URI: 
       # taz.de -- Gesundheitssenatorin handelt: Kinderambulanz für Bremen
       
       > Klinken und Ärzt*innen sind überlastet, weil zu Corona und Grippe nun
       > auch noch das RS-Virus kommt. Bremen nimmt die Sache nun selbst in die
       > Hand.
       
   IMG Bild: Kinderkrankenhäuser und -ärzte sind derzeit stark überlastet
       
       Bremen taz | Das [1][System Kindermedizin], es ächzt und knirscht an allen
       Enden: Bei Kinderarztpraxen kommt telefonisch niemand mehr durch, vor den
       Wartezimmern bilden sich lange Schlangen, die Notaufnahmen sind überlastet.
       In dieser Lage nun führt Bremen kurzfristig eine kommunal getragene
       Kinderambulanz ein: Nur 14 Tage nach der ersten Idee steht seit vergangener
       Woche die Finanzierung und die rechtliche Zulassung, Mitte Januar soll es
       losgehen.
       
       Zielgruppe sind alle Familien: Solche, die bisher keine Kinderarztpraxis
       hatten, aber auch alle, die gerade keinen Termin ergattern können. Doch wie
       sollen ein paar frei gewordene Ärzt*innen aus dem frisch geschlossenen
       Bremer Kinderimpfzentrum das System retten?
       
       Das Zauberwort heißt [2][Telemedizin]: Das, was anderswo gar nicht mehr
       möglich ist, die telefonische Beratung, soll hier schnell große Zahlen an
       kleinen Patient*innen versorgen helfen. Die Mediziner*innen
       verbringen einen großen Teil ihrer Zeit am Telefon mit Eltern. Wenn die
       Ferndiagnose es erfordert, gibt es auch persönliche Termine in der Ambulanz
       oder bei komplexeren Fällen Sonderzuweisungen an andere Praxen. Viele
       Eltern aber brauchen nur Antworten auf Fragen, ein Kinderkrank-Attest oder
       ein Rezept für den neuerdings rezeptpflichtigen Fiebersaft.
       
       „Sauschnell“ könne man solche Aufgaben dank der Massenstruktur abarbeiten,
       beschreibt es der Sprecher der Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard
       (Linke); verlassen kann man sich dabei auf die Erfahrungen, die die Stadt
       mit dem Kinderimpfzentrum gesammelt hat.
       
       Übernommen werden nur Feld-, Wald-, und Wiesen-, (beziehungsweise Kita-,
       Schul-, und Hort-)Krankheiten: Erkältungen etwa, Magen-Darm-Infekte, oder
       Masern. Alles was komplex ist, chronisch oder selten gehört nicht in die
       Kinderambulanz.
       
       ## Auf schmalem Grad
       
       Bremen balanciert mit seinem Projekt auf einem schmalen Grat – an sich
       nämlich, so regelt es das Sozialgesetzbuch V, darf der Staat sich kaum
       einmischen in die Gesundheitsversorgung durch niedergelassene Ärzt*innen.
       Das Gesundheitsamt argumentiert deshalb mit „Bevölkerungsschutz“ – einer
       von zwei Tatbeständen, die es dem öffentlichen Gesundheitsdienst
       ausnahmsweise erlauben, sich auf diesem Terrain zu bewegen.
       
       Widerstand gibt es von dort dieses Mal nicht: Die Kassenärztliche
       Vereinigung Bremen zeigt sich im Gegenteil dankbar für die Entlastung; und
       auch die Krankenkassen sind an Bord und beteiligen sich an der
       Finanzierung. Der Löwenanteil der Kosten aber, bis zu 500.000 Euro, wird
       aus dem Haushalt der Stadt getragen.
       
       Die Nutzungsdauer der Ambulanz ist strikt auf die Ausnahmesituation
       begrenzt: Mitte Januar soll die Kinderambulanz öffnen, spätestens am 18.
       März ist alles wieder vorbei. Eine Verlängerung ist ausgeschlossen. „Die
       Sicherstellung der Versorgung im niedergelassenen Bereich kann nicht durch
       kurzfristiges Einspringen des öffentlichen Gesundheitsdienstes
       sichergestellt werden“, stellt Claudia Bernhard klar.
       
       Die linke Gesundheitssenatorin nutzt ihren Spielraum, mit ihrer Behörde hat
       sie immer wieder für Aufsehen gesorgt: mit mehrsprachigen
       Gesundheitsscouts, die fürs Impfen mobilisierten; mit einem
       Hebammenzentrum, das auch für die schlechter situierten Stadtteile da ist;
       oder mit einer Anlaufstelle, in der es ärztliche Behandlung auch [3][für
       Menschen ohne Krankenversicherung] gibt.
       
       26 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kinderaerztin-ueber-Lage-an-Kliniken/!5889471
   DIR [2] /Tele-Medizin/!5378427
   DIR [3] /Bremerinnen-ohne-Krankenversicherung/!5888942
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lotta Drügemöller
       
       ## TAGS
       
   DIR Gesundheitspolitik
   DIR Kinder
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR wochentaz
   DIR wochentaz
   DIR Kinderarmut
   DIR Influenza
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Gesundheitsbehörde Hamburg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Epidemiologe zu Lehren aus der Pandemie: „Keine starke Dynamik“
       
       Im März 2020 trat der erste Corona-Lockdown in Kraft. Seitdem war der
       Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb bei Journalist:innen in aller Welt
       gefragt.
       
   DIR Medizinischer Versorgungsmangel: Kinder ohne Lobby
       
       Der Fiebersaftnotstand hat allen klargemacht, dass hier was grundsätzlich
       schiefläuft. Ein Erfahrungsbericht einer dreifachen Mutter.
       
   DIR Überlastete Kinderkliniken: Weihnachten am Klinikbett
       
       Kurz vor den Feiertagen bleibt die Lage in den Kinderkrankenhäusern
       angespannt. Auch viele Mitarbeiter*innen sind krank. Drei
       Erfahrungsberichte.
       
   DIR Preisregeln für Kindermedikamente: Lauterbach plant Änderungen
       
       Manche Arzneimittel wie Fiebersäfte sind derzeit in der Apotheke nicht zu
       haben. Die Regierung will Lieferengpässe mit neuen finanziellen Anreizen
       bekämpfen.
       
   DIR Medizinerin über Folgen des RS-Virus: „Es fehlt an allem“
       
       Kinderarztpraxen werden von einer Infektwelle überrollt. Das System ist
       kaputtgespart worden, sagt Charlotte Schulz vom Hamburger
       Kinderärzteverband.