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       # taz.de -- Terminstreit um Berliner Volksentscheid: Es nervt nur noch
       
       > Vielleicht hat es die SPD verbockt, vielleicht auch nicht. Auf keinen
       > Fall ist es hilfreich, dass die Grünen den Terminbeschluss erneut
       > verzögerten.
       
   IMG Bild: Wieviele Stimmzettel passen da rein?
       
       „Das kannste keinem mehr erklären.“ Viel besser als mit diesem Satz von
       Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) lässt sich das [1][Gerangel um
       den Termin des Klima-Volksentscheids] nicht zusammenfassen. Denn im Grund
       ist seit zwei Wochen klar: Es geht nicht, den Volksentscheid am selben Tag
       wie die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus und zu den
       Bezirksparlamenten abzuhalten, weil es das Gelingen der Wahl in Frage
       stellen würde.
       
       Dass die Dinge nicht ganz glücklich gelaufen sind und die
       [2][Innenverwaltung des Senats keine besonders gute Figur] dabei gemacht
       hat, steht genauso fest. Zwar sah es wirklich nicht so aus, als ob die
       Initiatoren des Volksbegehrens tatsächlich über die nötigen 171.000
       gültigen Unterschriften kommen würden. Trotzdem hätte die Innenverwaltung
       sich besser überlegen können, wie mit einem Sammel-Erfolg umzugehen wäre.
       Doch das ist nicht leider nicht in ausreichendem Maße passiert.
       
       Was auch nicht ganz so überzeugte, war die wechselnde Argumentation der
       Wahlleitung und von Regierungschefin Franziska Giffey (SPD), mal auf
       angeblich nicht mehr zeitgerecht zu druckende Stimmzettel, mal auf
       Ausschreibungsvorgaben für Druckaufträge und mal auf die Warnungen von
       Landeswahlleiter Stephan Bröchler zu verweisen.
       
       Letztlich ist das aber völlig egal. Bröchler und die Verantwortlichen in
       den Bezirken, die das Ganze vor Ort zu organisieren haben, sagen mehr oder
       minder einhellig: Wahl und Abstimmung an einem Tag gefährden den
       reibungslosen Ablauf der Wahlwiederholung, unabhängig von Papier und
       Stimmzetteln. Das ist seit mehreren Wochen zu hören. Und damit hätte die
       Diskussion seit eben so vielen Wochen zu Ende sein müssen.
       
       ## Vernichtendes Urteil über die Verwaltung
       
       Man muss nicht in jenem Saal des Kammergerichts gewesen sein, in dem
       Verfassungsgerichtspräsidentin Ludgera Selting Mitte November jenes für die
       Leistungsfähigkeit der Berliner Verwaltung so vernichtende Urteil sprach.
       Aber wer das live erlebte, der weiß: Damit es mit der Wahl zu
       Abgeordnetenhaus und den Bezirksparlamenten zumindest im zweiten Anlauf
       klappt und Berlin sich nicht erneut blamiert, darf es einfach keine
       zusätzliche Belastung geben.
       
       Das heißt: Es spielt überhaupt keine Rolle, ob es vielleicht doch eine
       Druckerei gibt, die rechtzeitig genug Stimmzettel liefern kann, wie die
       hinter dem Volksentscheid stehende Initiative recherchiert haben will. Das
       gilt genauso für die Frage, ob Fristen nicht anders als von Innenverwaltung
       und Wahlleitung auszulegen sind.
       
       Vor diesem Hintergrund war es völlig überflüssig, dass die Grünen in der
       jüngsten Senatssitzung am Dienstag den Terminbeschluss, vorgesehen schon 14
       Tage vorher, um eine weitere Woche verzögert haben. Das rechtfertigt auch
       nicht der Respekt vor der beim Sammeln so erfolgreichen Initiative, den die
       Grünen mit dem Aufschub ausdrücken wollen. Denn nun zieht sich der Streit
       noch länger hin.
       
       ## Es geht jetzt um Inhalte
       
       Die inhaltliche Auseinandersetzung darüber, ob die rot-grün-rote Koalition
       richtig mit der inhaltlichen Ablehnung des Volksbegehrens liegt, steht
       deshalb weiter im Hintergrund. Geht das tatsächlich nicht, Berlin wie
       gefordert bis 2030 klimaneutral zu machen? Wären Kosten und Aufwand
       tatsächlich unüberwindbare Hürden? Diese Debatte ist zu führen – und nicht
       eine formelle um einen Termin, bei der es nicht um Klimaschutz, sondern um
       direkte Demokratie geht.
       
       Je länger sich die Debatte aber an den Formalia festhält, so größer wird
       der Unwillen sein, sich überhaupt mit dem Anliegen des Volksentscheid zu
       befassen. Denn wie Senator Lederer so richtig gesagt hat: „Das kannste
       keinem mehr erklären.“
       
       10 Dec 2022
       
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   DIR Stefan Alberti
       
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