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       # taz.de -- Stichwahl um US-Senatssitz in Georgia: Georgia bringt Biden Senatsmehrheit
       
       > Raphael Warnock gewinnt die Stichwahl in Georgia. Damit haben die
       > Demokraten bei den Halbzeitwahlen 2022 einen Senatssitz hinzugewonnen.
       
   IMG Bild: Wiedergewählt: Pastor Raphael Warnock bleibt demokratischer Senator von Georgia
       
       New York taz | Der Demokrat Raphael Warnock hat am Dienstag in Georgia die
       Stichwahl um den Senatssitz gegen den pensionierten Football-Spieler und
       Trump-Protegé Herschel Walker gewonnen. Das Ergebnis ist mit 50,6 gegen
       49,4 Prozent knapp, aber es hat weitreichende nationale Folgen: Der
       traditionell konservative Bundesstaat Georgia verschafft damit den
       Demokraten im US-Senat eine klare Mehrheit von 51 zu 49 Sitzen. Ihre
       Position hat sich damit gegenüber dem 50:50-Patt der letzten zwei Jahre,
       das nur durch die Stimme von Vizepräsidentin Kamala Harris aufgelöst werden
       konnte, klar verbessert. Präsident Joe Biden bekommt die nötige
       Rückendeckung für seine Personal- und Außenpolitik. Und die
       Ausgangsposition seiner Partei für das Wahljahr 2024 verbessert sich.
       
       „Danke Georgia. Wir haben es wieder geschafft“, tweetete Warnock wenige
       Minuten nachdem mehrere TV-Sender – darunter auch der rechte Sender Fox –
       am späten Dienstagabend seinen Wahlsieg veröffentlichten. Der 53-jährige
       Pastor war [1][vor zwei Jahren] erstmals in Georgia in den US-Senat gewählt
       worden, genau wie sein demokratischer Senatskollege Jon Ossof. Beide, ein
       afroamerikanischer und ein jüdischer Politiker, sind untypisch für den
       Bundesstaat, der seit Jahrzehnten fest in republikanischer Hand war. Die
       Wiederwahl von Warnock – nunmehr für eine volle Amtszeit von sechs Jahren –
       gibt Demokraten die Hoffnung, dass Georgia langfristig ein Swingstaat wird.
       
       Warnock gehört zum liberalen Flügel der Demokraten. Im Senat hat er sich
       bislang unter anderem für die Senkung von Medikamentenkosten – und damit
       eine stärkere Kontrolle der Pharmaindustrie –, für Bürgerrechte für
       Minderheiten, für das Recht auf Abtreibung, für mehr Schusswaffenkontrolle
       und gegen die Todesstrafe ausgesprochen.
       
       Mit Warnocks Wiederwahl verliert zugleich ein Rechtsaußen der
       Demokratischen Partei ein Stück seines unverhältnismäßigen Einflusses im
       Senat: Senator Joe Manchin aus West Virginia, ein Günstling der Gas-, Öl-
       und Kohlelobbies, hat in den letzten Jahren zahlreiche soziale, steuerliche
       und klimapolitische Reformen verhindert. Da die Demokraten bislang nur mit
       Vizepräsidentin Kamala Harris zu den nötigen 51 Stimmen für eine Mehrheit
       kamen, waren sie auf Manchins Zustimmung angewiesen. Künftig hat die Partei
       auch ohne Vizepräsidentin Harris 51 Senatoren – ihnen stehen 49
       Republikaner gegenüber.
       
       ## Trumps Kandidaten: Rechts, unerfahren, ahnungslos
       
       Walker räumte am späten Dienstagabend seine Wahlniederlage ein. Der
       61-jährige ehemalige NFL-Footballstar war ein miserabler Kandidat. Er log,
       stapelte hoch und hatte kaum politische Ahnung. Seine Kampagne war von
       immer neuen Skandalen überschattet. Noch zwei Tage vor den Wahlen gab eine
       langjährige Ex-Partnerin von ihm ein Interview, in dem sie über
       Faustschläge und einen Griff an ihre Kehle berichtete. Vor ihr hatten
       andere Ex-Partnerinnen ebenfalls über Gewalttätigkeiten berichtet, seiner
       Ex-Gattin soll er einmal eine Schusswaffe an die Schläfe gehalten haben. Im
       Wahlkampf kam auch heraus, dass Walker, der sich als Familienmann und
       Abtreibungsgegner darstellte, mehrere seiner Kinder jahrelang nicht einmal
       in seinem Lebenslauf erwähnt hat und dass er mindestens zwei Frauen zu
       Abtreibungen gedrängt hat.
       
       Die Stärke der Republikaner in Georgia sorgte dafür, dass Walker trotz
       allem am Dienstag 49,4 Prozent der Stimmen bekam. Doch erste
       Wahlauswertungen zeigen, dass Walker offenbar selbst für manche
       langjährigen republikanischen Wähler inakzeptabel war. So stimmten in den
       wohlhabenden Vorstädten von Atlanta, wo gewöhnlich Republikaner gewinnen,
       viele für Warnock.
       
       Die Republikaner machen Ex-Präsident Trump dafür verantwortlich, dass sie
       ihre erhoffte und möglich erscheinende Mehrheit im Senat verfehlt haben.
       Trump hat quer durch die USA radikal rechte und politisch unerfahrene
       Kandidaten für den US-Senat durchgesetzt. Dazu gehörten neben Walker in
       Georgia, auch Mehmet Oz in Pennsylvania, Blake Masters in Arizona und Don
       Bolduc in New Hampshire. Sie traten in Bundesstaaten an, die für die
       Republikaner gewinnbar erschienen. Und sie verloren.
       
       Nach dem [2][schlechten Abschneiden] seiner Kandidaten bei den Midterms und
       in den Wochen vor der Stichwahl vom Dienstag hielt sich Trump aus dem
       Wahlkampf seines Protegés in Georgia heraus. Bislang ist offen, ob der
       Kandidat selbst oder die Parteiführung den Ex-Präsidenten ferngehalten
       haben.
       
       Am Dienstag hatte Trump andere Sorgen als Georgia. In New York erklärten
       die Geschworenen in einem Betrugs- und Steuerhinterziehungsprozess die
       „Trump Organization“ in allen 17 Anklagepunkten für schuldig. Trump schwieg
       zu Georgia. Und wütete lautstark über das Urteil in New York, das er eine
       „politische Hexenjagd in Manhattan“ nennt.
       
       7 Dec 2022
       
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