# taz.de -- Präsidentschaft in Brasilien: Breitseite gegen Bolsonaro
> Brasiliens Wahlgericht lehnt eine Klage wegen Wahlanfechtung ab.
> Stattdessen muss der scheidende Präsident eine hohe Geldstrafe zahlen.
IMG Bild: Wird bald an Lula übergeben müssen: Brasiliens abgewählter rechter Präsident Bolsonaro
Rio de Janeiro taz | Das Oberste Wahlgericht Brasiliens hat eine Klage des
amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro und seiner Liberalen Partei (PL)
abgelehnt, mit dem der Verlierer der vergangenen Präsidentschaftswahl einen
Teil der Wählerstimmen für ungültig erklären lassen wollte. Es gebe
keinerlei Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten, sagte der Vorsitzende
Richter Alexandre de Moraes am Mittwochabend.
Bolsonaro hatte geltend gemacht, bei 279.000 elektronischen Wahlmaschinen
habe es Probleme gegeben. Unabhängige Expert*innen bestreiten die
Vorwürfe. Laut Richter Moraes basiere der Antrag auf einem falschen
Narrativ und sei rechtswidrig. Die PL habe keinerlei Beweise für einen
Wahlbetrug vorlegen können. Moraes brummte den Antragsstellern eine
Geldstrafe in Höhe von umgerechnet rund vier Millionen Euro auf, entschied,
Parteigelder einzufrieren und kündigte weitere Ermittlungen an.
Am 30. Oktober hatte der rechtsextreme Amtsinhaber Bolsonaro die
[1][Stichwahl] gegen Luiz Inácio „Lula“ da Silva verloren. Am 1. Januar
2023 wird der Sozialdemokrat in der Hauptstadt Brasília vereidigt.
Bolsonaro hatte monatelang Stimmung gegen die demokratischen Institutionen
gemacht und immer wieder Zweifel am elektronischen Wahlsystem gesät. Zwar
ließ er nach der Wahl [2][erklären], dass eine Amtsübergabe eingeleitet
werde. Allerdings gratulierte er weder Lula zum Wahlsieg, noch gestand er
seine Niederlage direkt ein.
Besonders skurril: Die Beschwerde der PL vor dem Obersten Wahlgericht
bezieht sich nur auf die Stichwahl. Das könnte damit zusammenhängen, dass
die Partei in der ersten Runde [3][starke Ergebnisse] erzielte und mit 99
Abgeordneten und acht Senator*innen in das Parlament gewählt wurde.
Auch Bolsonaro schnitt deutlich besser ab als erwartet.
Mit der jüngsten Entscheidung dürfte die letzte Hoffnung im Bolsonaro-Lager
gestorben sein, das Wahlergebnis auf rechtlichem Weg anzufechten. Von
vielen Expert*innen wird die Beschwerde ohnehin eher als Versuch
gewertet, die Anhänger*innen weiter zu mobilisieren. Die Entscheidung
und die harte Strafe wird bei vielen Bolsonaro-Fans das Narrativ
bestätigen, es sei ein Komplott „des Systems“ im Gange.
Richter Alexandre de Moraes, der auch Mitglied des Obersten Gerichtshofes
ist, gilt vielen Rechten schon lange als [4][Hassfigur] und Kopf einer
großen Verschwörung. Seit der Wahlniederlage gehen Bolsonaro-Anhänger*innen
im ganzen Land [5][auf die Straße], um gegen die „geraubte Wahl“ zu
demonstrieren. Mit weiterer Radikalisierung ist zu rechnen.
24 Nov 2022
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## AUTOREN
DIR Niklas Franzen
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