URI: 
       # taz.de -- Zunahme von Holzschäden: Gestörte Wälder
       
       > Ein Wald kann sich normalerweise an Naturereignisse wie Wind und Hitze
       > anpassen. Laut einer internationalen Studie klappt das jedoch immer
       > schlechter.
       
   IMG Bild: Totholz am Brocken im Nationalpark Harz
       
       Berlin taz | Stürme, Brände, Borkenkäfer: Die europäischen Wälder sind
       solchen natürlichen Störungen ausgesetzt – und nehmen dabei immer mehr
       Schaden. Das ergab die Studie eines internationalen Teams von
       Forstwissenschaftler:innen des Potsdam-Instituts für
       Klimafolgenforschung (PIK), des Europäischen Forstinstituts (EFI) und 19
       weiterer Forschungseinrichtungen aus ganz Europa.
       
       „Die zentrale Aussage ist, dass die Menge geschädigten Holzes seit 1950
       stark zugenommen hat“, sagt Mats Mahnken, Forscher am PIK und Mitautor der
       Studie. „Das heißt konkret: Im Durchschnitt entstehen jedes Jahr insgesamt
       845.000 Kubikmeter mehr Schadholz als im Jahr davor.“ Immer mehr Wälder
       verlieren laut Mahnken ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Störungen, sie
       sind immer schlechter angepasst.
       
       Wind, Feuer oder Schädlinge, wie der Borkenkäfer, den Wäldern Schaden
       zufügen. Von einer Störung ist dann die Rede, wenn es zu einer abrupten
       Abnahme von Biomasse kommt – wenn viel Holz auf einmal abstirbt.
       Expert:innen bezeichnen die tote Biomasse als Schadholz.
       
       „Natürlich geht es immer, wenn Holz Schaden nimmt, auch um ganz viele
       andere Aspekte“, so Mahnken. Die Wälder mit ihren toten und lebenden Bäumen
       [1][dienen zahlreichen Arten als Lebensraum], außerdem speichern sie
       effektiv Kohlendioxid. Die Studie habe jedoch gezeigt, dass sich dadurch
       Wälder von Kohlenstoffsenkern in Kohlenstoffquellen verwandeln können, wenn
       aus dem toten Holz mehr Kohlenstoff in die Atmosphäre entweicht, als die
       lebenden Pflanzen durch Fotosynthese speichern können.
       
       ## Klimakrise macht Wälder weniger widerstandsfähig
       
       „Dass die Schäden zunehmen, ist auch auf den Klimawandel zurückzuführen“,
       erklärt Mahnken. So hätten sich einerseits die Störungen verändert. Der
       Borkenkäfer zum Beispiel konnte sich [2][wegen der Erderhitzung] mehrmals
       im Jahr vermehren. „Wenn es so viele Borkenkäfer gibt, ist auch der
       widerstandsfähigste Baum irgendwann machtlos.“
       
       Andererseits habe die Klimakrise die Wälder selbst vorgeschädigt: Die
       Pflanzen seien etwa trockener und könnten Stürmen, Bränden oder Schädlingen
       deutlich weniger entgegensetzen.
       
       Um die Wälder wieder anpassungsfähiger zu machen, müssen Menschen ihren
       Umgang mit dem Wald verändern. Welche Maßnahmen genau helfen, ist laut
       Mahnken standortabhängig.
       
       Hilfreich sei jedoch zum Beispiel, wenn ein Wald [3][aus einer Mischung aus
       verschiedenen Baumarten und -höhen] besteht. Oder wenn die Waldränder die
       Form eines Keils bilden und so starkem Wind besser standhalten können.
       
       ## Forscher:innen fordern einheitliche Datensammlung
       
       [4][Für die Studie] haben die Forscher:innen verschiedene Quellen über
       34 europäische Länder ausgewertet, darunter wissenschaftliche Literatur,
       aber auch Zeitungsartikel, in denen zum Beispiel über die Folgen von
       Stürmen berichtet wurde.
       
       Denn: „Es gibt bisher kein einheitliches Erhebungssystem für Waldschäden“,
       sagt Mahnken. „Nicht mal jedes Land hat eine nationale Datenbank.“ Die
       Forschungsgruppe fordert daher: ein einheitliches Überwachungssystem für
       natürliche Störungen in Europa, um sie besser beobachten und darauf
       reagieren zu können.
       
       24 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Artenschutzabkommen-von-Montreal/!5900620
   DIR [2] /Weltweite-Erderwaermung/!5893035
   DIR [3] /Klimafolgen-fuer-die-Berliner-Waelder/!5893848
   DIR [4] https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/europas-waelder-zunehmend-im-stress
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nanja Boenisch
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Wald
   DIR Waldschäden
   DIR Studie
   DIR Harz
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Wald
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Landwirtschaft
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Borkenkäfer im Harz: Der Weckrufer
       
       Die Forstwirtschaft wertet den Tod von Fichten im Harz als schweren Schaden
       und bekämpft den Borkenkäfer. Doch das ist ein Fehler.
       
   DIR Holz als Energieträger: Hoffen auf den Wald
       
       Mit der Energiekrise geht der Blick sehnsuchtsvoll Richtung Wald. Da wächst
       doch ein Energieträger. Wenn die Sache mit dem Brennholz nur so einfach
       wäre.
       
   DIR Waldschäden im Harz: Totes Holz ist Leben
       
       Niedersachsens grüner Umweltminister Christian Meyer plädiert für mehr
       Wildnis im Nationalpark Harz. Vor Ort hört das nicht jeder gern.
       
   DIR Artenschutzabkommen von Montreal: Klimawandel und Artensterben
       
       Ziel 8 von 23 des neuen Abkommens ist der Klimaschutz. Denn nur wenn man
       beide Krisen zusammen angeht, gibt es die Chance, dass sich etwas
       verändert.
       
   DIR Forderung zu Sojaimporten: Nicht nur Wald kann entwaldet werden
       
       Umweltorganisationen verlangen: Die geplante EU-Verordnung müsse auch
       Sojaimporte von gerodeten Flächen etwa in Brasiliens Region Cerrado
       verbieten.
       
   DIR Klimafolgen für die Berliner Wälder: Eine Wette auf die Zukunft
       
       Der Waldzustandsbericht 2022 zeigt, ein Umbau auf mehr Laubbäume könnte den
       Wald im Klimawandel erhalten helfen. Noch dominiert die Kiefer.