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       # taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Jerusalem: Rechtsextremisten Einhalt gebieten
       
       > Immer mehr Juden in der Diaspora beobachten sorgenvoll die Entwicklungen
       > in Israel. Jetzt gilt es, der rechtsextremen Regierung die Kante zu
       > zeigen.
       
   IMG Bild: Itamar Ben-Gvirsoll, ein offener Rassist, soll Minister für Innere Sicherheit in Israel werden
       
       Während die Augen der Welt auf Katar gerichtet sind, wird in einer anderen
       Ecke des Nahen Ostens die rechteste und religiöseste Regierung
       zusammengestellt, die der Staat Israel je gesehen hat. Noch laufen die
       Koalitionsverhandlungen, fest steht jedoch schon jetzt, dass [1][Itamar
       Ben-Gvir], ein offener Rassist, der die jüdische Vormachtstellung in
       Groß-Israel mit Gewalt verteidigen will, Minister für Innere Sicherheit
       wird und damit auch die Kontrolle über die Polizei innehat.
       
       Damit nicht genug, richtet Israels designierter Ministerpräsident Benjamin
       Netanjahu eine eigene Behörde für [2][Avi Maoz] ein. Mit seiner dem Büro
       des Regierungschefs angeschlossenen neuen „Behörde für nationale jüdische
       Identität“ wird Maoz, der sich für die „Heilung“ von Homosexualität
       starkmacht, LGBTIQ-Leuten das Leben erschweren, er wird die
       Frauendiskriminierung vorantreiben und nach einem Halacha-Staat streben,
       einem jüdischen Gottesstaat.
       
       Stolzer Anhänger der Homophobie ist auch [3][Bezalel Smotrich], der wie
       Ben-Gvir in der Vergangenheit mit den Sicherheitskräften unschöne
       Bekanntschaft gemacht hat und der sich den Widerstand gegen jegliche
       Kooperation mit Arabern auf sein ideologisches Banner schreibt. Smotrich
       wird in der kommenden Regierung eine Reihe zentraler Ämter für die Bereiche
       Sicherheits- und Wirtschaftspolitik des Staates Israel kontrollieren.
       
       Vor knapp einem Jahr reiste Smotrich nach England. Der mustergültige
       Vertreter einer sich zunehmend fundamentalistischer gestaltenden religiösen
       Strömung suchte Kontakt zu den Köpfen der jüdischen Gemeinde, um sie für
       den Kampf gegen die jüdischen Reformgemeinden zu gewinnen. Die liberalen
       jüdischen Strömungen, die unter anderem Frauen als Rabbiner zulassen, sind
       dem frommen Fanatiker ein Dorn im Auge.
       
       ## Jüdische Briten reden tachles
       
       Nicht nur für Smotrich überraschend kam die heftige Reaktion der britischen
       Juden, die ihm die kalte Schulter zeigten. „Wir lehnen die abscheulichen
       und die Hass schürenden Ansichten von Bezalel Smotrich ab“, heißt es in dem
       Schreiben des [4][Board of Deputies of British Jews], einer Art Dachverband
       der jüdischen Gemeinden in Großbritannien. „Wir appellieren an alle
       Mitglieder der britischen jüdischen Gemeinde, ihm die Tür zu zeigen.
       Steigen Sie wieder ins Flugzeug, Bezalel, und bleiben Sie für immer als
       Schande in Erinnerung.“
       
       Dass sich eine wichtige jüdische Organisation in der Diaspora derart
       frontal gegen einen israelischen Politiker stellt und unverblümt gegen die
       komplette Strömung, für die er steht, für einen klaren Trend in der
       israelischen Gesellschaft, hat zweifellos Seltenheitswert. Nicht, dass es
       in der Vergangenheit keine Konflikte gegeben hätte. Kritik an israelischen
       Politikern kam allerdings eher aus den Reihen des US-amerikanischen
       Judentums und wurde dann auch deutlich behutsamer formuliert.
       
       Die europäische Diaspora war in der Regel noch zurückhaltender. Anstatt zu
       kritisieren, übernahm sie die Haltung auch rechter und religiöser
       israelischer Politiker, was insofern widersprüchlich ist, da die
       europäischen jüdischen Gemeinden insgesamt doch eher für Liberalität und
       Toleranz stehen.
       
       Nun, da die Stimmen der israelischen Linken lauter werden, die mit großer
       Sorge klarstellen, dass es nicht länger möglich ist, sich mit der
       politischen Realität in Israel abzufinden, ist es an der Zeit, dass sich
       die Juden Europas ein Beispiel an den britischen Gemeinden nehmen und nicht
       länger zögern. In der Bibel heißt es im Psalm 119: [5][„Es ist die Stunde,
       für DICH zu tun: sie zerbröckeln deine Weisung.“] In der Tat ist es höchste
       Zeit.
       
       11 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Anfuehrer-der-Liste-Religioeser-Zionismus/!5889003
   DIR [2] https://www.timesofisrael.com/far-right-mk-maoz-forms-of-liberal-religion-are-darkness-that-must-be-expelled/
   DIR [3] https://www.timesofisrael.com/netanyahu-appoints-smotrich-de-facto-pm-of-the-west-bank-gambles-on-restraining-him/
   DIR [4] https://bod.org.uk/
   DIR [5] https://bibel.github.io/BuberRosenzweig/ot/Ps_119.html
       
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