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       # taz.de -- Jahreswechsel in Berlin: Berlin lässt die Sau raus
       
       > Nach zwei Jahren pandemiebedingter Ruhe ging es zum Jahreswechsel mal
       > wieder richtig rund. Feuerwehr von der Heftigkeit der Angriffe überrascht
       
   IMG Bild: Hauptsache Spaß: Kids zu Silvester in Aktion
       
       Berlin taz | Seit Anbruch der Helligkeit ist die Reinigungstruppe am
       Neujahrstag im Park am Gleisdreieck eigenen Angaben zufolge zugange. Mit
       Zangen sammeln die Männer den großflächig verstreuten Müll der
       Silvesternacht auf. „Fünfmal so viel wie sonst“, schätzt einer, der einen
       blauen Arbeitskombi trägt.
       
       Nach zwei Jahren Pause, in der [1][aufgrund eines pandemiebedingten Böller-
       und Feuerwerksverkaufsverbots] nur wenig geballert wurde, haben die
       Berlinerinnen und Berliner zum Jahreswechsel mal wieder richtig die Sau
       rausgelassen. Sich mit Pyrotechnik zu bekriegen ist bei jungen
       Männergruppen in den Innenstadtbezirken schon lange ein beliebter Sport.
       Vielerorts waren es aber auch wieder die Einsatzkräfte der Feuerwehr, die
       zur Zielscheibe wurden. Im Steinmetzkiez in Schöneberg gilt deshalb schon
       seit Jahren ein Böllerverbot.
       
       Wie Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Sonntag mitteilte, kam es zu
       Dutzenden Angriffen auf Rettungs- und Einsatzkräfte, 15 Beschäftigte der
       Feuerwehr und 18 der Polizei seien verletzt worden. Ein Feuerwehrmann und
       ein Polizist seien mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gekommen.
       
       Die Feuerwehr teilte mit, man sei von der Masse und Intensität der Angriffe
       auf die Einsatzkräfte überrascht worden. Zu der Auflistung, die allerdings
       ohne Orts- und Zeitangabe erfolgte, gehören Ereignisse wie:
       Schreckschusspistole ins Gesicht gehalten, Bierkisten und Feuerlöscher auf
       Fahrzeuge geworfen, gezielter Beschuss mit Pyrotechnik während der
       Löscharbeiten, Behinderung der Einsatzmaßnahmen durch Barrikaden,
       Plünderung von Einsatzfahrzeugen durch vermummte Personen, starke
       Beschädigung mehrerer Fahrzeuge durch Pyrotechnik, sodass diese außer
       Dienst gehen mussten.
       
       ## GdP fordert Böllerverbot
       
       [2][In Berlin gab es in diesem Jahr drei Böllerverbotszonen], neben dem
       Steinmetzkiez waren das der Alexanderplatz und das Gebiet vor dem Knast in
       Alt-Moabit. Auf Twitter kündigte die Regierende Bürgermeisterin Franziska
       Giffey (SPD) am Sonntag eine Diskussion im Senat über eine Ausweitung der
       Böllerverbotszonen an.
       
       Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, hält die Zeit für ein
       deutschlandweites Böllerverbot längst für gekommen. Angesichts der Bilder
       der Silvesternacht müssten endlich die politischen Voraussetzungen „für ein
       tiefgreifendes Böllerverbot“ geschaffen werden, forderte Weh. Viele
       Baumärkte hätten durch Verzicht auf den Verkauf von Pyrotechnik in diesem
       Jahr bereits Stellung bezogen, und auch die Bevölkerung sei „viel weiter,
       als man denkt.“
       
       Auch die Deutsche Umwelthilfe forderte die Bundesregierung zum sofortigen
       Handeln auf. Die Regierung müsse „angesichts dieser verheerenden Nacht
       endlich reagieren“ und den Verkauf und die Benutzung von Pyrotechnik zu
       Silvester verbieten.
       
       Insgesamt rückte die Feuerwehr in der Silvesternacht zu rund 1.700
       Einsätzen aus. [3][2021/2022 waren es im selben Zeitraum 1.026 Einsätze].
       Zu den größten Einsätzen gehörten laut Feuerwehr mehrere schwere Wohnhaus-,
       Keller- und Balkonbrände. Zwei Menschen verletzten sich lebensgefährlich,
       als sie in einem neungeschossigen Wohngebäude an der Mollstraße durch ein
       Deckenfenster stürzten. Von Knallern und Raketen wurden laut vorläufiger
       Bilanz 22 Menschen verletzt.
       
       ## Reisebus ausgebrannt
       
       Die Polizei war nach eigenen Angaben mit rund 1.300 zusätzlichen Kräften im
       Einsatz. Mehrfach hätten Gruppen, so wie in der Brunnenstraße in Mitte,
       versucht mit Baustellenabsperrungen Barrikaden zu bauen. Am Kottbusser Damm
       hätten circa 200 Vermummte die Feuerwehr beim Löschen von Mülltonnen
       angegriffen.
       
       Kurz nach Mitternacht seien in der Suarezstraße in Charlottenburg durch
       eine Explosionswirkung die Scheiben von geparkten Autos, Geschäften und
       Wohnungen zerstört worden. Etwa zur gleichen Zeit hätten Unbekannte in der
       Sonnenallee in Neukölln die Scheiben eines Reisebusses eingeschlagen und
       den Innenraum mit Pyrotechnik in Brand gesetzt. Der Bus brannte aus.
       
       Die Pressemitteilung der Polizei endet mit dem Satz: Ab 3 Uhr war eine
       deutliche Beruhigung der Situation in der Stadt festzustellen.
       
       1 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Plutonia Plarre
       
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