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       # taz.de -- Mangel an Kitaplätzen in Berlin: Navigator ins Nichts
       
       > Mit dem Kita-Navigator sollte die aufwändige Suche nach einen Platz in
       > Berlin leichter werden. Doch das Versprechen wird nicht eingelöst.
       
   IMG Bild: Wer hier was hinhängen darf, hat die Kita-Rallye erfolgreich absolviert
       
       Berlin dpa | Der vor drei Jahren [1][gestartete Kita-Navigator der
       Bildungsverwaltung] soll Berliner Eltern die Suche nach einem Kitaplatz
       erleichtern. Doch: „Die Suche muss nach wie vor sehr früh begonnen werden,
       oft spätestens im Wochenbett“, sagt Anja Kettgen-Hahn vom
       Landeselternausschuss Kindertagesstätten Berlin (LEAK). „Der Navigator ist
       ein guter Ansatzpunkt für einen Überblick, welche Kitas es gibt und der
       LEAK unterstützt das grundsätzlich“, so Kettgen-Hahn. Allerdings seien die
       Angaben zur Verfügbarkeit von Plätzen nicht immer aktuell.
       
       Eltern bekämen bei telefonischer Nachfrage immer wieder die Antwort, dass
       Plätze schon seit Wochen vergeben seien. Die Bildungsverwaltung spricht
       hingegen von einer „tagaktuellen und zuverlässigen Quelle“ für die Anzeige
       von Angeboten und freien Kita-Plätzen.
       
       Anhand eines Ampelsystems zeigt der Navigator, welche der rund 2.800
       gelisteten Kitas freie Plätze haben. Außerdem können Eltern sich über
       pädagogische Konzepte, Anzahl der Plätze und Adressen einen Überblick
       verschaffen und einen Kitagutscheine beantragen. Der Navigator ist jedoch
       keine zentrale Platzvergabe. Die Entscheidung, ob ein Kind in einer Kita
       aufgenommen wird, treffe weiterhin die Kitas selbst.
       
       Ein weiteres Problem sei, dass Kitas oftmals die Anfragen von Eltern nicht
       beantworten. Eine Kitaleitung habe zum Beispiel berichtet, dass dafür nicht
       genügend Personal da sei. „Die Begleitumstände mindern daher die
       Effektivität des eigentlich praktischen Tools Kita-Navigator erheblich“, so
       Kettgen-Hahn.
       
       Eine Neuköllner Kitaleiterin berichtet ebenfalls, für ihre Kita würden
       freie Plätze angezeigt, obwohl keine vorhanden seien. Sie setze bei der
       Auswahl der Kinder nach wie vor auf Vorgespräche mit den Eltern und die
       Kontaktdaten in ihrem Karteikasten.
       
       ## Die Kitas antworten nicht
       
       Kaum eine Hilfe war der Navigator auch für Fauziye Nasreddine, Mutter
       zweier Kinder. „Ich habe zehn Kitas über den Navigator angeschrieben und
       leider keine Antwort von einer der Kitas bekommen“, so die Wilmersdorferin.
       Einige ihrer Anfragen seien ohne Angabe von Gründen gelöscht worden. Sie
       habe nur automatisch erstellte Textbausteine in ihrem Postfach vorgefunden
       und die Suche auf diesem Wege aufgegeben, da die Zahl der möglichen
       Anfragen ohnehin auf zehn beschränkt sei.
       
       Was der Navigator das Land Berlin koste, lasse sich nicht beziffern, da er
       ein Teil der gesamten IT-Landschaft der Berliner Kinder- und Jugendhilfe
       sei, erklärt eine Sprecherin der Bildungsverwaltung. „Die Funktionen und
       Schnittstellen sind schwer abzugrenzen und finanziell als Einzelposten zu
       beziffern“, erläutert sie.
       
       Unabhängig von der Möglichkeit einer Anfrage über den Navigator bestünden
       nach wie vor die Möglichkeiten zur telefonischen und/oder persönlichen
       Kontaktaufnahme mit den favorisierten Einrichtungen, erklärt Martin
       Klesmann, Sprecher der Bildungsverwaltung.
       
       ## Besser wieder klassisch Klinkenputzen
       
       Fauziye Nasreddine setzt mittlerweile auf direkte Mails und Anrufe. „Ich
       habe mehrere Kitas in meiner Nachbarschaft kontaktiert und stehe auf drei
       Wartelisten“, so die 33-Jährige, die für ihren einjährigen Sohn einen Platz
       sucht. Sie stehe allerdings nicht so unter Zeitdruck wie andere Eltern.
       
       „Weil ich weiß, welch eine Tortur die Kitasuche sein kann, habe ich mir
       vorsorglich zwei Jahre Elternzeit genommen“, so die Berlinerin. „Es gibt
       einfach zu wenig Kitaplätze“, sagt die Mutter. Für ihren fünfjährigen Sohn
       musste sie bereits lange suchen und fand nur einen Kitaplatz in Neukölln –
       eine Stunde entfernt von Zuhause.
       
       „Es müssen stets sehr viele Kitas angeschrieben werden – 10 bis 20,
       manchmal mehr“, sagt Anja Kettgen-Hahn. Meistens klappe es nach dieser
       nervenaufreibenden Phase jedoch, einen Platz im näheren Umfeld zu bekommen,
       wenn auch nicht unbedingt in der Wunsch-Kita.
       
       In Berlin fehlen trotz des massiven Kita-Ausbaus laut einer Studie der
       Bertelsmann Stiftung im kommenden Jahr rund 17.000 Kita-Plätze. Um den
       Betreuungsbedarf zu decken, müssten weitere 3.800 Fachkräfte eingestellt
       werden. Doch fehlende Plätze sind nicht das einzige Problem. Laut Studie
       werden 77 Prozent der Kita-Kinder in Berlin in Gruppen betreut, deren
       Personalausstattung nicht kindgerecht ist – bundesweit liegt der Wert bei
       68 Prozent.
       
       18 Dec 2022
       
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