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       # taz.de -- Polizeieinsatz gegen rechte Verschwörer: Gruppe soll Umsturz geplant haben
       
       > Die Generalbundesanwaltschaft geht gegen Reichsbürger vor, die einen
       > Staatsstreich geplant haben sollen. Darunter sollen Bundeswehrsoldaten
       > und eine Ex-AfD-Politikerin sein.
       
   IMG Bild: Einsatzkräfte durchsuchen seit dem Morgen mehr als 130 Objekte, hier in Berlin-Wannsee
       
       Berlin taz/dpa | Der Generalbundesanwalt ist am frühen Morgen gegen eine
       mutmaßliche terroristische Vereinigung vorgegangen, die unter anderem einen
       bewaffneten Angriff auf den Bundestag geplant haben soll. Rund 3.000 Beamte
       seien in elf Bundesländern im Einsatz, sagte eine Sprecherin der Karlsruher
       Behörde am Morgen. Der Generalbundesanwalt wirft den Beschuldigten vor, den
       Umsturz des Staates vorbereitet zu haben.
       
       22 der Festgenommenen sollen Mitglieder einer terroristischen Vereinigung
       sein, zwei davon Rädelsführer. Drei weitere gelten als Unterstützer. Zudem
       gebe es 27 weitere Beschuldigte, sagte die Sprecherin. „Wir haben noch
       keinen Namen für diese Vereinigung“, sagte sie. Sie begründe sich wohl auf
       Verschwörungsmythen.
       
       Bundesjustizminister Marco Buschmann hat die Razzia als
       „Anti-Terror-Einsatz“ bezeichnet. „Demokratie ist wehrhaft: Seit heute
       Morgen findet ein großer Anti-Terror-Einsatz statt“, [1][schrieb der
       FDP-Politiker am Mittwochmorgen auf Twitter]. „Es besteht der Verdacht,
       dass ein bewaffneter Überfall auf Verfassungsorgane geplant war.“
       
       Die Gruppe soll aus einem Netzwerk aus sogenannten Reichsbürgern und
       Verschwörungsideologen bestehen. Laut [2][einem Bericht der Zeit] sollen
       mit Heinrich XIII. auch ein Prinz eines alteingesessenen deutschen
       Adelsgeschlechts sowie die frühere Bundestagsabgeordnete der AfD, Birgit
       Malsack-Winkemann zu den Verschwörern gehören.
       
       [3][Nach Informationen von NDR, WDR] und [4][Süddeutscher Zeitung] gehören
       auch Ärzte und weitere Unternehmer zu der Gruppierung. Sie soll geplant
       haben, die staatliche Ordnung gewaltsam zu beseitigen und mit Waffengewalt
       einen Umsturz herbeizuführen. Sie soll auch Zugang zu Waffen haben.
       
       Laut einem [5][Bericht auf tagesschau.de] soll die Gruppe geplant haben,
       einen Staat nach Vorbild des Deutschen Reichs von 1871 zu errichten. Weit
       sei die Gruppe dabei aber nicht gekommen.
       
       Die Richterin und ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Malsack-Winkemann
       [6][war laut Zeit] als Justizministerin des neuen Regimes vorgesehen. Sie
       sei am Mittwochmorgen in Berlin festgenommen worden.
       
       Malsack-Winkemann saß bis 2012 für die AfD im Bundestag. Danach arbeitete
       sie wieder als Richterin in Berlin. Berlins Justizsenatorin hatte sie wegen
       rassistischer Äußerungen in den Ruhestand schicken wollen.
       [7][Malsack-Winkemann hatte aber dagegen geklagt und im Oktober Recht
       bekommen].
       
       Die Gruppierung hat laut Bundesanwaltschaft vor allem Angehörige der
       Bundeswehr und Polizei für den geplanten Staatsumsturz rekrutieren wollen.
       Bei mindestens vier Treffen in Baden-Württemberg im vergangenen Sommer
       hätten mutmaßliche Mitglieder für die terroristische Vereinigung und ihre
       Ziele geworben, teilte die Behörde am Mittwoch in Karlsruhe mit.
       
       Im November hätten Beschuldigte in Norddeutschland gezielt Polizeibeamte
       für die Vereinigung gewinnen wollen. Im Oktober hätten Angehörige des
       „militärischen Arms“ Bundeswehrkasernen in Hessen, Baden-Württemberg und
       Bayern ausgekundschaftet, „um sie auf ihre Tauglichkeit für die
       Unterbringung eigener Truppen nach dem Umsturz zu inspizieren“.
       
       ## Auffälliger Impfgegner beim KSK
       
       Ein Sprecher des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) bestätigte am
       Mittwoch, dass sich die Ermittlungen auch gegen einen Soldaten des
       Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr richten. Nach Informationen
       der dpa handelt es sich um einen Unteroffizier. Demnach wurden sein Haus
       und sein Dienstzimmer in der Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw
       (Baden-Württemberg) durchsucht. Er war in der Bundeswehr bereits als
       Impfgegner aufgefallen und später aus der Truppe heraus gemeldet worden.
       Bei den Ermittlungen sind demnach bisher aber keine Bezüge zu früheren
       Extremismusvorfällen im KSK entdeckt worden.
       
       „Der MAD war im Vorfeld in die Ermittlungen des GBA eingebunden und hat
       seine Erkenntnisse im Verfassungsschutzverbund und mit dem
       Bundeskriminalamt geteilt“, sagte der MAD-Sprecher. Der aktive Soldat sei
       Angehöriger des Kommandos Spezialkräfte, es handele sich aber nicht um
       einen Kommandosoldaten. Hintergrund ist, dass in der Kaserne auch Teile der
       Logistik, Unterstützungskräfte und die Führung des Verbandes stationiert
       sind.
       
       „Im Zuge der verdeckten Ermittlungen des MAD haben sich bisher keine
       Verbindungen zwischen dem beschuldigten Soldaten und zurückliegenden
       Ermittlungskomplexen im KSK erhärten lassen. Die Verbindungen sind jedoch
       weiterhin Gegenstand der laufenden Ermittlungen“, sagte der Sprecher
       weiter.
       
       ## Große Durchsuchungsaktionen
       
       Bei einer der größten Durchsuchungsaktionen der bundesdeutschen Geschichte
       durchsuchen seit dem Morgen Einsatzkräfte mehr als 130 Häuser, Wohnungen
       und Büros in elf Bundesländern.
       
       Bundesweit rückten Polizeieinheiten, darunter GSG9-Spezialkräfte der
       Bundespolizei, an. Zuvor hatten das Bundeskriminalamt (BKA), mehrere
       Landeskriminalämter und Verfassungsschutzbehörden umfangreiche Ermittlungen
       geführt. Beim BKA laufen die Ermittlungen nach Informationen von WDR, NDR
       und SZ unter dem Namen „Schatten“. Zahlreiche Telefone wurden demnach
       überwacht, Personen observiert und deren Aktivitäten im Internet verfolgt.
       
       Die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden hatten im Frühjahr dieses Jahres
       nach ersten Hinweisen des Landesamtes für Verfassungsschutz in Hessen
       begonnen. Dort war man auf einen Adligen aufmerksam geworden: Heinrich
       XIII. Prinz Reuß, 71 Jahre alt, Immobilienunternehmer mit Wohnsitz in
       Frankfurt am Main und Gutsherr eines Jagdschlosses im ost-thüringischen Bad
       Lobenstein. Er gilt als Hauptbeschuldigter.
       
       7 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/MarcoBuschmann/status/1600381557918748673
   DIR [2] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-12/razzien-rechtsextreme-verschwoerung-putsch-birgit-malsack-winkemann-afd
   DIR [3] https://www.tagesschau.de/investigativ/razzia-reichsbuerger-staatsstreich-101.html
   DIR [4] https://www.sueddeutsche.de/politik/reichsbuerger-razzia-terror-bundestag-staatsstreich-1.5710821
   DIR [5] https://www.tagesschau.de/investigativ/razzia-reichsbuerger-staatsstreich-101.html
   DIR [6] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-12/razzien-rechtsextreme-verschwoerung-putsch-birgit-malsack-winkemann-afd
   DIR [7] /Entscheidung-des-Dienstgerichts-Berlin/!5884146
       
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