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       # taz.de -- Luisa Görlich über Vierschanzentournee: „Wir kommen den Männern näher“
       
       > Die Premiere der Frauen bei der Vierschanzentournee ist erneut
       > verschoben. Die deutsche Skispringerin Luisa Görlich vermisst Erklärungen
       > dafür.
       
   IMG Bild: Hohes Niveau: Luisa Görlich beim Wettkampf im österreichischen Villach
       
       taz: Frau Görlich, was verbinden Sie mit der Vierschanzentournee? 
       
       Luisa Görlich: Ich habe das früher mit meinen Eltern am Fernseher
       angeschaut. Als ich dann selbst angefangen habe mit Skispringen, habe ich
       öfters mal gedacht: Es wäre cool, auch mal bei einer Vierschanzentournee
       dabei sein zu können, [1][weil das Flair und die Aufmerksamkeit] noch
       einmal anders ist als bei den Weltcup-Springen.
       
       Es ist die größte Bühne, die der Sport zu bieten hat. Bis zu 30.000
       Menschen vor Ort und Millionen Menschen an den TV-Bildschirmen werden auch
       die beiden ausbleibenden Springen verfolgen. Eine Bühne, die nächsten
       Winter auch für die Skispringerinnen vorgesehen war. Jetzt soll das
       Vorhaben doch geschoben werden. Sie haben das eine Unverschämtheit genannt.
       Wie war die Resonanz auf Ihre Kritik? 
       
       Durchaus positiv. Viele Skispringerinnen haben meine Kritik auch in den
       sozialen Netzwerken geteilt. Wir sind da eigentlich alle einer Meinung. Es
       ist langsam Zeit dafür, dass wir auch springen dürfen. Oder umgekehrt
       gefragt: Was spricht denn eigentlich dagegen?
       
       Die Idee, die Vierschanzentournee für Frauen zu öffnen, wird schon lange
       diskutiert. Wissen Sie noch, wann die Debatte begann? 
       
       Seitdem ich Weltcup fahre, seit der Saison 2016/17 ist das eigentlich immer
       Thema.
       
       Die Veranstalter der Vierschanzentournee haben schon vor Jahren gesagt, es
       spräche eigentlich nichts dagegen. Die Verantwortung läge beim deutschen
       und österreichischen Skiverband. 
       
       Ich weiß, von deutscher Seite aus möchte man das unbedingt machen. Die
       österreichische Seite sieht aktuell noch Probleme und wollen das weiter
       verschieben. Ich finde das wirklich schade, weil die Österreicherinnen
       momentan sehr gute Springerinnen haben. Ich weiß nicht, warum sie den Sport
       nicht noch präsenter machen wollen.
       
       Im Frühjahr wurde noch vermeldet, der deutsche und der österreichische
       Verband seien sich einig, dass es im Winter 2023 stattfinden soll. Wissen
       Sie, weshalb man in Österreich nun anders darüber denkt? 
       
       Nein leider nicht. Die Springerinnen aus Österreich haben gesagt, sie
       stünden alle hinter diesem Vorhaben. Wo genau der Knackpunkt ist, weiß ich
       nicht. Vielleicht ändert sich doch noch etwas. Hoffen kann man ja immer.
       
       Generell wurde in den letzten Jahren [2][von logistischen Problemen
       gesprochen.]
       
       Die Norweger haben ihren Vierschanzenwettbewerb, die Raw-Air, 2019 für
       Frauen geöffnet. Die ziehen das einfach durch ohne Wenn und Aber. Sie
       bekommen das auch mit den Unterkünften und dem Organisatorischen hin. Die
       Frauen springen dann vormittags, die Männer nachmittags, am nächsten Tag
       wird getauscht.
       
       Warum lässt sich die norwegische Lösung nicht kopieren? 
       
       Der Zuschauerandrang ist bei der Vierschanzentournee schon sehr groß. Das
       verschärft das Unterkunftsproblem. Und in Innsbruck gibt es noch keine
       Flutlichtanlage. Aber es gibt ja schon Ideen, wie man diese Probleme
       umgehen kann.
       
       Nämlich? 
       
       Die Frauen könnten beispielsweise in Garmisch-Partenkirchen anfangen, die
       Männer in Oberstdorf und dann tauscht man. Dasselbe könnte man dann in
       Österreich machen. Dann ist es auch mit den Unterkünften nicht so
       schwierig.
       
       Dann könnten die Frauen aber nicht vom großen Publikumszuspruch, den die
       Männer genießen, profitieren. 
       
       Klar, das wäre wünschenswert, aber wenn das Hauptargument ist, man bekomme
       es organisatorisch nicht hin, muss man sich etwas anderes überlegen.
       Lösungsansätze gibt es eigentlich genügende.
       
       Was könnte eine gemeinsame Vierschanzentournee für das Frauenskispringen
       bedeuten? 
       
       Das wäre ein großer Schritt für uns nach vorn. Von der größeren
       Aufmerksamkeit würde dann auch der Nachwuchsbereich profitieren.
       
       Obendrein würde es dem Wunsch der Skispringerinnen entgegenkommen, im
       Weltcup-Programm [3][mehr Großschanzen] zu haben. 
       
       Definitiv. Mittlerweile springen die Frauen von Großschanzen sehr gut und
       stabil. Wir haben ein gutes Niveau und spannende Wettkämpfe.
       
       Eine Eingliederung bei der Vierschanzentournee wäre also auch eine logische
       Reaktion auf die Entwicklung im Frauenskispringen? 
       
       Definitiv. Wir kommen den Männern vom Niveau und auch materialtechnisch
       immer näher. Die Vierschanzentournee wäre dann noch einmal das I-Tüpfelchen
       in Sachen Gleichberechtigung. Diesen Winter dürfen zumindest erstmals die
       15 besten Springerinnen der Raw-Air-Serie auf dem „Monsterbakken“ im
       norwegischen Vikersund an einem Wettbewerb im Skifliegen teilnehmen.
       
       4 Jan 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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