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       # taz.de -- Lebensmittelkennzeichnung in der EU: Streit um Nutri-Score-Pflicht
       
       > Die EU-Staaten sind uneins über die Kennzeichnung von Lebensmitteln. Nun
       > fordern Verbraucherschützer mehr Einsatz von Minister Özdemir.
       
   IMG Bild: Der sogenannte „Nutri-Score“ auf einem Produkt im grünen Bereich
       
       Berlin taz | Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert
       Bundesernährungsminister Cem Özdemir auf, sich stärker für die EU-weite
       Einführung des [1][Nutri-Score] als verpflichtende Nährwertkennzeichnung
       auszusprechen.
       
       „Schaut die deutsche Regierung den populistischen
       Anti-Nutri-Score-Kampagnen einiger Mitgliedsländer weiterhin passiv zu,
       trägt auch sie die Verantwortung dafür, sollte der Nutri-Score scheitern“,
       schreibt der Verband in einem Brief an das Ministerium, der der taz
       vorliegt. Es sei unverständlich, „dass die deutsche Regierung sich bislang
       so zurückhält mit einer öffentlichen Positionierung.“
       
       Laut [2][Robert-Koch-Institut] sind zwei Drittel der Männer und die Hälfte
       der Frauen in Deutschland übergewichtig. Ähnlich ist die Lage in anderen
       EU-Ländern. Übergewicht kann chronische Krankheiten begünstigen. Mithilfe
       des Nutri-Scores sollen VerbraucherInnen deshalb leichter erkennen können,
       welche Nahrungsmittel gesünder oder ungesünder sind.
       
       Der Score stuft Lebensmittel mit den Buchstaben A (dunkelgrün hinterlegt)
       bis E (rot) ein. Rotes E heißt: zu fettig, zu süß und/oder zu salzig – auf
       jeden Fall zu ungesund. Verbraucherschützer wollen, dass der Nutri-Score
       auf allen verarbeiteten Lebensmitteln stehen muss. Momentan ist die Nutzung
       freiwillig.
       
       Vor allem Italien will eine Pflicht zum Nutri-Score verhindern. Die dortige
       Lebensmittelbranche befürchtet Umsatzeinbußen, wenn etwa ihr Parmesan oder
       Schinken wegen hoher Fett- und Salzgehalte mit einem D oder E gebrandmarkt
       würden. „Man sollte Parmesan eben nicht in rauen Mengen essen“, sagte dazu
       Foodwatch-Sprecherin Sarah Häuser der taz. Nach der traditionellen
       mediterranen Ernährungsweise würden ja auch viel mehr frisches Gemüse und
       Hülsenfrüchte verzehrt.
       
       „Wir machen uns große Sorgen, dass die EU-weite Einführung des Nutri-Score
       als wirksamstes Modell der Nährwertkennzeichnung scheitert“, warnt
       Foodwatch in dem Brief. Unter den Mitgliedstaaten sei der Score zwar
       umstritten, aber ein Großteil sei noch unentschieden. „Die EU-Kommission
       plant nun nach unseren Informationen, dieser Uneinigkeit mit einem
       Kompromiss zu begegnen und ein komplett neues System vorzuschlagen.“ Das
       würde die Einführung einer wirksamen Kennzeichnung um Jahre zurückwerfen
       und die Verbraucher verwirren, so die Kritik.
       
       Auch sei der Nutri-Score durch wissenschaftliche Erkenntnisse abgesichert.
       „Ein neues System einzuführen öffnet Tür und Tor für Interessengruppen,
       diese Unabhängigkeit zu untergraben und damit die Lenkungs- und
       Informationswirkung einer Nährwertkennzeichnung zu schwächen“, fürchtet
       Foodwatch. Deshalb müsse Deutschland beim Treffen der EU-Ernährungsminister
       am 12. Dezember „vehemente Stellung beziehen für die Einführung des
       Nutri-Score“ als verpflichtende Kennzeichnung auf der Vorderseite der
       Verpackung.
       
       11 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Naehrwertkennzeichnung-fuer-Lebensmittel/!589568
   DIR [2] https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Themen/Uebergewicht_Adipositas/Uebergewicht_Adipositas_node.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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