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       # taz.de -- Twitter sperrt Journalist*innen: Unliebsame Presse
       
       > Auf Twitter wurden die Accounts von mehreren Journalist*innen
       > wichtiger US-Medien gesperrt. Die hatten zuvor kritisch über Musk
       > berichtet.
       
   IMG Bild: Twitter-Chef Elon Musk
       
       Neue Aufregung um Elon Musk: Twitter hat die Konten mehrerer
       Journalist*innen gesperrt, die ihm, dem Besitzer des
       Kurznachrichtendienstes, offensichtlich nicht passen. Betroffen waren
       Reporter*innen von CNN, der New York Times, der Washington Post und
       anderer Medien. Sie hatten in der Vergangenheit kritisch über Twitter
       berichtet. Auch [1][der Account des anarchistischen Medienkollektivs It's
       Going Down], bekannt für seine Investigativrecherchen zur US-amerikanischen
       Rechten und QAnon, wurde gesperrt.
       
       Eine offizielle Begründung dafür gab es von Twitter bisher nicht, Musk
       selbst twitterte allerdings Verschiedenes. User*innen auf Twitter
       berichten, [2][dass einige der gesperrten Journalist*innen weiterhin in
       Spaces teilnehmen konnten], einem Bereich auf Twitter, in dem Menschen live
       miteinander sprechen und diskutieren können. Grund dafür könnte ein
       technischer Fehler sein.
       
       Gesperrt wurden unter anderem [3][Drew Harwell] von der Washington Post,
       der [4][über Musk] berichtet hatte und [5][über einen Account, der frei
       zugängliche Daten über Musk veröffentlichte]. [6][Sally Buzbee,
       Chefredakteurin der Washington Post, forderte von Twitter], den
       Journalisten „unverzüglich“ wieder auf der Plattform zuzulassen. Die Sperre
       sei ohne Warnung und ohne Erklärung erfolgt.
       
       Auch das Auswärtige Amt kritisierte das Vorgehen von Twitter.
       „Pressefreiheit darf nicht nach Belieben ein- und ausgeschaltet werden“,
       schreibt es [7][in einem Beitrag auf der Plattform]. Mit der Sperrung der
       Journalisten „haben wir ein Problem“.
       
       [8][Věra Jourová, Vizepräsidentin für Werte und Transparenz der
       EU-Kommission], bezeichnete die Nachricht von den Sperrungen als
       besorgniserregend und wies auf die Verpflichtung durch den Digital Services
       Act hin, die Pressefreiheit zu respektieren. „Es gibt rote Linien. Und bald
       Sanktionen.“
       
       Musk selbst begründet die Sperren damit, dass die betroffenen Accounts ihn
       gedoxxt hätten, also persönliche Informationen öffentlich gemacht hätten.
       Dieses Vorgehen würde die Sicherheit der gedoxxten Personen verletzen. „Das
       beinhaltet, Links auf Seiten mit Echtzeit-Aufenthaltsorten zu
       veröffentlichen“, schreibt Musk auf Twitter. Es sei aber kein Problem, die
       Aufenthaltsorte leicht zeitverzögert zu posten. Ob die Journalist*innen
       tatsächlich aktuelle Aufenthaltsorte veröffentlicht haben, ist für die taz
       nicht nachvollziehbar. Sie bestreiten das jedoch ebenso wie die Medien, für
       die sie arbeiten. Zudem ist Elon Musk in den vergangenen Tagen und Wochen
       immer wieder mit dem Verbreiten von Lügen aufgefallen.
       
       [9][CNN schreibt], ihr Reporter Donie O’Sullivan sei „ohne Erklärung“
       gesperrt worden und die Sperrung würde „einen bedeutenden Versuch des neuen
       Besitzers Elon Musk bezeugen, seine einseitige Macht über die Plattform
       auszuüben“. Auch CNN bestreitet, dass ihr gesperrter Reporter Koordinaten
       zu Musks Aufenthalt geteilt hätte.
       
       O’Sullivan hatte kurz vor seiner Sperrung über das Social-Media-Netzwerk
       Mastodon berichtet, das aktuell als Twitter-Alternative gehandelt wird und
       seit der Übernahme durch Musk einen enormen Zuwachs an Nutzer*innen
       verzeichnet.
       
       ## „Schädlicher“ Link vom Auschwitz Memorial
       
       Auch Mastodon selbst hat offenbar Probleme mit Twitter: [10][Der offizielle
       Twitter-Account des Netzwerks] ist komplett gesperrt. Zudem konnte die taz
       feststellen, dass einige auf Twitter gepostete Links zu Mastodon-Profilen
       der jeweiligen Nutzer*innen als „möglicherweise nicht sicher“ bezeichnet
       werden, [11][etwa der des Star-Trek-Schauspielers George Takei] oder der
       des offiziellen Accounts der Gedenkstätte [12][Auschwitz Memorial]. In der
       Begründung heißt es, der Link könnte „schädlich“ oder ein „Spam-Link“ sein
       oder zu „gewalttätigem oder irreführendem Inhalt“ führen.
       [13][Zwischenzeitlich berichtete der Account außerdem], dass ein Tweet
       nicht gesendet werden konnte.
       
       Das Hauptaugenmerk in der Rechtfertigung der Sperren legt Musk jedoch auf
       Doxxing und Sicherheit. „Mich den ganzen Tag zu kritisieren, ist in
       Ordnung, aber meine Echtzeit-Aufenthaltsorte zu doxxen und meine Familie in
       Gefahr zu bringen, ist es nicht“, [14][schreibt er].
       
       Damit bezieht sich Musk auf [15][den Account @elonjet, der bei Twitter in
       Echtzeit veröffentlich hatte, wo genau sich der Privatjet des Milliardärs
       aufhält]. Die Daten zum Musk-Jet waren nicht geheim, der Account
       veröffentlichte frei zugängliche Informationen. Erst am Mittwoch änderte
       Twitter seine Plattformregeln und sperrrte @elonjet. Unter anderem ist es
       nun verboten, den aktuellen Standort einer Person ohne deren Zustimmung zu
       veröffentlichen. Einige der jetzt zuletzt gesperrten Journalist*innen
       hatten darüber berichtet.
       
       Auslöser für die Regeländerung war offenbar ein Vorfall einige Tage zuvor,
       bei dem Musk zufolge eines seiner Kinder von einem Fremden im Auto gestalkt
       wurde.
       
       Auch [16][der private Account des Menschen hinter @elonjet] wurde gesperrt:
       Jack Sweeney. Der lässt sich und sein Musk-Tracking allerdings wohl nicht
       so leicht aus der Öffentlichkeit schieben. Gegenüber dem Magazin
       [17][Buzzfeed ] sagte der Student, er würde seine Arbeit fortsetzen und
       dabei mehr auf andere Plattformen achten. CNN-Reporter Ryan Mac, der über
       das Konto und seinen Betreiber berichtet hatte, wurde ebenfalls gesperrt.
       
       Erst Anfang November, kurz nach seiner Übernahme des Unternehmens, hatte
       Musk [18][auf Twitter bekanntgegeben], dass seine Hingabe zur freien
       Meinungsäußerung so weit ginge, dass er den Account @elonjet nicht sperren
       lassen würde. Auch damals erwähnte er bereits, dass dadurch seine
       Sicherheit bedroht sei.
       
       Musk startete in der Nacht noch eine [19][Umfrage auf Twitter], ob er die
       Accounts, die seine Echtzeit-Aufenthaltsorte gezeigt hätten, wieder
       freischalten sollte. Das Ergebnis fiel für ihn nicht gut aus. Die Mehrheit
       der Menschen wollte eine Freischaltung. [20][Aktuell wiederholt er die
       Umfrage also], gibt aber eine neue Auswahlmöglichkeiten: „Jetzt“ oder „in 7
       Tagen“.
       
       16 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/IGD_News
   DIR [2] https://twitter.com/kattenbarge/status/1603600364913459200
   DIR [3] https://twitter.com/drewharwell
   DIR [4] https://www.washingtonpost.com/technology/2022/12/14/qanon-musk-revival-twitter/?itid=ap_drewharwell
   DIR [5] https://www.washingtonpost.com/technology/2022/12/14/elonjet-twitter-suspension-jack-sweeney-talks/?itid=ap_drewharwell
   DIR [6] https://www.washingtonpost.com/media/2022/12/15/twitter-journalists-suspended-musk/?utm_source=twitter&utm_campaign=wp_main&utm_medium=social
   DIR [7] https://twitter.com/AuswaertigesAmt/status/1603689087969411072
   DIR [8] https://twitter.com/VeraJourova/status/1603689440710369281
   DIR [9] https://edition.cnn.com/2022/12/15/media/twitter-musk-journalists-hnk-intl/index.html?utm_medium=social&utm_source=twCNN&utm_term=link&utm_content=2022-12-16T01%3A55%3A04
   DIR [10] https://twitter.com/joinmastodon
   DIR [11] https://twitter.com/GeorgeTakei/status/1593568426232090626
   DIR [12] https://twitter.com/AuschwitzMuseum
   DIR [13] https://twitter.com/AuschwitzMuseum/status/1603631319463985153
   DIR [14] https://twitter.com/elonmusk/status/1603575877538680832
   DIR [15] https://twitter.com/ElonJet
   DIR [16] https://twitter.com/JxckSweeney
   DIR [17] https://www.buzzfeednews.com/article/chrisstokelwalker/elon-musk-elonjet-tracker-suspended-jack-sweeney
   DIR [18] https://twitter.com/elonmusk/status/1589414958508691456?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1589414958508691456%7Ctwgr%5E9c0a657baec4fc44c90d85d82d5c9b2050386d61%7Ctwcon%5Es1_&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.buzzfeednews.com%2Farticle%2Fchrisstokelwalker%2Felon-musk-elonjet-tracker-suspended-jack-sweeney
   DIR [19] https://twitter.com/elonmusk/status/1603600001057185792
   DIR [20] https://twitter.com/elonmusk/status/1603609466301059073
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Drosdowski
       
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