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       # taz.de -- Die Wahrheit: Bär auf Koks
       
       > Demnächst kommt ein Horrorfilm ins Kino mit einem unter Drogen gesetzten
       > Petz. Auch unser Autor war einmal ein Bär – nicht auf, sondern im Stoff.
       
       Ein Bär hat es nicht leicht. Ich weiß das, denn ich war selbst mal einer.
       Das ist lange her, die Kinder waren noch im Kindergarten, und eines Tages
       bat mich die Kindergärtnerin, die Kleinen in den Dubliner Croke Park,
       Irlands größtes Sportstadion, zum „Teddybear’s Picnic“ zu begleiten – als
       Bär verkleidet. Sie behauptete, jede Kindergartengruppe würde einen Bären
       mitbringen, und außerdem würde auch Bosco, eine rothaarige Puppe aus dem
       Kinderfernsehen, dabei sein.
       
       Das war gelogen. Bosco ließ sich nicht blicken, und die anderen
       Kindergärten hatten keinen Bären mitgebracht. Ich war der einzige unter
       2.000 Eltern und 3.000 Kindern, und alle wollten sich mit mir fotografieren
       lassen. Es war Juni, und ausnahmsweise war es wirklich Sommer. Ich musste
       Gymnastik zum Teddybär-Lied machen: „Teddybär, berühre deine
       Zehenspitzen“, tönte es aus den Lautsprechern, aber das war in dem Kostüm
       unmöglich, obwohl ich damals gelenkiger als heute war.
       
       Die Menge feuerte mich an, mir aber lief der Schweiß in die Schuhe. Ein
       Mädchen brüllte: „Mami, der Hund hat einen Mann im Maul!“ Ich raunzte sie
       an, dass ich ein Bär sei, doch die Mutter versetzte mir einen versteckten
       Tritt und erklärte mir leise, dass Bären nicht sprechen können. Immerhin
       war ich am Abend in den Fernsehnachrichten zu sehen, auch wenn mich in dem
       Kostüm niemand erkannte.
       
       Nächstes Jahr kommt auf die Kinoleinwand die Geschichte eines Bären, der
       Kokain gefressen hat. Der Film spielt zwar im US-Bundesstaat Georgia, aber
       er wurde in der irischen Grafschaft Wicklow südlich von Dublin gedreht.
       Bären in freier Wildbahn gibt es auf der Insel zwar schon seit 3.000 Jahren
       nicht mehr, jedoch jede Menge Kokain.
       
       Die Hollywood-Schauspielerin und Regisseurin Elizabeth Banks hat mit
       „Cocaine Bear“ einen Horrorstreifen produziert. Es geht um eine
       exzentrische Gruppe aus Polizisten, Kriminellen, Touristen und Teenagern,
       unter denen der Bär auf Drogen ein gruseliges Blutbad anrichtet.
       
       Die wahre Geschichte, auf der dieser Film angeblich basiert, ist profaner:
       Im September 1985 erklärte die US-Polizei, dass Andrew Thornton, ein
       ehemaliger Drogenfahnder, der zum Drogenbaron geworden war, 34 Kilo Kokain
       aus einem Privatflugzeug abgeworfen hatte, weil die Ladung zu schwer war.
       Als er seinem Zwei-Millionen-Dollar-Stoff hinterhersprang, öffnete sich
       sein Fallschirm nicht, und er kam ums Leben.
       
       Später fand die Polizei einen Schwarzbären zwischen 40 leeren
       Plastikbehältern, in denen das Kokain geschmuggelt worden war. Der Bär war
       an einer Überdosis gestorben. Er wurde ausgestopft und im
       Chattahoochee-Freizeitpark ausgestellt, verschwand dort aber bald und
       tauchte in einem Pfandhaus auf. Der Country-Sänger Waylon Jennings kaufte
       den Bären und schenkte ihn einem Vergnügungsetablissement in Kentucky. Und
       da steht er heute noch.
       
       12 Dec 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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