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       # taz.de -- Lesen statt WM-Gucken: Wie das alles angefangen hat
       
       > Die Fußball-WM 1990 markiert den Beginn dessen, was heute als „moderner
       > Fußball“ verschrien ist. Ein Buch beschreibt diesen Aufbruch.
       
   IMG Bild: Absprung in die Fußball-Moderne: Lothar Matthäus und Diego Maradona im WM-Finale 1990
       
       Bilder, die in Bundesligastadien der achtziger Jahre aufgenommen wurden,
       irritieren. Viele Männer, sehr wenige Frauen stehen da, tragen Jeansjacken
       und merkwürdige Frisuren, und die Ränge sind nur selten einigermaßen
       gefüllt. Jedem Foto ist anzusehen, dass der Fußball etwas komplett anderes
       war: Fans und Funktionäre entstammten einem komplett anderen sozialen
       Milieu als heute. Teils lässt sich diese Beobachtung auch auf Spieler und
       Trainer verlängern.
       
       „Eine WM, die alles veränderte“ nennt Dietrich Schulze-Marmeling im
       Untertitel sein Buch „1990“. Mit der WM in Italien begann im Fußball
       tatsächlich eine neue Ära. Wenn der Begriff nicht besetzt wäre, könnte man
       auch von Zeitenwende sprechen.
       
       Ende der Achtziger hatten vor allem [1][im von Margret Thatcher regierten
       England] Stadionkatastrophen den Fußball anfällig gemacht für
       politisch-ökonomischen Zugriff. Er sollte nicht mehr der Sport der
       verhassten Arbeiterklasse sein, [2][sondern „moderner“ werden].
       
       Anfangs der Neunziger kam entsprechend hierzulande das Privatfernsehen auf.
       Ab 1992 modellierte Sat.1 mit „ran“ das Produkt Fußball, dass es neuen
       Zielgruppen zugeführt werden konnte. Die Uefa schuf 1992 die Champions
       League, und in England kam im selben Jahr die Premier League.
       
       Dass und warum die WM 1990 hier eine zentrale Rolle spielt, ist das Thema
       von Schulze-Marmelings Buch. Zentral deswegen, weil sie offenbarte, dass
       auch der Fußball, pünktlich mit dem Ende der Sowjetunion, seinen globalen
       Siegeszug antritt: Auf WMs wurden mehr als nur die dort schon bekannten
       Kontinente Europa und Lateinamerika vertreten, gute Kicker verließen ihre
       nationalen Ligen, um bei Spitzenklubs, die wie Konzerne geführt wurden,
       mehr Geld zu verdienen und zu Weltstars aufzusteigen.
       
       Die Globalisierung des Fußballs, die etwa ab 1990/92 einsetzt, hat viele
       Aspekte, und das Verdienst dieses Buchs ist, dass sie sie nicht nur listet,
       sondern eine schlüssige Interpretation bietet.
       
       Dietrich Schulze-Marmeling: „1990. Eine WM, die alles veränderte“.
       Bielefeld 2022, Werkstatt, 204 Seiten, 22 Euro
       
       14 Dec 2022
       
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