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       # taz.de -- Kroatien tritt Schengen-Raum bei: EU-Ministerien lassen Kroatien rein
       
       > Bald gibt es keine Kontrollen mehr an der EU-Binnengrenzen zu Kroatien.
       > Aber nach Bulgarien und Rumänien bleibt alles wie gehabt.
       
   IMG Bild: Bald ohne Stopp über die Grenze: Kroatien ist volles Mitglied im Schengen-Raum
       
       Berlin taz | Neun Jahre musste Kroatien warten, am Donnerstag war es dann
       so weit: Das Land wird volles Mitglied des Schengen-Raumes. Kontrollen an
       den Binnengrenzen entfallen. Das beschlossen die EU-Innenminister bei ihrem
       Treffen in Brüssel.
       
       Der ebenfalls vorgesehene Beitritt Bulgariens und Rumäniens scheiterte am
       Veto Österreichs und der Niederlande. Beide fürchteten eine Zunahme der
       Migration über die Balkanroute.
       
       Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis90/Grüne)
       appellierte „an Österreich, das Nein gegenüber Rumänien und Bulgarien noch
       einmal zu überdenken“. Deutschland unterstützt die volle Aufnahme aller
       drei Staaten in den Schengen-Raum, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser
       (SPD) in Brüssel. Alle drei Länder hätten „erhebliche Fortschritte“
       gezeigt.
       
       Über Kroatien hatte die EU-Kommission genau dasselbe schon 2015 gesagt –
       und den vollen Schengen-Beitritt empfohlen. Das Land habe „alle
       erforderlichen Schritte erfüllt“, sagte damals Kommissionspräsident
       Jean-Claude Juncker. Doch es sollte noch sieben Jahre dauern, bis es so
       weit war.
       
       ## Kroatien soll neue Balkanroute verhindern
       
       Bulgarien und Rumänien waren 2007, Kroatien 2013 der EU beigetreten. Seit
       dem Vertrag von Amsterdam 1999 ist damit auch die Mitgliedschaft im
       Schengener Abkommen verbunden. Dies umfasst eine Reihe von Regelungen, die
       wichtigste ist die Abschaffung der Kontrollen an den Grenzen zu anderen
       EU-Staaten.
       
       Doch die entfallen nicht sofort nach dem Beitritt, sondern erst, wenn die
       Staaten sogenannte Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt haben. Dazu zählen
       Instrumente der Polizeizusammenarbeit, gemeinsame Fahndungsdatenbanken,
       eine gemeinsame Visa- und Asylpolitik und vor allem eine „Harmonisierung
       und Verstärkung des Außengrenzschutzes“, sofern die Staaten an den
       EU-Außengrenzen liegen. Das ist bei Rumänien, Bulgarien und Kroatien der
       Fall.
       
       Die Binnengrenzkontrollen zum Rest der EU werden erst abgeschafft, wenn die
       Innenminister der übrigen Länder und das EU-Parlament entscheiden, dass der
       Kandidatenstaat den Außengrenzschutz im Griff hat. Denn sie bewachen die
       Außengrenzen für die anderen Staaten gewissermaßen mit. Doch was genau
       erfüllt sein muss, liegt letztlich im Ermessen des Rats der Innenminister,
       festgelegt ist es nur vage.
       
       Formal gesehen darf die Verweigerung der Einreise für Asylsuchende dafür
       natürlich kein Kriterium sein. Doch seit 2015 war die Angst vor einer neuen
       „Balkanroute“ so groß, dass die Innenminister von Kroatien schlichtweg
       erwarteten, eine solche zu verhindern. Anderenfalls bekäme es den vollen
       Schengen-Status nicht.
       
       Das war einer der Gründe, weshalb Kroatien ab etwa 2017 immer offener
       Tausende Flüchtlinge mit teils roher Gewalt zurück über die Grenze nach
       Serbien, Bosnien und Montegero schickte. Dabei lehnte Kroatien einen
       Einsatz der EU-Grenzschutzagentur Frontex auf seinem Territorium ab. Die
       Regierung fürchtete offenbar, Frontex könnte bei den Pushbacks stören.
       
       8 Dec 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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