwarze Meer sind für die nächsten 120 Tage gesichert
       
       Ein Hoffnungsschimmer: Das für die weltweiten Exporte von Nahrungsmitteln
       wichtige Ukraine-Getreideabkommen ist verlängert worden. Die unter
       Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei im Juli erzielte Einigung
       mit Russland werde für 120 Tage fortgeführt, bestätigten alle Beteiligten
       am Donnerstag. Der ukrainische Infrastrukturminister Olexander Kubrakow
       sprach von einem „wichtigen Schritt im globalen Kampf gegen die
       Lebensmittelkrise“.
       
       Die Frist zur Verlängerung wäre am Samstag abgelaufen. Das Abkommen sieht
       vor, dass die Ukraine trotz des russischen Kriegs durch einen
       Schutzkorridor im Schwarzen Meer ihr Getreide verschiffen kann. Im Gegenzug
       fordert Russland aber von den UN auch Unterstützung, um seine eigenen
       Agrarprodukte ausliefern zu können.
       
       Diese unterliegen zwar nicht explizit den von den USA und der EU im Zuge
       des Kriegs verhängten Sanktionen. Sie werden aber nach russischer
       Darstellung durch die Strafmaßnahmen gegen die russischen Finanz- und
       Logistiksektoren stark behindert.
       
       UN-Generalsekretär Antonio Guterres betonte, die Vereinten Nationen würden
       sich umfassend dafür einsetzen, auch die Hindernisse für russische
       Nahrungsmittel- und Düngerexporte zu beseitigen.
       
       Die Vereinten Nationen und die Ukraine hatten eine Verlängerung des
       Abkommens um ein Jahr angestrebt statt der nun vereinbarten 120 Tage. Das
       russische Präsidialamt bestätigte, dass es der Verlängerung des Abkommens
       zugestimmt und auch keine Änderungen verlangt habe. Die USA, Großbritannien
       und die EU hätten erklärt, Exporte russischer Lebensmittel und Düngemittel
       nicht zu sanktionieren. Das sei ein Fortschritt, und es werde daran
       gearbeitet, auch die verbliebenen Hindernisse vollständig zu beseitigen,
       hieß es weiter.
       
       ## Zynische Erklärungen
       
       Unterdessen meldete die Ukraine auch an diesem Donnerstag erneut russische
       Angriffe auf mehrere Städte. Über der Hauptstadt Kyjiw seien zwei
       Marschflugkörper abgeschossen worden. Russland habe erneut iranische
       Drohnen eingesetzt, teilte die zuständige Militärverwaltung mit. Auch die
       Städte Odessa, Charkiw und Dnipro waren unter Beschuss. In Dnipro wurden 23
       Menschen verletzt, wie der Leiter des Gebietes Dnipropetrowsk, Walentin
       Resnitschenko mitteilte.
       
       So aufschlussreiche wie zynische Erläuterungen hatte wie immer
       Kreml-Sprecher Dmitri Peskow parat. Der Umstand, dass viele Regionen der
       Ukraine nicht mit Wärme und Strom versorgt würden, sei eine direkte Folge
       der Weigerung Kyjiws, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, zitiert die
       russische Nachrichtenagentur Interfax Peskow. Die Raketenangriffe richteten
       sich gegen Objekte der Infrastruktur in der Ukraine, die angeblich
       „direkt oder indirekt mit dem militärischen Potenzial der Ukraine
       verbunden“ seien, sagte Peskow weiter.
       
       Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski kündigte am Donnerstag an,
       dass sich ukrainische Spezialisten an einer internationalen Untersuchung zu
       den Vorfällen in Polen beteiligen würden. Dort waren am Dienstag in der
       Nähe der Grenze zu Ukraine zwei Raketen eingeschlagen, zwei Landarbeiter
       waren getötet worden. Die Nato-Staaten, allen voran Polen, hatten mit
       Zurückhaltung und Besonnenheit reagiert.
       
       Das sei angemessen, heißt es dazu in einem Kommentar auf der ukrainischen
       Webseite Novoje vremja. Es sei absolut falsch, der Nato Feigheit
       vorzuwerfen und von ihr eine militärische Antwort zu fordern. „Wenn
       Russland Krieg gegen Belarus führte und in der Westukraine eine Rakete
       niederginge, würde kein verantwortungsvoller ukrainischer Politiker dazu
       aufrufen, in den Krieg einzutreten.“
       
       17 Nov 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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