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       # taz.de -- Streit über Maskenpflicht: Nach der Pandemie
       
       > Jetzt, wo Corona nur noch endemisch ist, herrscht Streit über die
       > verbleibenden Schutzmaßnahmen. Ist ein bisschen Maske echt ein so großes
       > Opfer?
       
   IMG Bild: Manche haben ihre Maske bereits weggeworfen
       
       Man hätte zum Jahreswechsel an dieser Stelle gerne über etwas anderes
       gesprochen. Über ein Ende des Angriffskriegs gegen die Ukraine etwa oder
       über einen politischen Durchbruch im Kampf gegen den Klimawandel. Aber
       beides gibt es nicht, und so bleibt am Ende eines wenig ermutigenden Jahres
       doch wieder nur: Corona.
       
       Corona also soll zu Ende oder besser Endemie sein. So hieß es zu Beginn
       dieser Woche aus dem Munde eines berufenen [1][Virologen], und das klang
       eigentlich ganz gut, weil Endemie das Ende der Pandemie einläutet – zwar
       nicht sofort, aber allmählich, um nicht zu sagen: bald. Dann aber fing erst
       der Bundesjustizminister an zu reden, sekundiert von Kollegen aus der FDP,
       die auch das mit der Endemie wohl nicht richtig durchdrungen haben. Deshalb
       gibt es jetzt Streit – über die Maske. Anders als es die gültige
       Fortentwicklung des Infektionsschutzgesetzes vorsieht, möchte die FDP die
       Coronaschutzmaßnahmen vor dem 7. April abschaffen. Die Maske soll weg,
       sofort.
       
       Längst ist der [2][Mund-Nasen-Schutz] zum Sinnbild von Beschränkungen
       geworden, welche von Teilen der deutschen Bevölkerung bis heute nicht als
       das gesehen werden, was sie immer waren: Schutzvorkehrungen, um die
       Menschen vor einer neuen, oft schwer oder gar tödlich verlaufenden
       Erkrankung zu schützen.
       
       Inzwischen weiß man allzu gut, dass Covid auch für Überlebende einer
       Infektion drastische Folgen haben kann. Die Zahl der
       Long-Covid-Patient:innen wächst immer noch. Sich und vor allem andere vor
       dergleichen nicht bewahren zu müssen, obwohl man es mit einem einfachen
       Mittel und etwas mehr Rücksicht doch könnte, gilt aber neuerdings als
       Freiheitsrecht. Das Wort „Maßnahme“ geht inzwischen synonym mit „Schikane“.
       
       ## Es gibt kaum noch Vorschriften
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass das Ende von „Schikanen“, also Maßnahmen
       gefordert wird. Das klingt auch immer schön engagiert und menschennah, ein
       sofortiges Ende „der Maßnahmen“ zu verlangen. Aber lassen Sie uns mal kurz
       überlegen: Um welche Maßnahmen geht es überhaupt noch?
       
       Aktuell sind es aberwitzig wenige. In Krankenhäusern und in der Altenpflege
       ist die Maske Pflicht, auch Testungen sind hier noch vorgeschrieben. Den
       Sinn dieser Vorschrift muss man hoffentlich niemandem mehr erklären, aber
       falls doch: Ältere und Kranke haben auch mit einer dreifachen Impfung oft
       keinen guten Immunschutz. Besser also, man bringt als Gast, Neueinweisung
       oder Mitarbeiter:in kein Corona an die Betten und Rollstühle.
       
       Masken müssen zudem all jene tragen, die sich in einen Fernverkehrszug der
       Deutschen Bahn begeben. Über diese Maskenpflicht könnte man tatsächlich
       streiten, weil das Bahnpersonal mit Ermahnungen selten weit kommt und es
       manche ohnehin schaffen, vier Stunden lang pausenlos zu essen und zu
       trinken und die Pflicht damit auszuhebeln.
       
       Aber so eine Bahnfahrt dauert bisweilen doch länger als gedacht. Wer über
       viele Stunden mit Fremden in einem geschlossenen Raum zusammenhockt, ist
       vielleicht doch ganz froh, wenn die Sitznachbarinnen einem nicht
       ungeschützt ins Gesicht husten können. Vergleichbares gilt für die von den
       Ländern zu veranlassende Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr.
       
       ## Breite Immunität in in Deutschland
       
       Masken in Zügen, Bussen und Bahnen, in Kliniken und Altenheimen. Ist das
       wirklich zu viel verlangt in einer Zeit, in der die Krankenhäuser dank
       [3][zahlreicher kursierender Atemwegserreger] an der Grenze ihrer
       Leistungsfähigkeit stehen und durch ein mutwillig angefeuertes
       Infektionsgeschehen über diese Grenze hinweggetrieben werden könnten? Laut
       Infektionsschutzgesetz ist genau das eigentlich die Situation, für die die
       Regeln gemacht wurden. Es geht dabei noch immer um Menschenleben.
       
       Zumal das Virus hier zwar gerade etwas dahindümpeln mag, in China pflügt es
       derzeit durch die Bevölkerung. Nach aktuellem Kenntnisstand ist es zwar
       unwahrscheinlich, dass dem Coronavirus durch diese Massenvermehrung ein
       Sprung über die Immunität der Geimpften in Europa gelingt, aber
       ausschließen lässt sich das nicht. Und: Auch in Deutschland nimmt die Zahl
       der Corona-Infektionen wieder zu. Da der Druck auf das Virus durch die
       inzwischen breite Immunität der Menschen hier besonders hoch ist, ist es
       sogar wahrscheinlicher, dass gefährliche neue Varianten hier entstehen
       statt in China.
       
       Auch das ist Hypothese, klar. Trotzdem sollte der Blick zurück auf drei
       Jahre Coronapandemie doch eigentlich genügen, um der Unberechenbarkeit von
       Corona noch ein paar Wochen länger begegnen zu wollen – und sei es mit ein
       bisschen Maskentragen. Es gibt schließlich noch andere Probleme wie Krieg
       und Inflation. Probleme, die zum Jahresende 2023 hoffentlich genauso
       Geschichte sein werden wie Corona.
       
       31 Dec 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Kathrin Zinkant
       
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