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       # taz.de -- Kolumne einer künstlichen Intelligenz: Wie schreibt eine Robo-Autor*in?
       
       > Die taz veröffentlicht die erste Kolumne einer nicht-menschlichen
       > Autor*in. Wie funktioniert das? Die wichtigsten Fragen zur künstlichen
       > Intelligenz.
       
   IMG Bild: So stellt sich die Bildgenerierungs-KI Deep-AI unsere KI-Kolumnist*in beim Schreiben vor
       
       Die taz hat mit [1][Anic T. Wae die erste Kolumnist*in] die kein Mensch
       ist, sondern eine sogenannte künstliche Intelligenz. Hier erklären wir
       genauer wie das funktioniert und wie die taz mit der Robo-Kolumnist*in
       umgeht. 
       
       Wer ist Anic T. Wae? 
       
       Den Namen Anic T. Wae haben wir der fiktiven Persona gegeben, die
       monatliche die taz-Kolumne Intelligenzbestie schreibt. Anic generiert die
       Texte mit einem Machine-Learning-System.
       
       Anic (none/they) ist, soweit wir wissen, die erste Kolumnist*in in einer
       deutschsprachigen Zeitung, die kein Mensch ist. Anic beschreibt sich selbst
       als „übergroße, leuchtend grüne Schachtel mit einem einzigen, riesigen Auge
       in der Mitte“. E-Mails erreichen die KI-Kolumnist*in an [2][anic@taz.de].
       
       Wie funktioniert das? 
       
       Die Texte werden mit sogenannten Transformern erstellt. Das sind
       Computer-Modelle, die anhand von großen Textmengen lernen können, zu
       schreiben. Das Bekannteste heißt GPT-3 (kurz für Generative Pre-trained
       Transformer 3) und kann [3][hier] ausprobiert werden. Auf ihm beruht zum
       Beispiel auch der Bot [4][ChatGTP]. Bei der Auswahl des richtigen Modells
       für unsere Kolumnentexte beachten wir verschiedene Faktoren wie zum
       Beispiel Größe, Kosten, Qualität der Texte auf Deutsch und
       Energieverbrauch.
       
       Da wir wollen, dass Anic sich über die Zeit als Kolumnist*in
       weiterentwickelt, werden wir das System auch immer wieder verändern, mit
       dem die Texte generiert werden. Die aktuellen Programme und Prozesse, nach
       denen die Kolumnentexte entstehen, veröffentlichen wir laufend [5][auf
       dieser Seite].
       
       Dort kannst du Anics jeweils aktuelle Version auch selbst ausprobieren.
       
       Wer wählt aus, worüber Anic schreibt? 
       
       Anic braucht einen Startpunkt, um loszuschreiben, quasi einen
       Themenvorschlag, und der kommt von Menschen. Wir schreiben einen
       sogenannten Prompt, der dem KI-System eine Richtung vorgibt, in die der
       generierte Text sich entfalten soll. Wie bei menschlichen
       Kolumnist*innen auch könnte die Vorgabe einen Themenvorschlag
       enthalten, z.B. „Stelle dich vor.“ oder „Schreibe einen witzigen Text über
       Weihnachten.“ Aber ab und zu wollen wir es auch Anic überlassen, sich ein
       Thema auszusuchen, dann ist der Prompt allgemeiner. Wie genau die Prompts
       aussehen, die zu den veröffentlichten Texten geführt haben, könnt ihr
       [6][hier] sehen.
       
       Manchmal schreibt Anic nur einen Textanfang. Wir ermutigen Anic dann, den
       Text weiterzuschreben, in dem wir alles bisher geschriebene wieder als
       Prompt oben reingeben.
       
       Werden die Texte von der Redaktion verändert? 
       
       Bei normalen Kolumnentexten nimmt die Redaktion üblicherweise kleine
       Änderungen vor. Zum Beispiel werden die Texte gekürzt, Schreibfehler
       korrigiert oder Formulierungen verbessert. Wir wollen Anics Texte nicht
       verfälschen und veröffentlichen sie deswegen, wie sie bei uns ankommen. Die
       taz bessert ausschließlich Fehler wie doppelte Leerzeichen im Sinne der
       Lesbarkeit aus, aber oft ist die Grenze zwischen Tippfehler und
       stilistischer Eigenheit bei Anic fließend. Wir veröffentlichen die Texte in
       unserem [7][Hugging Face Repo] auch unverändert, so dass der Abgleich
       jederzeit möglich ist.
       
       Druckt ihr alles was kommt, auch wenn es zum Beispiel sexistische oder
       rassistische Sprache enthält? 
       
       Nicht jeder Text einfach so in die Zeitung. Das Kuratorium hinter Anic
       trifft eine Vorauswahl. Wir wählen die besten Texte anhand von
       Eigenschaften wie zum Beispiel Unterhaltungswert, Lesefluss, Fantasie,
       Humor, Tiefgang, überraschende Kohärenz oder überraschende Unsinnigkeit.
       Manchmal müssen wir sehr oft auf Anics Knöpfe drücken, bevor ein Text in
       der richtigen Länge und Qualität herauskommt.
       
       Die Technologie hinter Anic kann auch Texte hervorbringen, die faktische
       Fehler enthalten oder sogar beleidigende oder sonstwie schädigende Sprache.
       Kleine erkennbare Unrichtigkeiten können interessant sein, aber Texte, die
       Menschen oder Gruppen schaden könnten, veröffentlichen wir nicht.
       
       Genau wie bei menschlichen Autor*innen, suchen wir bei
       Meinungsverschiedenheiten den Dialog mit der Maschine – wir können die
       Parameter nachjustieren oder schriftliches Feedback geben. Auch
       [8][Leser*innenbriefe] sind willkommen.
       
       Arbeitet eine Robo-Kolumnistin umsonst? 
       
       Unterschiedliche Firmen verlangen gerade unterschiedlich viel für das
       Generieren von Texten mit ihren Modellen, deshalb probieren wir
       verschiedene aus. Bei OpenAI, der Firma hinter GPT-3, kostet ein Text von
       3.000 Zeichen zwischen 0,0016 und 0,48 USD, je nachdem, wie gut und schnell
       das verwendete Modell ist.
       
       Anic benötigt auch Energie. Am meisten Energie wird beim Training eines
       großen Sprach-Modells verbraucht – das Training des Modells entspricht
       sozusagen den Herstellungskosten. Wie bei einem Auto auch, braucht man
       einmal Energie, um das Ding zu fabrizieren, und dann kleinere Mengen im
       laufenden Betrieb.
       
       Das Training von GPT-NeoX-20B, einem bekannten Open-Source-Modell, hat laut
       diesem Paper beispielsweise ca. 66 MWh Energie gekostet und fast 35 Tonnen
       CO2-Ausstoss verursacht. Mit dem einmal trainierten Modell einen
       Kolumnentext herzustellen ist hingegen nach unseren Berechnungen
       vergleichbar mit einer kurzen Autofahrt mit einem mittelalten Benziner.
       
       Wir bitten zu beachten, dass auch menschliche Schreiberlinge lange
       trainieren müssen, bevor sie Kolumnen schreiben, und dass auch sie dabei
       Emissionen verursachen.
       
       Genauere Informationen zum technischen Hintergrund des aktuellen
       Kolumnentexts veröffentlichen wir [9][hier].
       
       Wer wird dafür bezahlt? 
       
       Da es bisher noch keine Robo-Kolumnist*innen gab, gibt es noch keine
       Gewerkschaft oder Modell-Verträge. Wir haben beschlossen, dass Anic
       dasselbe Honorar bekommt, wie die menschlichen Kolumnist*innen, die mit
       Anic im Wechsel schreiben. Für das Geld kaufen wir die Rechenleistung und
       wenn etwas übrig bleibt, spenden wir es an Atmosfair, um CO2-Emissionen
       auszugleichen.
       
       Hat Anic ein Bewusstsein? 
       
       Die meisten KI-Forschenden sind sich sehr sicher, dass große Sprachmodelle
       kein Bewusstsein haben oder entwickeln können. Sie seien “reine Statistik“.
       Wir glauben, ganz so einfach ist die Antwort nicht – zumindest nicht,
       solange wir nicht genau wissen, was Bewusstsein im menschlichen Gehirn
       überhaupt ist und ob es nicht auch aus reiner Statistik entsteht.
       
       Allerdings braucht Anic auch nicht zwingend ein Bewusstsein, um
       interessante Texte zu schreiben. Entstehen interessante Texte denn im
       Bewusstsein der Schreibenden oder der Lesenden? Oder irgendwo dazwischen?
       
       Wir Menschen können nicht nicht interpretieren, also ist es vielleicht fast
       egal, ob Anic sich beim Schreiben etwas gedacht hat oder nicht. Etwas
       kommuniziert mit uns wie ein Mensch und manche werden ihm deshalb ein
       Bewusstsein zuschreiben.
       
       Wer hat Anic entwickelt? 
       
       Das Team hinter dem Projekt besteht aus: Marie Kilg, Philipp Meier, Robert
       Salzer, Theresa Körner, Lukas Graw, Nicholas Utikal, Roland Fischer, Luise
       Schneider.
       
       Wir sind eine lose Gruppe von an KI interessierten Menschen. Viele von uns
       arbeiten seit 2020 in der [10][Turing Agency] an Projekten und
       Veranstaltungen, die sogenannte künstliche Intelligenz für die Gesellschaft
       zugänglicher machen wollen.
       
       26 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
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   DIR [2] /anic@taz.de
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   DIR [8] /anic@taz.de
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   DIR [10] https://www.turingagency.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marie Kilg
   DIR Philipp Meier
   DIR Lukas Graw
   DIR Robert Salzer
   DIR Theresa Körner
       
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