URI: 
       # taz.de -- Afghanistan unter den Taliban: Umerziehung per Religion
       
       > Das Arbeitsverbot für Frauen in Hilfsorganisationen ist nicht nur eine
       > Machtdemonstration. Die Taliban nehmen damit auch viele Hungertote in
       > Kauf.
       
   IMG Bild: Afghaninnen protestieren gegen das Uni- und NGO-Arbeitsverbot für Frauen (22. Dezember)
       
       Mit [1][dem Arbeitsverbot für Afghaninnen bei Hilfsorganisationen]
       verfestigt sich der Eindruck, dass die Taliban gezielt Rache an jenen
       Frauen nehmen, die es sich – in ihren Augen – angemaßt haben, die Grenzen
       der traditionellen ländlichen afghanischen Gesellschaft zu durchbrechen, um
       eigene Lebensentwürfe umzusetzen. Etwa indem sie studieren oder im
       humanitären Sektor Verantwortung für ihre Mitmenschen übernehmen.
       
       Das Arbeitsverbot ist Teil eines breiten religiösen Umerziehungsprogramms,
       dem die Taliban – im Taumel ihres allein der Hilfe Allahs zugeschriebenen
       Sieges über die USA und ihre Verbündeten – ihre völlig entrechteten
       Untertanen und Untertaninnen unterwerfen wollen.
       
       Dabei ist es auch den Talibanführern, die die jüngste Verbotslawine
       losgetreten haben, nicht unbekannt, dass es nur die Hilfsorganisationen
       waren, die schon während ihrer ersten Herrschaftsperiode von 1996 bis 2001
       und zuletzt im drohenden Hungerwinter 2021/22 die grundlegende Versorgung
       großer Teile der Bevölkerung sicherstellten und Millionen Leben retteten.
       Auch heute ist die Hälfte der Bevölkerung Afghanistans von humanitärer
       Hilfe abhängig.
       
       Angesichts des jetzigen Winters nimmt die Taliban-Führung in Kauf, dass es
       diesmal zu vielen Hungertoten kommt. Denn die meisten humanitären
       Hilfswerke habe ihre Arbeit erst einmal eingestellt. [2][Für sie ist der
       Ausschluss von Frauen eine rote Linie.]
       
       Es ist also eine Machtprobe zwischen Leuten, die offenbar aus Prinzip
       Menschenleben zu opfern bereit sind, und humanitären Werten. Die weniger
       dogmatischen Taliban hoffen wohl, dass die Humanitären Leben über
       Prinzipien stellen werden.
       
       Immerhin ist klar, dass viele prominente Taliban dieses Programm nicht
       teilen. Aber das wird nichts ändern, so lange sie sich nicht gegen ihren
       Emir stellen. Das allerdings wäre „Aufruhr“, und darauf steht die
       Todesstrafe. Sie haben also abzuwägen, ob sie die Parteilinie halten und
       mitschuldig sein wollen am endgültigen Niedergang ihres Landes, oder ihr
       Leben dafür riskieren, dass es nicht dazu kommt.
       
       26 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Weiteres-Verbot-der-Taliban-fuer-Frauen/!5904599
   DIR [2] /Frauen-in-Afghanistan/!5904609
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Ruttig
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Taliban
   DIR Hilfsorganisation
   DIR Hungertod
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Islamistischer Terror
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Mindestens fünf Tote in Kabul: Wie die Taliban, nur extremer
       
       In Afghanistan verübt der lokale Ableger des „Islamischen Staats“ erneut
       einen blutigen Anschlag. Der Gruppe sind die Taliban nicht konsequent
       genug.
       
   DIR Frauen in Afghanistan: Sie sind nicht verstummt
       
       Das Bildungsverbot für afghanische Frauen verstößt auch gegen muslimische
       Leitlinien. Um den Frauen zu helfen, braucht es langfristige Solidarität.
       
   DIR Uni-Verbot für Frauen in Afghanistan: Konsequenzen für Taliban angedroht
       
       Westliche Staaten haben das Uni-Verbot für Frauen in Afghanistan
       verurteilt. Zuvor kritisierte der UN-Generalsekretär die repressiven
       Maßnahmen.
       
   DIR Frauenrechte in Afghanistan: Taliban verbieten Frauen Uni-Besuch
       
       In Afghanistan sind Frauen künftig von Hochschulen ausgeschlossen.
       UN-Generalsekretär António Guterres verurteilt das Verbot.
       
   DIR Justiz in Afghanistan: Taliban verordnen noch mehr Scharia
       
       Auf Anordnung des Talibanchefs gelten drakonische Scharia-Strafen jetzt in
       Afghanistan landesweit. Wie im Iran gibt es für „Rebellion“ die
       Todesstrafe.