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       # taz.de -- EU-Fördergelder an Ungarn: Deutlichere Warnsignale an Budapest
       
       > Bislang ist Orbán davongekommen, auch ohne den Bedingungen der EU
       > nachzukommen. Diesmal könnte es jedoch ernst für ihn werden.
       
   IMG Bild: Könnte ins Schwitzen kommen, wenn die EU die Gelder kürzt: Ungarns Regierungschef Viktor Orbán
       
       Einsicht in eigene Verfehlungen gehört nicht zu den Tugenden, die Ungarns
       Premier Viktor Orbán und sein rechtsnationalistisches Umfeld auszeichnen.
       „Die Feinde Ungarns“ in Brüssel seien schuld, dass [1][13 Milliarden Euro
       aus diversen Fördertöpfen zurückgehalten] würden. Dass die EU von Ungarn so
       grundlegende Pfeiler der Demokratie, wie die Wahrung der
       Rechtsstaatlichkeit und den Kampf gegen die Korruption einfordert, wird
       über die staatlich gelenkten Medien im Puszta-Staat nicht kommuniziert.
       
       Also die „Feinde Ungarns“ und „Verräter aus den eigenen Reihen“ seien
       schuld, wenn das ungarische Volk jetzt darben müsse, sagte Kanzleiminister
       Gergely Gulyás am Mittwoch. Mit den „Verrätern“ sind ungarische
       EU-Abgeordnete der Oppositionsparteien gemeint, die mit den „linken und
       liberalen Kräften“ in Brüssel gemeinsame Sache machten.
       
       Sie seien verantwortlich, dass Familienzuwendungen nicht verbessert, die
       Lehrergehälter nicht erhöht und die Ungarn nicht mit billiger Energie
       versorgt werden könnten. Ungarn hat zwar, was das heimische Publikum so
       auch nicht erfährt, versprochen, auf die Bedingungen der EU einzugehen.
       Umgesetzt ist aber sehr wenig. Es geht um 27 Bedingungen, [2][EU-Kommissar
       Johannes Hahn] spricht von „27 Super-Ecksteinen“, die voll umgesetzt sein
       müssen, ehe Geld nach Budapest fließt.
       
       Und der österreichische Kommissar klingt entschlossener als früher. Seine
       ÖVP gehört derselben Parteienfamilie an, wie Ungarns Fidesz bis zum
       vergangenen Jahr. Seit sich Orbán von den Konservativen abgewandt und
       rechtsextremen Parteien wie der AfD und [3][Giorgia Melonis] Fratelli
       d'Italia zugewandt hat, schwindet auch im EVP-Lager das Verständnis für den
       autoritären Ungarn.
       
       ## Qualifizierte Mehrheit nötig
       
       Bisher ist Orbán meist mit kosmetischen Korrekturen davongekommen, die
       Brüssel beruhigt, an der Substanz seiner de-facto-Einparteienherrschaft
       aber wenig verändert haben. Auch auf Polen, das politisch einen ähnlichen
       Kurs steuert, konnte er sich meist verlassen. Zu groß ist aber jetzt die
       Befürchtung, dass von den Fördergeldern der Löwenanteil wieder [4][an
       Günstlinge der Regierung] fließt, die bei den Ausschreibungen von
       Staatsaufträgen mit ihren überhöhten Angeboten regelmäßig zum Zug kommen.
       
       Wenn sich nächste Woche die Finanzminister der EU treffen, um über die
       eingefrorenen Ungarn-Gelder abzustimmen, wird sich zeigen, wie ernst es der
       Union mit den Demokratiekriterien ist. Für die erforderliche qualifizierte
       Mehrheit müssen mindestens 15 der 27 EU Staaten, die zusammen mindestens 65
       % der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen, dem Vorschlag der Kommission
       zustimmen.
       
       1 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Empfehlung-der-EU-Kommission/!5895501
   DIR [2] https://ec.europa.eu/commission/commissioners/2019-2024/hahn_de
   DIR [3] /Italienischer-Autor-ueber-Meloni/!5887380
   DIR [4] /Korruption-in-Ungarn/!5891995
       
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   DIR Ralf Leonhard
       
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