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       # taz.de -- Einführung des Euros in Kroatien: Symbole Kroatiens sollen bleiben
       
       > Für Kroatien beginnt mit dem 1. Januar 2023 der Wechsel zum Euro. Der
       > Tourismus heißt die Änderung willkommen, andere trauern um die Währung
       > Kuna.
       
   IMG Bild: 33 kroatische Euro-Münzen im Wert von 13,28 Euro – oder 100 Kuna Foto: Sanjin Strukić/Pixsell/imago
       
       Slatine taz | Die Verkäuferin im Samoposluga, dem Selbstbedienungsladen im
       alten Dorfkern von Slatine bei Split, schaut verwundert auf den
       Fragesteller. Nein, sie habe noch keinen vollständigen Satz des neuen
       Geldes, des kroatischen Euro, gesehen. Auch die umstehenden Kunden schauen
       bedrückt. Sie können sich noch nicht richtig vorstellen, wie die
       Währungsumstellung am 1. Januar funktionieren soll.
       
       Daran, dass die Kuna erst nach der Unabhängigkeitserklärung von Jugoslawien
       1991 eingeführt wurde, erinnern sich nur die Älteren. „Zuerst gab es noch
       den kroatischen Dinar“, sagt Ante, der jahrzehntelang als Matrose auf
       Weltmeeren unterwegs war. „Erst 1994 wurde die Währung in Kuna umbenannt.“
       Ante erinnert sich, dass es damals eine Diskussion um den Namen der neuen
       Währung gegeben hat. Die Kuna heißt übersetzt „Marder“ und sollte mit den
       100 „Lipa“ an das frühe Mittelalter erinnern, als Tierfelle noch als
       Währung dienten.
       
       In Wirklichkeit wurde damals von rechten Kräften in der Regierung an eine
       bestimmte Zeit angeknüpft. Denn die Kuna, die „Marderfelle“, waren bereits
       1941 schon einmal eingeführt worden – vom kroatischen Ustascha-Staat, der
       von Hitler unterstützt wurde.
       
       Aus diesem Grund gab es bei der Einführung der Kuna viel Protest.
       Opferverbände und Ex-Partisanen bemängelten, dass an der Währung das Blut
       Hundertausender Oppositioneller, Juden, Roma oder Serben klebe. Allerdings
       schlug diese Diskussion bei vielen Kroaten bis heute nicht wirklich durch,
       Ante eingeschlossen.
       
       ## Der Kuna gehört zur kroatischen Identität
       
       Er finde dieses Geld praktisch, die Münzen hätten nur wenig Gewicht und
       Wert, erklärt er. „Man trägt die Scheine mit sich, dazu braucht man kein
       Portemonnaie“ – die Hosentaschen würden ausreichen. Außerdem sei dies
       „unser“ Geld, so Ante.
       
       Denn trotz des Krieges mit Serbien bis 1995 war die Währung stabil
       geblieben. Dass Kroatien mit der Kuna erfolgreich war, geben auch Kritiker
       von damals heute zu. Daher gehöre die Währung zur heutigen kroatischen
       Identität: „Wir wurden 1998 und 2022 Dritter bei den
       Fußballweltmeisterschaften, 2018 waren wir im Endspiel“, betont Ante.
       
       Mit dem Jahreswechsel wird auch die Zeit der Kuna bald vorüber sein. Obwohl
       seit Monaten alle Waren in Euro ausgezeichnet sein sollten, zahlen Menschen
       im Samoposluga noch wenige Tage vor Silvester nur mit Kuna.
       
       Bislang versucht niemand, mit den noch fremd anmutenden Cent- oder
       Euro-Münzen Brot, Milch oder Früchte einzukaufen. Bis zum 14. Januar sollen
       übergangsweise beide Währungen gelten. Dann aber soll es nur noch den Euro
       geben.
       
       ## Auf dem neuen Euro sind Symbole Kroatiens
       
       Symbole Kroatiens werden [1][auf den neuen Münzen weiter verbleiben]. So
       sind in einer mittelalterlichen Schrift die Buchstaben HR graviert, also
       Hrvatska, kroatisch für Kroatien. Auf den Münzen ist Nikola Tesla
       abgebildet, Erfinder und Begründer der modernen Elektrotechnik, der am 10.
       Juli 1856 in Lika geboren wurde – Eine Region, die ehemals zum
       Habsburgerreich gehörte.
       
       Der aus einer serbischen Familie stammende Tesla studierte in Graz und
       Prag, wurde in Paris Mitarbeiter der Continental Edison Company und ging
       1884 nach Amerika. Dort arbeitete er für Edison und schließlich für
       Westinghouse. Mit den neuen Münzen will Kroatien Teslas Glanz in die EU
       mitbringen.
       
       Für die Regierung und vor allem für den Tourismus ist die Einführung des
       Euro ein Muss. Das Land mit seinen 4 Millionen Einwohnern lebt
       hauptsächlich vom Tourismus, für die ersten elf Monate im Jahr 2022
       verzeichnete es 16 Millionen ausländische Urlauber.
       
       ## Der Tourismus profitiert vom Euro
       
       Viele Menschen im Dorf Slatine, berüchtigt für seine kilometerlangen
       Strände und Buchten, profitierten in den vergangenen Jahren [2][von einer
       Tourismuswelle]. So kam es zu Neueröffnungen von Hotels und Restaurants.
       
       „Dann verschwinden auch die überhöhten Umwechselgebühren in den Bankomaten,
       die viele Touristen verärgert haben,“ sagt ein Händler am Hafen. Der
       Wechselkurs ist fixiert, ein Euro ist 7,5345 Kuna wert.
       
       Die Banken propagieren jetzt bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten. Viele
       Geschäfte, darunter auch der Samoposluga im alten Teil von Slatine,
       schafften sich entsprechende Geräte an. Ältere Menschen wie Ante blicken
       allerdings mit Sorge in die Zukunft: „Das Leben wird zwar moderner, aber
       auch unpersönlicher und kälter“, resümiert er.
       
       29 Dec 2022
       
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   DIR Erich Rathfelder
       
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