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       # taz.de -- „Goblin Mode“ ist Wort des Jahres: Das Rumpelstilzchen-Zeitalter
       
       > Das Oxford Dictionary kürt „Goblin Mode“ zum Wort des Jahres. Ist die
       > Zivilisation am Ende? Oder hat die „Kobold-Werdung“ des Menschen gar
       > etwas Gutes?
       
   IMG Bild: Sind Sie auch im „Goblin Mode“?
       
       Wer bisher behauptete, die Welt befinde sich nicht in einer Abwärtsspirale,
       wir bekämen das alles schon irgendwie gedreht, den Atomkrieg verhindert,
       die Klimakipppunkte wieder eingefangen, der sei mit dieser Meldung nun ein
       für alle Mal auf den Boden der linguistischen Tatsachen zurückgeholt.
       
       An diesem Montag hat das renommierte Oxford English Dictionary sein Wort
       des Jahres gekürt und es sagt uns voraus, dass wir das mit der Weltrettung
       vergessen können. Der Grund: unsere gottverdammte Attitüde. Laut Oxford
       University Press verwandelt sich die Menschheit in kleine Rumpelstilzchen,
       innerlich wie äußerlich hässlich, missgünstig, zu nichts zu gebrauchen –
       und auch noch stolz drauf.
       
       „Goblin Mode“ lautet der Ausdruck, der eine Verwandlung beschreibt, die
       knapp 320.000 Abstimmungsteilnehmer:innen an sich selbst oder ihrem
       Umfeld beobachten. Es beschreibt „ein demonstrativ egomanes, faules und
       schludriges Verhalten, jegliche Erwartungen an einen selbst ablehnend“,
       heißt es in der Pressemitteilung.
       
       Der Begriff fuhr einen eindeutigen Sieg ein, 93 Prozent stimmten dafür,
       weit abgeschlagen die zweit- und drittplatzierten „Metaverse“ und der
       Solidaritätshashtag „#IStandWith“. Schaut man sich die Vorjahresgewinner
       „Climate Emergency“, „Toxic“ und „Post-Truth“ an, hätte man es wissen
       können: Der „Goblin Mode“ ist ultimative Eskalation,
       gesamtgesellschaftliches „Game over“ angesichts all der Krisen.
       
       ## Gemeinschaftlicher Griesgram
       
       Aber ist das so schlimm? Im offenbar angebrochenen
       Rumpelstilzchen-Zeitalter wird um des guten Willens wegen keine freundliche
       Fassade mehr aufrechterhalten, man ist schlecht drauf und zeigt es auch.
       Ganz besonders auf Social Media: #thegoodlife war schon immer Illusion,
       Skincare nervt und Breakfast-Bowls schmecken eh nicht.
       
       Also zelebrieren wir [1][bei BeReal unsere müden Augen], schminken uns
       nicht mehr ab und essen Cini-Minis zum Frühstück. „Goblin Mode“ ist auch
       eine Verabschiedung der „besten Version unserer selbst“, lange oberstes
       Instagram-Ziel, ob wir es nun fühlten oder nicht. Es ist das sichtbare
       Eingeständnis, vom state of the world überfordert zu sein und auch mal
       keinen Bock zu haben, dafür zu kämpfen, dass irgendwas besser wird. Und,
       wer weiß, vielleicht setzt unverhohlener gemeinschaftlicher Griesgram doch
       noch ganz neue Synergien frei.
       
       5 Dec 2022
       
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