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       # taz.de -- Aufstand in Iran: Raketen auf Irak, Panzer in Mahabad
       
       > Iran greift kurdische Ziele im Irak an. Aus der eigenen Kurdenregion
       > berichten Augenzeugen von brutalem Vorgehen gegen Protestierende.
       
   IMG Bild: Ort umfangreicher Proteste gegen das iranische Regime, Mahabad am 19. November
       
       Erbil/Teheran ap/afp/dpa | Während das iranische Militär im iranischen
       Kurdengebiet offenbar brutal gegen Demonstrierende vorgeht, hat es mit
       Raketen und Drohnen Ziele im Norden des benachbarten Irak angegriffen.
       Gegolten hätten die Angriffe am Sonntagabend „separatistischen und
       terroristischen Gruppen“, hieß es in einer Mitteilung auf der Webseite der
       iranischen Revolutionsgarden am Montag.
       
       Der Iran wirft kurdisch-iranischen Gruppen im Exil vor, zu den Protesten
       gegen die religiöse Führung des Landes anzustiften und Waffen über die
       Grenze zu schmuggeln. Immer wieder greift Teheran Stellungen solcher
       Gruppen im Irak an.
       
       Bei einem Besuch in Bagdad vergangene Woche drohte der Anführer der
       Quds-Einheit der Revolutionsgarde, Esmail Ghaani, sogar mit einer
       Bodenoffensive in den Irak, sollte die dortige Regierung die gemeinsame
       Grenze nicht vor den kurdischen Gruppen absichern.
       
       Eine Gruppe iranischer Kurden im Exil bestätigte die Angriffe, berichtete
       aber, dass dort Flüchtlingslager und ein Krankenhaus getroffen worden
       seien. Kurdischen Angaben zufolge ist mindestens ein Mensch ums Leben
       gekommen. „Ein Mitglied der Peschmerga wurde bei einem iranischen Angriff
       auf das Gebiet Kojsindschak getötet“, erklärte Ali Budaghi von der
       Demokratischen Partei Iranisch-Kurdistans (PDKI) am Montag. Als Peschmerga
       werden die Streitkräfte der autonomen Kurdenregion im Nordirak bezeichnet.
       
       Zuvor hatte der Anti-Terror-Dienst der autonomen Region von Angriffen
       berichtet. „Die Revolutionsgarden haben erneut iranisch-kurdische Parteien
       bombardiert“, hieß es. Der PDKI sowie der nationalistischen,
       iranisch-kurdischen Organisation Komala zufolge galten die Angriffe ihnen.
       
       Diese „wahllosen Angriffe“ geschähen zu einer Zeit, in der „das iranische
       Terrorregime“ nicht in der Lage sei, die anhaltenden Proteste im iranischen
       Kurdistan zu stoppen, erklärte die PDKI im Onlinedienst Twitter. Am frühen
       Montag berichtete die staatliche irakische Nachrichtenagentur INA ebenfalls
       von „iranischem Raketenbeschuss und Drohnenangriffen“, die auf „drei
       iranische Oppositionsparteien in Kurdistan“ im Irak gezielt hätten.
       
       ## Massive Gewalt in iranischer Kurdenregion
       
       In der kurdischen Stadt Mahabad im Nordwesten des Irans, nahe der Grenze
       zum Nordirak, kommt es Augenzeugen zufolge derweil zu massiver Gewalt.
       Demnach sollen Polizei- und Sicherheitskräfte am Samstagabend mit Panzern
       in die Stadt einmarschiert sein und wahllos auf Demonstranten geschossen
       haben.
       
       Auch der Strom in der Stadt wurde demnach kurzfristig abgeschaltet. Die
       Situation sei eskaliert – zahlreiche Einwohner wurden verletzt, wie
       Augenzeugen berichteten. Unklar war, ob es auch Tote gegeben hat. Die
       Schilderungen ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
       
       Die regierungsnahe Nachrichtenagentur Tasnim stellte die Situation anders
       dar: In der Nacht zum Sonntag hätten „bewaffnete Terroristen“ Privathäuser
       und öffentliche Einrichtungen in Brand gesetzt und die ganze Stadt und
       deren Einwohner in Panik versetzt. Mehrere Anführer der „Terrorgruppen“
       hätten jedoch überführt und inhaftiert werden können, so der Tasnim-Bericht
       unter Berufung auf örtliche Sicherheitsbehörden.
       
       Tausendfach in den sozialen Medien geteilte Videos zeigten Militärkonvois,
       die durch die Straßen fuhren. Die in Oslo ansässige
       Menschenrechtsorganisation Hengaw berichtete von Helikoptern, die über dem
       Himmel der kurdischen Stadt kreisten. Ort und Zeit der Aufnahmen ließen
       sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
       
       Medienberichten zufolge gab es am Samstagabend auch in anderen Teilen des
       Landes erneut Proteste gegen den repressiven Kurs der islamischen Führung.
       
       Die iranische Justiz leitete unterdessen Medienberichten zufolge
       Ermittlungsverfahren gegen mehrere Prominente aus Politik, Film und Sport
       ein. Zwei ehemalige Abgeordnete, fünf Schauspielerinnen und ein
       Fußballtrainer wurden demnach zum Verhör einbestellt. Ihnen werde
       vorgeworfen, sich in den sozialen Medien „provokant und beleidigend“
       Offiziellen gegenüber geäußert zu haben. Falls die Ermittlungen zu einer
       Anklage gegen die acht führen sollten, droht ihnen ein längerfristiges
       Arbeitsverbot.
       
       21 Nov 2022
       
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