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       # taz.de -- Alternativen für WM-Muffel: Skigymnastik
       
       > Eigentlich hat unser Autor Skifahren hinter sich gelassen. Aber eine alte
       > Platte erinnert ihn an die beschämende Skigymnastik seiner Kindheit.
       
   IMG Bild: Bevor es auf die Piste geht, hält man sich mit Gymnastik fit
       
       Eigentlich habe ich das Skifahren hinter mir gelassen. Es fehlt mir nach
       den 25 Jahren, die ich nun schon in Berlin lebe, nicht mehr. Meistens
       jedenfalls. Wenn ich im Winter in meine ehemalige Heimat fahre und schon am
       Hauptbahnhof sehe, wie glücklich abgeschuftete Menschen mit ihren Skiern
       aus den Zügen steigen, die sie von den Münchner Hausbergen zurück in die
       platte Stadt gebracht haben, dann erinnere ich mich daran, wie schön doch
       so ein Tag auf zwei Brettern in den Bergen sein konnte. In Berlin gibt es
       eigentlich nichts, was mich an meine Zeit als Skifahrer zurückdenken lässt.
       Das war jedenfalls bis zum vergangenen Sonntag so.
       
       Da habe ich auf einem Flohmarkt im Südosten Berlins die Schallplatte
       „[1][Trimm] und tanz dich fit“ gesehen. „Die gesündeste Platte des Jahres“,
       stand noch auf dem Cover aus dem Jahr 1973. Vor meinem inneren Augen begann
       sofort ein mir wohlbekannter Film abzulaufen, den ich eigentlich nie mehr
       sehen wollte. Er spielt im Wohnzimmer der Wohnung im Münchner Norden, in
       der ich aufgewachsen bin. Die Hauptrollen spielen meine Eltern, meine
       Schwester und ich. Es ist ein bedrückendes Kammerspiel.
       
       ## „Top-fit in den Schnee“
       
       Es zeigt, wie der kleine Andreas gemeinsam mit seiner Familie Skigymnastik
       macht – angeleitet von [2][Max Greger], dem in der frühen Bundesrepublik
       weltberühmten Big-Band-Leader, der auch das Cover der Trimm- und Tanzplatte
       ziert, die ich am Sonntag gesehen habe. „Eins, zwei, eins, zwei!“ Greger
       gibt den Takt zu den Übungen vor. Denn: „Mit Musik geht alles besser“, wie
       er nicht müde wird zu betonen.
       
       Das gemeinsame Turnen zur Scheibe mit dem Titel „Top-fit in den Schnee“
       gehört zu meinen Kindheitserinnerungen mit dem größten Schampotenzial.
       Immer wieder habe ich bei den Übungen (Zehengang, Fersengang, Rumpfbeugen,
       Wedelhüpfen, Pflugstand, Bauchschaukel, Hockfedern oder wie sie alle
       hießen) aus dem Fenster unserer Erdgeschosswohnung geschaut. Ich hatte
       beinahe schon panische Angst. Was wenn gerade ein Schulkamerad am Fenster
       vorbeiging und mich auf frischer Tat beim Familiensport ertappen würde? Als
       uns Max Greger in den Erholungspausen zwischen anstrengenderen Übungen zum
       Entspannen aufgefordert hat („An nichts denken!“), konnte ich an nichts
       anderes denken als an den Spott, den man über mir auf dem Schulhof
       ausgießen würde.
       
       Die [3][Trimm-und-Tanz-Scheibe kann man sich auf Youtube anhören]. Und man
       kann mitturnen. Ich habe es mal versucht. „Nun tun wir etwas für unsere
       geplagten Füße. Wir stellen uns auf die Zehenspitzen und federn.“ Es sieht
       bestimmt nicht allzu elegant aus, wie ich da so turne. „Federn, nicht
       hüpfern!“, ermahnt mich Greger. Es ist eine Tortur. Die habe ich als Kind
       oft über mich ergehen lassen, um fit für den Schnee zu sein. Da war es dann
       meistens schön. Wenigstens das.
       
       1 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
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   DIR [3] https://youtu.be/3M-kIe5dtSA
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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