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       # taz.de -- Konsequenzen aus Putschplänen: AfD-Mitglieder rausschmeißen
       
       > Die mutmaßlichen Verwicklungen der AfD-Richterin Malsack-Winkemann in den
       > geplanten Umsturz zeigen: AfD-Mitglieder gehören nicht in den
       > Staatsdienst.
       
   IMG Bild: Birgit Malsack-Winkemann (rechts) im Gespräch mit dem jetzigen Parteichef Tino Chrupalla
       
       Vielleicht ist es ein Zufall: Am Donnerstag war das Urteil des Berliner
       Dienstgerichtes zur unter Terrorverdacht stehenden AfD-Richterin Birgit
       Malsack-Winkelmann [1][unter der alten Adresse nicht mehr zu finden]. Doch
       aus Sicht der Berliner Gerichte gäbe es Gründe genug, das Dokument aus dem
       Netz zu nehmen und den Deckmantel des Schweigens darüber auszubreiten. Denn
       sowohl das Urteil als auch die [2][mündliche Verhandlung Ende Oktober]
       belegen eindrücklich, was falsch läuft in der Justiz im Umgang mit
       Rechtsextremen im Staatsdienst.
       
       Im Urteil steht, dass die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete
       Malsack-Winkemann sich mehr oder weniger nichts zu schulden habe kommen
       lasse und als Richterin geeignet sei. „Eine Nähe zu
       verschwörungstheoretischen Kreisen mit rechtsextremem Hintergrund“ sei
       nicht nachzuweisen, ist dort zu lesen.
       
       Es fehle der Nachweis, dass die 58-Jährige „die Nähe von Parteimitgliedern
       sucht, die rechtsextremistische Ansichten vertreten“. Allein durch eine
       „xenophobe Haltung“ könne während eines Prozesses „jedenfalls nicht schon
       auf eine verfassungsfeindliche Einstellung der Antragsgegnerin geschlossen
       werden.“ (zitiert nach [3][dem Verfassungsblog])
       
       Das muss man sich nochmal vergegenwärtigen: Das Gericht ist der Auffassung,
       das Malsack-Winkemann langjährig Mitglied in der AfD war und dabei keine
       Verbindungen zu Rechtsextremen oder Verschwörungsideologie geknüpft hätte –
       in einer rechtsextremen Partei, die für Desinformationen bekannt ist,
       antidemokratische Verschwörungserzählungen verbreitet und deren Wesenskern
       rassistische und damit verfassungsfeindliche Hetze ist. In diesem Umfeld
       brachte die Richterin es wohlgemerkt zur Bundestagsabgeordneten, hatte
       Ämter inne, ist bis heute Beisitzerin des Bundesschiedsgerichts, auch wenn
       [4][die AfD das mittlerweile lieber verschweigen würde].
       
       Nun, am Mittwoch, wurde Malsack-Winkemann in ihrer Villa in Wannsee
       festgenommen. Wegen des Verdachts der [5][Beteiligung an einem geplanten
       terroristischen Staatsumsturz], motiviert offenbar durch
       verschwörungsideologische und rechtsextreme Reichsbürgerideologie. 3.000
       Polizist*innen durchsuchten bundesweit Immobilien, fanden Waffen und
       Beweismittel und nahmen bisher 25 Verdächtige fest – darunter weitere
       vermeintliche Staatsdiener*innen wie Bundeswehr-Soldaten.
       
       Nach einem erfolgreichen Umsturz sollte Malsack-Winkemann offenbar
       Justizministerin werden und in einem Reichsbürger-Kabinett unter einem
       Monarchen dienen. Sie gilt als [6][QAnon-Anhängerin] und steht
       Verschwörungsideologien und Rechtsextremismus dann offenbar doch recht
       nahe. Wer hätte das gedacht.
       
       ## AfD-Parteibuch muss Ausschlusskriterium sein
       
       Der Fall zeigt: AfD-Mitglieder, erst recht AfD-Politiker*innen mit Ämtern
       und Mandaten, haben im Staatsdienst nichts zu suchen. Sie sind eine
       Hintertür für rechtsextreme Umtriebe bis hin zu terroristischen Anschlägen
       und Putschversuchen. Das gilt für die Justiz genau so wie für Polizei,
       Bundeswehr und eigentlich sämtliche sensible Positionen in Behörden.
       
       Malsack-Winkemann wurde von vielen als gemäßigt dargestellt: trotz ihrer
       rechtsextremen Reden im Bundestag und hetzerischen Reden auf Parteitagen,
       trotz Kuschel-Fotos mit Flügel-Funktionären, und trotz ihrer Beteiligung an
       der verschwörungsideologischen Querdenken-Demo im August 2020, die in der
       Erstürmung der Reichtstagstreppe gifpelte. Drei Monate später ließen
       AfD-Abgeordnete Querdenker*innen sogar direkt in den Bundestag, wo sie
       herumpöbelten und drohten. Auch Malsack-Winkemann besaß bis Mittwoch einen
       gültigen Ehemaligenausweis für das Parlament und hätte möglicherweise für
       die geplante bewaffnete Erstürmung der Parlamentsgebäude ihre Ortskenntnis
       zur Verfügung stellen können oder gar einen Zugang verschaffen.
       
       Man mag dem Gericht bei seinem [7][problematischen Urteil] vielleicht
       zugute halten, dass im Gegensatz etwa zum vergangene Woche erfolgreich in
       den Ruhestand versetzten [8][AfD-Richter und Flügel-Obmann Jens Maier]
       weniger verfassungsfeindliche Aussagen von Malsack-Winkemann bekannt waren
       – jedenfalls öffentlich. Das allein kann aber nicht der Maßstab sein.
       
       Dieser Fall zeigt schonungslos, dass man in der AfD vom Schlimmsten
       ausgehen muss: Die Verbindungen in militant-rechtsextremistische Kreise
       sind eben keine Seltenheit, sondern liegen in der Natur der Sache in einer
       extrem rechten Partei. Beispiele dafür gibt es genug,
       Verfassungsschutzpräsident Haldenwang hat nicht umsonst auf [9][Nähe der
       AfD zur Reichsbürgerszene hingewiesen].
       
       ## Das Berliner Urteil gehört korrigiert
       
       Umso wichtiger, dass die Berliner Senatsverwaltung für Justiz gegen das
       Urteil Rechtsmittel einlegt. Das hat Senatorin Lena Kreck (Linke) am
       Mittwoch bereits angekündigt – sie hätte es auch unabhängig von der
       Festnahme und den Beschuldigungen gegenüber Malsack-Winkemann getan, sagt
       sie. Für die Niederlage in erster Instanz beim Dienstgericht hat die
       Senatorin viel Häme kassiert, von Journalist*innen, aber auch
       AfD-Politiker*innen und sonstigen rechten Apologeten. Der weitere Verlauf
       zeigt: Man muss ihr im Gegenteil dankbar sein, dass sie es versucht hat –
       und den Weg nun weiter gehen will.
       
       Politisch geboten ist eine bereits mit großem Gestus [10][angekündigte
       Reform des Disziplinarrechts]. Aber auch die Justiz ist in der Pflicht: Aus
       der Treuepflicht von Beamt*innen heraus gilt es, den Staat – aktiv! –
       vor antidemokratischen Umtrieben zu schützen, zur Not gegen seine eigenen
       Repräsentanten. Beamt*innen und Staatsdiener*innen, zumal in sensiblen
       Bereichen, sind insofern für den Staatsdienst ungeeignet, solange sie nicht
       aus der AfD austreten und sich aktiv distanzieren. Tun sie es nicht, nehmen
       sie im besten Fall rechtsextreme Umtriebe hin und fördern sie durch
       Nichtstun – im schlimmsten Fall beteiligen sie sich an einem gewaltsamen
       Staatsstreich. Das dürfen Gerichte gerne auch in ihren Urteilen
       berücksichtigen.
       
       Nicht umsonst gilt die Gesamtpartei als rechtsextremer Verdachtsfall – der
       Verfassungsschutz ist verpflichtet, die AfD zu beobachten angesichts ihrer
       stetigen Radikalisierung seit 2013. Hinzu kommt im Fall Malsack-Winkemann:
       Auch Beamte mit einem ruhenden Dienstverhältnis sind nicht gänzlich aus
       ihren Pflichten wie der Verfassungstreue befreit, wie übrigens auch das
       Dienstgericht in Sachsen in der [11][Causa Maier urteilte]. Und die kann
       man bei einer AfD-Mitgliedschaft grundsätzlich in Frage stellen.
       
       Man kann angesichts der neuen Vorwürfe darauf hoffen, dass das Urteil gegen
       Malsack-Winkemann in der nächsten Instanz kassiert wird. Ebenso ist darauf
       zu hoffen, dass Gerichte und Behörden künftig einen weniger bräsigen und
       nachsichtigen Umgang mit Verfassungsfeinden finden. Dabei gilt natürlich
       die Unschuldsvermutung hinsichtlich der Terror-Vorwürfe gegenüber
       Malsack-Winkemann. Aber dass sie sich seit fast zehn Jahren in der AfD
       engagiert, ist eben kein Geheimnis und stand der neutralen Rolle einer
       Richterin auch schon im Weg, bevor bekannt war, dass sie eine mutmaßliche
       rechte Terroristin ist.
       
       Immerhin: Das Urteil vom Oktober ist nach taz-Anfrage beim
       Verwaltungsgericht doch auffindbar. Offenbar war es aufgrund eines
       technischen Problems in der Datenbank der Berliner Gerichte nicht zu
       finden. Gut verlinkbar ist es zudem auf dem Portal [12][„Openjur.de“]
       veröffentlicht. Und das sollte als Mahnung auch so bleiben.
       
       9 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/JURE220036803
   DIR [2] /Entscheidung-des-Dienstgerichts-Berlin/!5884146
   DIR [3] https://verfassungsblog.de/kein-ruhestand-fur-afd-richterin/
   DIR [4] https://twitter.com/SchmidtLev/status/1600482369177255938
   DIR [5] /Razzia-bei-Reichsbuergern/!5901865
   DIR [6] /Umsturz-Verdaechtige-Malsack-Winkemann/!5901879
   DIR [7] https://verfassungsblog.de/kein-ruhestand-fur-afd-richterin/
   DIR [8] /AfD-Richter-Jens-Maier/!5895626
   DIR [9] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwjS4b3t-On7AhXahP0HHZULD6YQwqsBegQIEhAB&url=https%3A%2F%2Fwww.tagesschau.de%2Fmultimedia%2Fvideo%2Fvideo-1124955.html&usg=AOvVaw0W3SEg29kTNcZSKHcjL3mf
   DIR [10] https://twitter.com/MartinaRenner/status/1600743281675337729
   DIR [11] /AfD-Richter-Jens-Maier/!5895626
   DIR [12] https://openjur.de/u/2456471.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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