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       # taz.de -- Proteste in Iran: Gezielte Augenverletzungen
       
       > Iranische Ärzt:innen kritisieren die gezielte Verletzung von
       > Demonstrierenden. Einige sollen nach Treffern mit Gummigeschossen
       > erblindet sein.
       
   IMG Bild: Iranische Flagge bei der WM in Katar
       
       Bagdad/Berlin ap/dpa/rtr/afp | 140 Augenärzte aus dem Iran haben das
       brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten angeprangert. Es
       gebe immer mehr Patienten mit schweren Augenverletzungen, verursacht durch
       Metall- oder Gummigeschosse, die bei der Niederschlagung der Proteste zum
       Einsatz kämen, hieß es in einem Brief an den Leiter des Verbands der
       Augenärzte, aus dem die reformorientierten Nachrichtenseiten „Sobhema“ und
       „Iran International“ am Samstag zitierten.
       
       „Leider verursachten die Treffer in vielen Fällen den Verlust des
       Sehvermögens auf einem oder beiden Augen.“ Die Ärzte riefen den
       Vorsitzenden ihres Berufsverbands auf, ihre Bedenken bei den betroffenen
       Behörden zur Sprache zu bringen. Es war der zweite derartige Brief
       iranischer Augenärzte. Den ersten, in dem sie ebenfalls Bedenken über
       Augenverletzungen bei Demonstranten geäußert hatten, hatten mehr als 200
       von ihnen unterschrieben.
       
       Vergangene Woche machte im Internet ein Video der Jura-Studentin Ghasal
       Randschkesch die Runde, die auf dem Heimweg von der Arbeit in der
       südiranischen Stadt Banda Abbas von einem Metallgeschoss getroffen wurde
       und dabei ein Auge verloren haben soll.
       
       Das geistliche und politische Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Chamenei,
       hat den Einsatz der Basidsch-Miliz bei den Protesten gewürdigt. „Sie haben
       ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um die Bevölkerung vor Randalierern zu
       schützen“, sagte Chamenei am Samstag in einer Fernsehansprache. Die Miliz
       hat Verbindungen zu den Iranischen Revolutionsgarden und geht hart gegen
       Demonstranten vor.
       
       ## Fußballer und Aktivist gegen Kaution freigelassen
       
       Berichten zufolge haben die iranischen Behörden am Samstag den
       Fußballspieler Voria Ghafouri und den Menschenrechtsaktivisten Hossein
       Ronaghi gegen Kaution freigelassen. Das meldete die iranischen
       Nachrichtenagenturen Fars in Online-Netzwerken sowie. Auch die Zeitung
       „Shargh“ meldete die Freilassung Ghafouris. Der iranischen
       Nachrichtenagentur Isna zufolge wurde die Freilassung von der Justiz mit
       dem Sieg der iranischen Fußballnationalelf gegen Wales bei der Fußball-WM
       in Katar begründet.
       
       Ronaghis Bruder Hassan teilte im Kurzbotschaftendienst Twitter mit, sein
       Bruder sei „heute Nacht gegen Kaution freigelassen worden, um ärztlich
       behandelt werden zu können“. Seit Wochen stieg die Sorge um Ronaghis
       Gesundheit, der sich seit mehr als einem Monat im Hungerstreik befindet.
       
       Ghafouri und Ronaghi gehören zu den bekanntesten Iranern und Iranerinnen,
       die wegen ihrer Unterstützung für die Massenproteste festgenommen worden
       waren. Der kurdische Fußballspieler Ghafouri, der 28 Mal in der iranischen
       Nationalmannschaft gespielt hatte, war am Donnerstag wegen des Vorwurfs
       staatsfeindlicher Propaganda festgenommen worden. Der 37-jährige Ronaghi,
       der sich für die Meinungsfreiheit einsetzt und unter anderem für die
       „Washington Post“ schreibt, war am 24. September nach seiner Kritik an der
       brutalen Niederschlagung der Massenproteste festgenommen worden.
       
       ## 18.000 Festnahmen seit Beginn der Proteste
       
       Auch am Samstag hielten die Proteste laut Veröffentlichungen in sozialen
       Medien an. Auf Videos, die über das Internet verbreitet wurden, waren
       Kundgebungen an mehreren Universitäten in Teheran sowie in der im Zentrum
       des Landes liegenden Stadt Isfahan zu sehen. Die Nachrichtenagentur reuters
       konnte die Aufnahmen nicht verifizieren.
       
       Entzündet hatten sich die [1][Proteste im Iran] am Tod der 22-jährigen
       Mahsa Amini. Die Kurdin war am 16. September in Polizeigewahrsam gestorben.
       Die sogenannte Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie unangemessen
       gekleidet gewesen sein soll. Inzwischen haben sich die Proteste zur größten
       Herausforderung für die geistliche Führung seit der Islamischen Revolution
       1979 ausgewachsen.
       
       Laut der den Aktivisten nahestehenden Nachrichtenagentur HRANA zufolge sind
       bislang 448 Demonstranten getötet worden, davon 63 Kinder. Über 18.000
       Menschen seien festgenommen worden. 57 Sicherheitskräfte seien ums Leben
       gekommen.
       
       Von staatlicher Seite gibt es keine Zahl zu Todesopfern. Ein
       Regierungsvertreter erklärte am Donnerstag lediglich, dass rund 50
       Sicherheitskräfte ums Leben gekommen seien. Die Führung in Teheran macht
       das westliche Ausland für die Unruhen verantwortlich.
       
       27 Nov 2022
       
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