# taz.de -- Erstes LNG-Terminal eingeweiht: Die Drei an der Tankstelle
> Höchste Politprominenz begab sich am Samstag nach Wilhelmshaven und
> feierte das Terminal als Symbol des Aufbruchs. Bei Klimaschützern kommt
> das nicht gut an.
IMG Bild: Wirtschaftsminister Robert Habeck (v. l. n. r.), Kanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner lassen es sich nicht nehmen, das Terminal selbst einzuweihen
Wilhelmshaven dpa | Bundeskanzler Olaf Scholz hat in Wilhelmshaven das
erste Flüssigerdgas-Terminal Deutschlands eröffnet. [1][Die Errichtung in
der Rekordzeit von knapp zehn Monaten] zeige: „Unser Land kann Aufbruch und
Tempo“, sagte der SPD-Politiker am Samstag bei der Einweihungszeremonie, an
der auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister
Christian Lindner (FDP) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil
(SPD) teilnahmen. Das schwimmende Terminal vor der niedersächsischen
Nordseeküste soll dazu beitragen, die durch ausbleibende Lieferungen aus
Russland entstandene Lücke bei der Gasversorgung Deutschlands zu schließen.
Betrieben wird die Anlage in Wilhelmshaven vom Gasimporteur Uniper. Für das
Terminal wurden binnen weniger Monate eine neue, rund 26 Kilometer lange
Anbindungspipeline und ein neuer Anleger gebaut. Herzstück des Terminals
ist das fast 300 Meter lange Spezialschiff „Höegh Esperanza“, das künftig
das von Tankschiffen angelieferte verflüssigte Erdgas in den gasförmigen
Zustand umwandeln und in das deutsche Gasnetz einspeisen soll. Scholz
eröffnete das Terminal vom Ausflugsschiff „Helgoland“ aus, das
normalerweise Touristen transportiert. Rund 400 Gäste nahmen an dem Festakt
auf dem Schiff teil.
Vier weitere Terminals sollen bis Ende nächsten Jahres entstehen: jeweils
eines in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein), Stade (Niedersachsen) und Lubmin
(Mecklenburg-Vorpommern) – zudem ein weiteres in Wilhelmshaven. Sie können
nach Angaben des Wirtschaftsministeriums zusammen ein Drittel der für die
Versorgung Deutschlands benötigten Erdgasmenge aufnehmen. Den Startschuss
für die Errichtung der Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel hatte
Scholz drei Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die
Ukraine am 27. Februar in seiner inzwischen als historisch angesehenen
„Zeitenwende“-Rede im Bundestag gegeben.
In einem Interview der Süddeutschen Zeitung sagte Scholz, dass er den Bau
weiterer LNG-Terminals im nächsten Jahr vorantreiben werde und auf weitere
Lieferverträge hoffe. „Die Bundesregierung ist mit den Gasimporteuren
kontinuierlich im Gespräch und wirbt auch dafür, längerfristige Verträge
abzuschließen“, sagte er
## Deutsche Umwelthilfe erwägt rechtliche Schritte.
[2][Gas aus Norwegen, den USA, aus der Golfregion und den Niederlanden]
werde die Versorgung Deutschlands nach Ansicht des Kanzlers auch im Winter
2023/24 sichern. „Davon können wir, so wie in diesem Jahr, ausgehen, wenn
nichts Unvorhergesehenes passiert“, sagt Scholz. Für den [3][Winter
2022/23] hatte er bereits mehrfach versichert, dass es wohl keine Knappheit
geben werde.
Bei Umwelt- und Klimaschützern sorgt das Terminal für viel Kritik. [4][Die
Deutsche Umwelthilfe will weitere rechtliche Schritte einleiten], um eine
Befristung des Betriebs zu erreichen. Eine erste Klage läuft bereits.
„Klimakrise und Energiekrise dürfen nicht gegeneinander ausgespielt
werden“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Er
befürchtet, dass die angestrebte Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher
Gase durch übermäßigen Flüssigerdgas-Import gefährdet wird.
„Es reden jetzt alle von einer neuen Deutschlandgeschwindigkeit, was solche
fossilen Infrastrukturprojekte angeht. Diese Deutschlandgeschwindigkeit
hätten wir sehr gerne für den Ausstieg aus fossilen Energien genutzt“,
sagte Imke Zwoch, Mitglied im BUND-Landesvorstand in Niedersachsen, am
Samstag. „Es ist eigentlich nix zu feiern.“
Das Bundeswirtschaftsministerium verweist darauf, dass man einen
Kapazitätspuffer brauche, etwa für den Fall, dass eine Anlage ausfällt. Die
deutschen Importe sollten zudem auch die Energieversorgung anderer Länder
wie Polen, Österreich, Tschechien, der Slowakei und der Ukraine absichern.
Minister Habeck versicherte in den ARD-„Tagesthemen“, alles werde so
gebaut, dass die Klimaziele erreicht werden. Ohne diese Terminals hätte
Deutschland in eine Mangellage hineinrutschen können. „Wir agieren hier
unter höchstem Druck, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu
gewährleisten“, sagte Habeck. Das bedeute auch, dass Beteiligungsprozesse
verkürzt würden und man beim Ausbau der Infrastruktur „unübliche Wege“
gehe.
Die Aktivistin Luisa Neubauer kritisiert die Bundesregierung scharf für
deren Klimapolitik. Beim Ausbau erneuerbarer Energien, Geld für den
Klimaschutz und beim Energiesparen gebe es Stagnation, sagte Neubauer, die
eine der bekanntesten Vertreterinnen der Klimaschutzbewegung Fridays for
Future in Deutschland ist. „Eine Koalition, die als Fortschrittskoalition
angetreten ist, hat in diesem Jahr bei vielen Menschen für
Klima-Resignation und Enttäuschung gesorgt. Das kann und muss sich ändern,
mit Politik, die ernsthaft vor Krisen schützt und für Gerechtigkeit sorgt.“
17 Dec 2022
## LINKS
DIR [1] /LNG-Terminal-in-Wilhelmshaven/!5893962
DIR [2] /Fluessiggas-gegen-die-Energiekrise/!5900387
DIR [3] /Berechnungen-der-Speicherbetreiber/!5896133
DIR [4] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/eroeffnung-des-lng-terminals-wilhelmshaven-duh-kuendigt-rechtliche-schritte-gegen-biozid-einleitung/
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